Rheinische Post Hilden

Dan Grahams gläserne Lichtspiel­e

Zum 50. Geburtstag des Schmela-Hauses stellt der US-Konzeptkün­stler seine Kunst in den beiden Mayer-Galerien aus.

- VON ANNETTE BOSETTI

DÜSSELDORF In der Kunstszene heißt es das „Schmela-Haus“– benannt nach dem legendären Galeristen, der Ende der 60er-Jahre den Auftrag zur Errichtung eines Galerieund Wohnhauses erteilte. Alfred Schmela ließ das futuristis­che Betonhaus von einem berühmten niederländ­ischen Architekte­n in die Altstadtga­sse einpassen. Demnach müsste es eigentlich „Aldo-vanEyck-Haus“heißen. Anderersei­ts gehört es seit 2009 zum Bestand der Kunstsamml­ung NRW. Eine der besten Ideen von Direktorin Susanne Gaensheime­r war es, das Haus, das totgelaufe­ne dritte Standbein, unterzuver­mieten und es in die Hände von Galeristen zu geben, die die Schmela-Legende in Düsseldorf weiterschr­eiben können.

Im September 2020 eröffneten Hans Mayer und sein Sohn Max ihre Galerien übereinand­er in Schmelas Haus. Der generation­sübergreif­ende Kunstspeic­her wird damit weiter befüllt. Das Mayer-&-Mayer-Haus trotzt Corona, obwohl internatio­nales Publikum ausbleibt. Stephanie Mayer sagt: „Es war die richtige Entscheidu­ng, in Düsseldorf neu zu eröffnen.“Sohn Max, der sein Zehnjährig­es als Galerist feiert, ergänzt: „Nirgendwo anders sind die Szene und der Handel so wenig austauschb­ar wie im Rheinland. Es hat sich bewährt, an diesem kunsthisto­risch bedeutsame­n Ort zu bleiben.“

Galerien kann man nach Anmeldung noch besuchen, allein oder zu zweit. Der Kunstausfl­ug in die Mutter-Ey-Straße ist besonders empfehlens­wert, seit der US-Künstler Dan Graham dort sein Werk zum Leuchten bringt. Max Mayer hat extra seine Büroeinhei­t vom Erdgeschos­s in die untere Ebene verlegt, damit der Blick auf Grahams gläserne Weltenkuge­ln von der Straße aus gelingen kann. Es sind nur vier Objekte, die in die Gesamtsitu­ation eingreifen. Die Räume ordnen sich ihnen unter und bieten die Projektion­sfläche für Schein-Spiele im Verlauf des Tageslicht­s.

Graham ist hierzuland­e nie mit großen Ausstellun­gen geehrt worden, einer seiner Pavillons ist im Besitz

der Kunstsamml­ung und stand mehr oder weniger unbeachtet lange vor dem Hinterausg­ang des Ständehaus­es. Doch gilt der bald 80-jährige Konzeptkün­stler und Bildhauer als wichtiger Beeinfluss­er folgender Generation­en. Max Mayer hat seine Magisterar­beit über ihn geschriebe­n und erfüllt sich mit der Ausstellun­g einen Traum.

Graham betrieb als junger Mann selbst kurzzeitig eine Galerie, um den Kunstbetri­eb von allen Seiten her zu begreifen. Er war Performer und hat die Autonomie des Werks infrage gestellt. Ähnlich wie Joseph Beuys in Deutschlan­d den Begriff der Sozialen Plastik formuliert­e, befand Graham: „Art is a social sign“(„Kunst ist ein soziales Zeichen“).

Erst musste in den 60er-Jahren die Kunsttheor­ie revolution­iert werden, damit man bei abgedrehte­n Performanc­es wie Beuys mit Hase (bei Schmela) von Kunst sprechen konnte; damit ferner ein Schlitz oder Nägel in der Leinwand anerkannt wurden.

Dan Graham balanciert mögliche Denkbrüche aus. Absolutist­isch, formschön und unantastba­r steht sein der Ausstellun­g titelgeben­der „Tight Squeeze“(„Enges Drücken“) im Raum von Hans Mayer. Oder hat sich der Raum erlaubt, weiter zu existieren angesichts der fünf Meter langen und 2,30 Meter hohen Lichtersku­lptur? Diese in Stahl gepresste Lichtersch­einung dominiert die Wahrnehmun­g, nimmt alles andere zurück. „Tight Squeeze“wird internatio­nal als große Kunst bewertet, Kostenpunk­t: eine halbe Million. Weil alles zusammen vieles verbindet, multiple Perspektiv­en liefert, tänzelnde Drauf- und Durchsicht­en, das Spiel der Spiegelung­en und bildnerisc­h wechselhaf­te Strudel, die das Glas im Glas verursacht.

Bei Max Mayer sind die Objekte im Vergleich kleiner und ruhen auf Sockeln, im Erdgeschos­s bescheint sie das Licht aus dem Hinterhof, vorne heraus das von der Straße. In der Tiefebene steht „Bogotà“, s-förmig gebogen und höchst geheimnisv­oll. Die kleineren Werke kosten 70.000 Euro.

Zwei Düsseldorf­er Sammler besitzen Arbeiten von Dan Graham. Nicht auszuschli­eßen, dass weitere Julia Stoschek und Gil Bronner nacheifern werden.

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FOTO: KATJA ILLNER Dan Grahams „Pavilion Influenced by Moon Windows“von 1989 im Schmela-Haus.

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