Rheinische Post Hilden

Traditions­kneipe in der Altstadt schließt nach fast 49 Jahren

Die Düsseldorf­er Altstadt verliert mit der Bolker 9 eine ihrer beliebtest­en Kneipen. Viele ehemalige Gäste reagieren fassungslo­s.

- VON SEMIHA ÜNLÜ

ALTSTADT Mit nur zwei Sätzen hat sich eine der bekanntest­en Kneipen in der Altstadt von ihren Gästen verabschie­det. „Leider war es nicht möglich, den Pachtvertr­ag für die Bolker 9 zu akzeptable­n Bedingunge­n zu verlängern, so dass diese nach einer beinahe 49-jährigen Geschichte dauerhaft geschlosse­n bleibt”, heißt es in einem Post auf der Facebook-Seite der Bolker 9. Darin bedanken sich Carsten Rettler und sein Team für die langjährig­e Treue der Gäste und wünschen ihnen „in diesen Tagen vor allem Gesundheit”.

Die Nachricht vom Aus der Bolker 9, die schlicht nach ihrer Anschrift benannt war, hat viele ehemalige Gäste getroffen. Das wird an den zahlreiche­n Kommentare­n deutlich, die sie auf der Seite der Traditions­kneipe hinterlass­en haben. So erinnern sich viele gerne an die urige Kneipe, in der zu Schlagermu­sik bis in die frühen Morgenstun­den getanzt wurde und immer wieder nicht nur Bekanntsch­aften für eine Nacht geknüpft wurden. Sogar manche Ehe nahm hier ihren Anfang.

„Wie schade, wir waren immer so gerne bei euch. Dort haben wir uns kennengele­rnt, mein Schatz und ich. Dort haben wir viele schöne Abende mit Freunden verbracht”, schreibt eine ehemalige Besucherin. „Dort habe ich viele schöne Stunden in zwei Jahrzehnte­n verbracht. Hatte mich so auf die Öffnung gefreut”, heißt es auch in einem anderen Post. Unter den Gästen sind auch einige, die die Kneipe schon als Kind kennenlern­ten: „Sehr traurig ... habe gefühlt auch 40 Jahre dort verbracht ... als Kind mit meinen Eltern (damals wurde man nicht verhaftet wenn das Kind in der Kneipe, in der auch geraucht wurde, auf die Holzbänke gelegt wurde ... und wir leben noch) und als Erwachsene­r auch sehr häufig dort gewesen ... macht et jut”.

Die Corona-Krise hat auch die Gastronomi­e in der Altstadt schwer getroffen. Viele Wirte haben Existenznö­te. Gastronomi­e-Experten befürchten ein großes Kneipenund Restaurant-Sterben. Ein Kommentato­r sieht in dem Aus der Traditions­kneipe Bolker 9 deswegen gar schon den Beginn des „Untergangs unseres geliebten Vergnügung­sveedels”, ein anderer fragt sich, ob wegen Corona zuerst die Hamburger Reeperbahn oder die Düsseldorf­er Altstadt zugrunde gehen wird. Einige machen die Corona-Politik für das Kneipenste­rben verantwort­lich.

Die genauen Umstände der Schließung der Kneipe sind allerdings unklar. Bolker9-Inhaber Carsten Rettler war am Montag für eine Anfrage unserer Redaktion nicht zu erreichen, der Telefonans­chluss der Altstadt-Gaststätte ist bereits abgemeldet.

Das Haus an der Bolkerstra­ße 9 war 1638 errichtet worden und wurde als eines der wenigen Häuser in der Altstadt im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört. Das Gebäude steht unter Denkmalsch­utz. Die Bolkerstra­ße entwickelt­e sich erst ab den 1960er Jahren zur Ausgehmeil­e, als sich zunehmend mehr gastronomi­sche Betriebe vor Ort ansiedelte­n. Bis dahin war die Bolkerstra­ße vor allem eine Einkaufsst­raße.

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FOTO: PRIVAT Die Kneipe vor Ausbruch der Corona-Pandemie.

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