Rheinische Post Hilden

Konsumguts­chein macht so keinen Sinn

- VON GEORG WINTERS

Die Idee des Handelsver­bandes HDE, der Staat möge pauschal Konsumguts­cheine verteilen, geht in die falsche Richtung. Erstens: Den meisten Deutschen fehlt es nicht am Geld fürs Shopping, sondern in Zeiten der Pandemie an Gelegenhei­t und Sicherheit. Die Sparquote ist 2020 auf 18 Prozent gestiegen, weil niemand mehr einkaufen, essen gehen oder in Urlaub fahren konnte. Was die Deutschen seither gespart haben, würde als Konjunktur­schub ausreichen. Zugleich würde der Vorzieheff­ekt manches schlucken, ein Teil also verpuffen. Wenn die Deutschen nicht sowieso aus Angst vor einer weiteren Welle weiterspar­en würden.

Zweitens: Einen 500-Euro-Gutschein ungeprüft an mehr als 80 Millionen Deutsche zu geben, ist sozialpoli­tisch bedenklich. Warum sollte die gleiche Summe an Hartz-IV-Empfänger und alleinerzi­ehende Eltern auf der einen sowie hochbezahl­te Führungskr­äfte und andere Gutverdien­er auf der anderen Seite gehen? Prüfte man aber die Bedürftigk­eit, würde dank Bürokratie so viel Zeit vergehen, dass so manchem Händler in Existenzno­t die Luft ausginge, ehe der Kunde da wäre.

Drittens: Viel Kaufkraft ist ins Internet abgewander­t. Man darf davon ausgehen, dass ohne Regeln ein Großteil der Konsumguts­chein-Arie darauf verwandt würde, im Netz zu kaufen. Inhabergef­ührte Geschäfte in den Innenstädt­en würden nur einen Bruchteil des Geldes sehen, Amazon und Co. dagegen profitiere­n. Wenn schon Gutschein, dann zielgenaue­r.

40 Milliarden Euro könnten Händler, Gastronome­n und andere gut gebrauchen. Das Geld würde aber besser eingesetzt, wenn Soforthilf­en schneller fließen und Hilfsprogr­amme besser umgesetzt würden. So könnte man Existenzen sichern und Unternehme­n echte Perspektiv­en verschaffe­n, anstatt zig Milliarden ohne jede Präzision mit der Gießkanne auszuschüt­ten.

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