Mehr als Parkplätze und Fahrradstreifen
Vor zwei Monaten hatte die CDU bereits Auszüge ihrer breit angelegten Umfrage zum Fahrradverkehr auf der Bundesstraße 228 vorgestellt. Jetzt hat sie die Details ausgewertet – mit teils spannenden Ergebnissen.
HAAN Die Weichen sind gestellt: Eine politische Mehrheit aus SPD, GAL und WLH hat in der jüngsten Sitzung des Haaner Stadtrats durchgesetzt, den ursprünglich einmal vorgesehenen, vor einigen Jahren vom Rat aber gekippten Fahrradschutzstreifen bergauf auf der Bahnhofstraße wieder mit Priorität 1 ins Aufgabenheft nach dem Verkehrsgutachten Runge aufzunehmen (wir berichteten). Eine Umsetzung der Maßnahme rückt damit wieder in greifbare Nähe.
Die CDU, die den Beschluss ablehnt, hatte bereits im Januar eine breit angelegte Umfrage zum Radverkehr auf der Bundesstraße B228 initiiert und grob ausgewertet. Jetzt sind die Christdemokraten ins Detail gegangen und haben zusätzlich diverse Anregungen der Befragten aufgelistet.
Die Meinung der Partei selbst ist dabei eindeutig: Der insgesamt mehrheitliche Wunsch der Bürger, auf der Bahnhofstraße eine Tempo-30-Zone einzurichten, werde mit der jetzt getroffenen Entscheidung erschwert, heißt es in der Einleitung zum Umfrageergebnis. „Wir sind überzeugt, dass für Radfahrer insgesamt in Haan und Gruiten mehr getan werden muss, dabei müssen aber die Interessen aller Verkehrsteilnehmer und die der Anlieger insgesamt abgewogen werden,“betont CDU-Ratsmitglied Annette BraunKohl.
465 Personen hatten sich an der Umfrage beteiligt. 402 über das Online-Tool, 54 per Mail und drei per Brief. Insgesamt seien 728 Kommentare, Erläuterungen und Anregungen abgegeben worden, heißt es.
60 Prozent der Befragten sind laut Auswertung der Meinung, Tempo 30 auf der B228 könne dazu beitragen, die Sicherheit für Fahrradfahrer zu erhöhen. 52 Befragte haben ergänzend geantwortet, dass es auf der Bahnhof- und der Kaiserstraße einen hohen Querungsdruck gebe und nicht nur Fahrradfahrer, sondern auch Fußgänger bei Tempo 30 sicherer wären. 20 Befragte befürchteten bei der Einführung von Tempo 30 mehr Staus und damit Emissionen.
59 Prozent aller Teilnehmer sprachen sich gegen einen Wegfall von Parkplätzen zugunsten eines Fahrradschutzstreifens aus. 62 Teilnehmer antworteten zudem, dass durch den Wegfall der Parkplätze der Einzelhandel, die Gastronomie, die Dienstleister und Ärzte auf der Bahnhofstraße weiter geschwächt und in der Existenz bedroht würden. 17 Mal wurde darauf hingewiesen, dass auch Anwohner parken können sollten. Und ebenfalls 17 Personen betonten, dass Ältere und Gehbehinderte zum Einkaufen und zum Arztbesuch einen nahen Parkplatz bräuchten. In diesem Kontext kam von elf Haanern der Hinweis, dass sie zur Grabpflege oder bei Beerdigungen auf die Parkplätze an der Alleestraße angewiesen seien.
20 Teilnehmer geben dagegen ausdrücklich an, eine Verkehrswende, also ein grundsätzliches Umdenken, sei nötig. Eine City-Line, die stärkere Nutzung der Busse und der Einsatz einer App, die anzeigt wo es freie Parkplätze gibt, wurde vorgeschlagen. 13 Teilnehmer wiesen zudem darauf hin, dass Radfahrer gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer seien, die ihren eigenen, sicheren Verkehrsraum benötigten.
Etwa die Hälfte der Umfrageteilnehmer (54 Prozent) würde sich auf einem Fahrradschutzstreifen, der den Verkehr auf der Fahrbahn nur optisch trennt, nicht sicherer fühlen. 18 Personen gaben an, für sie sei ein Fahrradschutzstreifen nur eine Alibi-Lösung und gebe lediglich eine Scheinsicherheit. Zwölf Teilnehmer beschrieben Ausweichrouten, die besser ausgebaut werden müssten und betonten, dass sie nicht in den Abgasen fahren wollten. Ebenso viele äußerten die Sorge, dass ein Schutzstreifen häufig zugeparkt wäre (Lieferfahrzeuge) und die Radfahrer dann auf die Straße ausweichen müssten. 28 antworteten, dass sie sich nur mit einem gut sichtbaren roten oder blauen Belag sicherer fühlen würden. 18 forderten einen abgepollerten oder mit Betonleiste versehenen oder erhöhten Streifen.
Fast drei Viertel der Befragten (72 Prozent) sprachen sich für alternative Zweirad-Routen aus, etwa über die Kölner Straße oder durch ein für den Radverkehr ausgebautes Sandbachtal. 39 sagten, dass Alternativrouten zwar gut seien, aber gut ausgeschildert, ausgebaut und beleuchtet sein müssten, um wirklich angenommen zu werden. 38 gaben an, keine Umwege fahren zu wollen. Ein Manko in Haan sei zudem, dass Radwege oft einfach im Nichts endeten (etwa an der Kölner Straße).
Die CDU hat im Zuge der Umfrage auch konkrete Angebote bekommen: „Wir können festhalten, dass sich einige ausgewiesene Experten (Verkehrsingenieure) beteiligt haben. Viele Teilnehmer haben eine sehr gute Ortskenntnis. Mehrere Teilnehmer haben ihre Unterstützung angeboten“, heißt es. Die meisten Teilnehmer hätten die Umfrage sehr begrüßt, fünf hätten aber auch gesagt, „dass wir die Fragen beeinflussend gestellt hätten“. Mehrere Teilnehmer baten demnach aber auch, über eine Einbahn-Ringstraße mit Platz für fahrende und stehende Pkw und Räder zu diskutieren, mit dem Ziel den Durchgangsstraßen-Charakter in Haan abzuschwächen.