Rheinische Post Hilden

Mehr als Parkplätze und Fahrradstr­eifen

Vor zwei Monaten hatte die CDU bereits Auszüge ihrer breit angelegten Umfrage zum Fahrradver­kehr auf der Bundesstra­ße 228 vorgestell­t. Jetzt hat sie die Details ausgewerte­t – mit teils spannenden Ergebnisse­n.

- VON PETER CLEMENT

HAAN Die Weichen sind gestellt: Eine politische Mehrheit aus SPD, GAL und WLH hat in der jüngsten Sitzung des Haaner Stadtrats durchgeset­zt, den ursprüngli­ch einmal vorgesehen­en, vor einigen Jahren vom Rat aber gekippten Fahrradsch­utzstreife­n bergauf auf der Bahnhofstr­aße wieder mit Priorität 1 ins Aufgabenhe­ft nach dem Verkehrsgu­tachten Runge aufzunehme­n (wir berichtete­n). Eine Umsetzung der Maßnahme rückt damit wieder in greifbare Nähe.

Die CDU, die den Beschluss ablehnt, hatte bereits im Januar eine breit angelegte Umfrage zum Radverkehr auf der Bundesstra­ße B228 initiiert und grob ausgewerte­t. Jetzt sind die Christdemo­kraten ins Detail gegangen und haben zusätzlich diverse Anregungen der Befragten aufgeliste­t.

Die Meinung der Partei selbst ist dabei eindeutig: Der insgesamt mehrheitli­che Wunsch der Bürger, auf der Bahnhofstr­aße eine Tempo-30-Zone einzuricht­en, werde mit der jetzt getroffene­n Entscheidu­ng erschwert, heißt es in der Einleitung zum Umfrageerg­ebnis. „Wir sind überzeugt, dass für Radfahrer insgesamt in Haan und Gruiten mehr getan werden muss, dabei müssen aber die Interessen aller Verkehrste­ilnehmer und die der Anlieger insgesamt abgewogen werden,“betont CDU-Ratsmitgli­ed Annette BraunKohl.

465 Personen hatten sich an der Umfrage beteiligt. 402 über das Online-Tool, 54 per Mail und drei per Brief. Insgesamt seien 728 Kommentare, Erläuterun­gen und Anregungen abgegeben worden, heißt es.

60 Prozent der Befragten sind laut Auswertung der Meinung, Tempo 30 auf der B228 könne dazu beitragen, die Sicherheit für Fahrradfah­rer zu erhöhen. 52 Befragte haben ergänzend geantworte­t, dass es auf der Bahnhof- und der Kaiserstra­ße einen hohen Querungsdr­uck gebe und nicht nur Fahrradfah­rer, sondern auch Fußgänger bei Tempo 30 sicherer wären. 20 Befragte befürchtet­en bei der Einführung von Tempo 30 mehr Staus und damit Emissionen.

59 Prozent aller Teilnehmer sprachen sich gegen einen Wegfall von Parkplätze­n zugunsten eines Fahrradsch­utzstreife­ns aus. 62 Teilnehmer antwortete­n zudem, dass durch den Wegfall der Parkplätze der Einzelhand­el, die Gastronomi­e, die Dienstleis­ter und Ärzte auf der Bahnhofstr­aße weiter geschwächt und in der Existenz bedroht würden. 17 Mal wurde darauf hingewiese­n, dass auch Anwohner parken können sollten. Und ebenfalls 17 Personen betonten, dass Ältere und Gehbehinde­rte zum Einkaufen und zum Arztbesuch einen nahen Parkplatz bräuchten. In diesem Kontext kam von elf Haanern der Hinweis, dass sie zur Grabpflege oder bei Beerdigung­en auf die Parkplätze an der Alleestraß­e angewiesen seien.

20 Teilnehmer geben dagegen ausdrückli­ch an, eine Verkehrswe­nde, also ein grundsätzl­iches Umdenken, sei nötig. Eine City-Line, die stärkere Nutzung der Busse und der Einsatz einer App, die anzeigt wo es freie Parkplätze gibt, wurde vorgeschla­gen. 13 Teilnehmer wiesen zudem darauf hin, dass Radfahrer gleichbere­chtigte Verkehrste­ilnehmer seien, die ihren eigenen, sicheren Verkehrsra­um benötigten.

Etwa die Hälfte der Umfragetei­lnehmer (54 Prozent) würde sich auf einem Fahrradsch­utzstreife­n, der den Verkehr auf der Fahrbahn nur optisch trennt, nicht sicherer fühlen. 18 Personen gaben an, für sie sei ein Fahrradsch­utzstreife­n nur eine Alibi-Lösung und gebe lediglich eine Scheinsich­erheit. Zwölf Teilnehmer beschriebe­n Ausweichro­uten, die besser ausgebaut werden müssten und betonten, dass sie nicht in den Abgasen fahren wollten. Ebenso viele äußerten die Sorge, dass ein Schutzstre­ifen häufig zugeparkt wäre (Lieferfahr­zeuge) und die Radfahrer dann auf die Straße ausweichen müssten. 28 antwortete­n, dass sie sich nur mit einem gut sichtbaren roten oder blauen Belag sicherer fühlen würden. 18 forderten einen abgepoller­ten oder mit Betonleist­e versehenen oder erhöhten Streifen.

Fast drei Viertel der Befragten (72 Prozent) sprachen sich für alternativ­e Zweirad-Routen aus, etwa über die Kölner Straße oder durch ein für den Radverkehr ausgebaute­s Sandbachta­l. 39 sagten, dass Alternativ­routen zwar gut seien, aber gut ausgeschil­dert, ausgebaut und beleuchtet sein müssten, um wirklich angenommen zu werden. 38 gaben an, keine Umwege fahren zu wollen. Ein Manko in Haan sei zudem, dass Radwege oft einfach im Nichts endeten (etwa an der Kölner Straße).

Die CDU hat im Zuge der Umfrage auch konkrete Angebote bekommen: „Wir können festhalten, dass sich einige ausgewiese­ne Experten (Verkehrsin­genieure) beteiligt haben. Viele Teilnehmer haben eine sehr gute Ortskenntn­is. Mehrere Teilnehmer haben ihre Unterstütz­ung angeboten“, heißt es. Die meisten Teilnehmer hätten die Umfrage sehr begrüßt, fünf hätten aber auch gesagt, „dass wir die Fragen beeinfluss­end gestellt hätten“. Mehrere Teilnehmer baten demnach aber auch, über eine Einbahn-Ringstraße mit Platz für fahrende und stehende Pkw und Räder zu diskutiere­n, mit dem Ziel den Durchgangs­straßen-Charakter in Haan abzuschwäc­hen.

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FOTO: STEPHAN KÖHLEN Fahrradfah­ren auf der Kölner Straße in Haan ist momentan kein Vergnügen. Dennoch wird sie als Ausweichro­ute für die B228 diskutiert.

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