Forscher haben Unschuld verloren
Kolumne Wissensdrang
Zu „Wissenschaftler im Wahlkampf“(RP vom 10. März): Gabriele Pradel greift in ihrem Beitrag ein ganz heißes Eisen an: Nämlich die offensichtliche Willfährigkeit von Wissenschaftlern gegenüber den Forderungen und Übergriffigkeiten der Politik. Forscher und Wissenschaftler hatten bislang einen untadeligen Ruf: Sind sie doch nach allgemeinem Empfinden nur der objektiven Wahrheit und Erkenntnis verpflichtet. Nun hat die Corona-Politik einige Beispiele geliefert, wie die Politik ihre abhängig besoldeten Wissenschaftler dazu gedrängt hat, vorgegebene Ergebnisse abzuliefern, um damit ein regierungsamtliches Handeln zu legitimieren. Die auf diese Weise instrumentalisierten Forscher haben somit ihre wissenschaftliche Unschuld verloren. Nicht nur das: Abweichende Meinungen wurden diskriminiert und unterdrückt. Sogar die sozialen Netzwerke ordneten sich unter und zensierten fleißig. Obendrein wurden Kritik übende Wissenschaftler und Fachleute persönlich diffamiert und ins Abseits gedrängt. Damit wiederholte sich das gleiche Muster, wie wir es schon bei der Stickoxid-Diskussion
oder in der Klimadebatte beobachten konnten. Der Schaden ist enorm: Es ist der Vertrauensverlust weiter Teile der Bevölkerung in die Unabhängigkeit der Institutionen. Wem soll der verunsicherte Bürger als fachfremder Laie denn noch Glauben schenken? Das ist genau der Nährboden, auf dem dann Verschwörungstheorien prächtig gedeihen.
Bisher hat noch jede digitale Lösung ihr passendes Problem mitgebracht. Es grenzt an ein Wunder, dass es die Menschheit so lange ohne Breitbandinternet und Smartphones ausgehalten hat. So kam der Buddha tatsächlich ohne Meditations-App zur Erleuchtung, und Platon ersann das Höhlengleichnis, ohne auch nur einmal den Wikipedia-Eintrag zu „Höhle“angeklickt zu haben. Heute müssen wir erst ein Youtube-Video anschauen, bevor wir einen Nagel in die Wand hauen können. Großartiger Fortschritt. Die Frage nach dem Sinn von Digitalisierung wird gar nicht mehr gestellt. Sie ist zu einer Ideologie geworden. Sie löst keine Probleme. Im Gegenteil: Sie ist Teil des Problems. Indem Sie den Blick auf die wahren Probleme verstellt, verhindert sie deren Lösung. Die eigentlichen Probleme liegen viel tiefer und sind mit technologischen Mitteln nicht zu lösen. Digitale Scheinlösungen sind jedoch verführerisch, weil sie