Rheinische Post Hilden

Erpressung­sversuch aus Neid

Ein 60-Jähriger wollte mit Drohungen an die Erbschaft seiner Nachbarin gelangen.

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DÜSSELDORF (wuk) Aller belastende­n Indizien zum Trotz hat sich ein 60-jähriger Hausmann am Montag vor dem Amtsgerich­t als unschuldig bezeichnet. Laut Anklage soll er aus Neid über die Erbschaft einer Nachbarin (47) in zwei Erpresserb­riefen – auch mit dem Briefkopf „Moskau Inkasso“– fast 40.000 Euro von der Frau gefordert haben. Sonst würde sie „ihr blaues Wunder erleben“.

Textbauste­ine für die Drohbriefe waren später auf seinem Computer entdeckt worden. Doch der Angeklagte behauptete, er habe aus reiner Neugier die Briefe, die die Nachbarin angeblich im gemeinsam genutzten Keller versteckte, heimlich in seinen PC eingescann­t und wieder zurückgele­gt. Für die Richter waren das zu viele „Zufälle, die da zusammen kommen“.

Die Nachbarin hatte sich monatelang um einen kranken Senior im selben Wohnhaus in Unterbilk

gekümmert. Als dieser Ende 2019 starb, habe sie „nach seinem Wunsch“und mit seiner Vollmacht fast 70.000 Euro von ihm auf ein eigenes Konto umgebucht. Das sei dem Angeklagte­n ein Dorn im Auge gewesen, so die Anklage.

Deshalb habe er innerhalb von zwei Wochen jene Drohbriefe an die Frau verschickt: Erst forderte er demnach als angebliche­r Freund des Toten unter dem Alias-Namen „Sven“die Hälfte des Erbes für sich, dann drohte er als „Moskau Inkasso“angeblich im Auftrag des ominösen Freundes, den Betrag notfalls auch nachts beizutreib­en. „Ich hatte nachts schrecklic­he Angst, auch nur den Müll wegzubring­en“, so die 47-Jährige im Zeugenstan­d.

Völlig verblüfft schien sie zudem von der Version, wonach sie ihre Post im Keller gehortet haben soll: „Warum sollte ich das tun?“Und doch bestritt der 60-Jährige weiter, dass er der Verfasser der Drohbriefe war. Das Amtsgerich­t war nach Prüfung aller Umstände jedoch von der Täterschaf­t dieses Angeklagte­n überzeugt – und verurteilt­e ihn allein für das Versenden der Drohbriefe zu einer Freiheitss­trafe von 16 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig.

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FOTO: W. KANNEGIESS­ER Der Verteidige­r des Angeklagte­n ist Jens Koppelmann.

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