Rund um den Westring formiert sich der Anwohnerprotest
Eine geplante Bodenaufbereitungsanlage nahe der Autobahnabfahrt Haan Ost sorgt für Ärger. Anwohner aus Solingen-Gräfrath verlangen Transparenz.
HAAN/SOLINGEN (RP) Die Bürgerinitiative „Rettet das Ittertal“(BIRDI) hatte zu einem Online-Treffen zur Diskussion über die geplanten Gewerbegebiete entlang des Autobahnzubringers an der Abfahrt Haan-Ost eingeladen. Sie kritisiert schon lange die zunehmende Zerstörung der Natur auf dem Weg zum historischen Ortskern von Solingen-Gräfrath. Dass aber jetzt nicht nur Solingen, sondern auch Haan und Wuppertal gleichzeitig neue Gebiete planten, habe viele Anwohner mobilisiert.
Besonders die Abrissarbeiten am Westring hätten die Anwohner aufgeschreckt, betont die Initiative. Ohne Anwohnerinformation seien Bäume gefällt worden und derzeit werde der ehemalige Trinkwasserspeicher abgerissen. Entstehen soll dort eine Bodenaufbereitungsanlage, die bei den Anwohnern viele Fragen auslöst.
„Wuppertal hat es bisher nicht für nötig erachtet, die direkt betroffenen Anwohner zu informieren“, heißt es: „Bodenrecycling spart CO und ist im Sinne der Nachhaltigkeit gut. Wuppertal und sogar die Grünen von Vohwinkel haben das also durchgewinkt.“Die Idee sei ökologisch sinnvoll, aber der gewählte Standort völlig ungeeignet, kritisierte ein Anwohner, der wegen der vorgeschriebenen Abstandsflächen zu Wohngebieten beim NRW-Umweltministerium schon eine Eingabe gemacht hat. Da entstehe Staub, Lärm und ein enormer Verkehrszuwachs
durch Lkw.
„In Wuppertal-Langerfeld gibt es diverse Brachflächen, die geeignet wären, aber Wuppertal will den Autobahnanschluss Haan-Ost nutzen und den Verkehr aus dem eigenen Stadtgebiet halten“, beklagt Anwohner Gorden Wessel.
Laut Bürgerinitiative soll die
Bodenrecyclings-Anlage im Zwei-Schichtbetrieb von 7 bis 21 Uhr und mit bis zu 15 Lkw-Bewegungen pro Stunde laufen. Geplante Kapazität: 225.000 Kubikmeter pro Jahr, also 400.000 Tonnen Bauschutt, Kies und Asphaltplatten, die gerüttelt, zerbrochen sowie an- und abtransportiert werden sollen.
Der Stadt Solingen sei von Wuppertal mitgeteilt worden, ein einfaches Genehmigungsverfahren sei geplant, also ohne Öffentlichkeitsbeteiligung. Mit einer Vorab-Genehmigung begann im letzten Herbst die Vorbereitung des Geländes und damit auch die Fällung eines kleinen Waldes, der zuvor das Gräfrather Wohngebiet von der Autobahn abschirmte. Dadurch seien die Solinger aufgewacht, hieß es jetzt. „Je mehr wir geforscht haben, desto mehr Fragen ergaben sich“, erklärte Christian Robbin von der Bürgerinitiative.
Die Gräfrather als direkte Anwohner schätzten die Sachlage „völlig anders ein, als die eigene Stadtverwaltung, die die Gutachten nicht in Frage gestellt hat“.
Danach hat die geplante Bodenaufbereitungsanlage rund dreimal mehr Kapazität als Bedarf in Wuppertal ist. Mit weiteren Bauschutt-Anlieferungen aus Nachbarkommunen sei also zu rechnen.
Die Anwohner fürchten auch Vibrationsübertragungen durch den felsigen Untergrund. Sie sind überzeugt, dass die Verwandlung eines vorher stillen Wasserspeichers in einem Wald in solch eine Industrieanlage eine massive Verschlechterung der aktuellen Situation bedeutet. Auch berücksichtigten die vorgelegten Geräusch- und Staubgutachten nur die Bodenaufbereitungsanlage, nicht aber, wie sich die Belastungen durch die kommenden Gewerbe auf Backesheide, Fürkeltrath-1 und Westring summieren werden.
Die bisherige Landwirtschaftsfläche auf der Haaner Backesheide werde vermutlich noch in diesem Jahr zu der geplanten großen Lkw-Servicestation plus Reparaturbetrieb ausgebaut.
Und obwohl das gegenüber liegende Solinger Fürkeltrath-II als Gewerbegebiet noch gar nicht beschlossen sei, habe der Solinger Stadtrat im Haushalt 2021 bereits 250.000 Euro für Baumaßnahmen zur Vorbereitung einer Zufahrt freigegeben.
Die Teilnehmer der Infoveranstaltung sind laut Initiative allesamt Anwohner in einem Radius von maximal 500 Metern und somit direkt betroffen. Einen Anwalt einzuschalten erscheine allen als Gebot der Stunde, hieß es.