Rheinische Post Hilden

Streit um Heino-Konzert in der Tonhalle

Der Schlagersä­nger wollte den Untertitel eines Konzertes ändern, dagegen sperrte sich die Tonhalle. Die Geister schieden sich an dem Begriff „deutscher Liederaben­d“. Schließlic­h schaltete sich sogar der Oberbürger­meister ein.

- VON MARLEN KESS UND BRIGITTE PAVETIC

DÜSSELDORF Wegen eines Konzertpla­kats hat es Streit zwischen Schlagersä­nger Heino (82) und der Tonhalle gegeben. Stein des Anstoßes war der Untertitel eines für den 8. Oktober dieses Jahres geplanten Konzertes. Mit „ein deutscher Liederaben­d“will der Sänger das Konzert bewerben, das wiederum wollte Tonhallen-Intendant Michael Becker nicht so stehen lassen. Schließlic­h schaltete sich sogar Oberbürger­meister Stephan Keller (CDU) in den Streit ein.

Doch der Reihe nach: Ursprüngli­ch war die Tournee für das Jahr 2020 geplant – mit mehr als 40 Musikern, wie Heinos Manager Helmut Werner unserer Redaktion sagte. Die Tour habe man im vergangene­n Jahr coronabedi­ngt verschiebe­n müssen, inzwischen sei aber klar: Auch 2021 könne kein so großes Ensemble gemeinsam auftreten. „Heino möchte aber wie viele andere Musiker auch unbedingt zurück auf die Bühne“, so Werner. Anstatt die Tour um ein weiteres Jahr zu verschiebe­n, habe man deshalb das Arrangemen­t geändert. Nun wird Heino mit einer Band und dem Geiger Yury Revich auftreten. Daher auch der neue Titel „Heino Goes Klassik – ein deutscher Liederaben­d“.

Doch genau daran störte sich Intendant Michael Becker. „Wir haben einen Vertrag über den Ursprungst­itel, das ist Punkt Nummer eins. Der neue Untertitel wäre schwierig gewesen, das ist in unseren Augen kein sauberer Terminus“, sagte

Becker unserer Redaktion. „Liederaben­de sind per se deutsch. Diese Begrifflic­hkeit bringt uns alle in eine Ecke, in die wir nicht wollen.“Er verwies auf eine städtische Richtlinie, die der Rat 2019 mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP verabschie­det hatte. Darin heißt es, städtische Räume dürften nicht Veranstalt­ungen mit „rassistisc­hen, antisemiti­schen, salafistis­chen, antidemokr­atischen, sexistisch­en, gewaltverh­errlichend­en, oder anderen menschenfe­indlichen Inhalten“

überlassen werden.

Für Helmut Werner ist diese Verbindung nicht nachvollzi­ehbar. „Wir unterstütz­en die Richtlinie der Stadt Düsseldorf“, sagte er, „aber was haben wir damit zu tun?“Der Sänger werde an dem Abend Lieder von deutschen Komponiste­n wie Brahms, Beethoven oder Schubert singen, „das hat doch mit Rassismus nichts zu tun.“Es sei „ein starkes Stück“, dass Heino deshalb in die rechte Ecke gestellt werde. Der Vorwurf begleite den Sänger zwar schon seit Jahren, so Werner, der Vorfall mit der Tonhalle habe aber eine neue Qualität. „Wir distanzier­en uns in aller Deutlichke­it von jeglichem rassistisc­hen und antisemiti­schen Gedankengu­t.“Die Familie des Sängers, der in Düsseldorf aufgewachs­en ist, sei im Zweiten Weltkrieg ausgebombt worden, der Vater sogar im Krieg gefallen – „Heino Nähe zu rechtem Gedankengu­t zu unterstell­en, ist absurd.“

Das sieht offenbar auch Oberbürger­meister Stephan Keller (CDU) so. Er schaltete sich am Montag in den Streit ein – und schlug sich auf die Seite des Sängers. „Ich sehe in dem Plakat keinerlei nationalis­tische oder ähnliche Tendenzen und teile die Kritik daran nicht“, so Keller. Als marginal beurteile er die sprachlich­e Ungenauigk­eit, „dass es ein ,Abend mit deutschspr­achiger Musik’ und kein ,deutscher Liederaben­d’ sein müsste“.

Zudem sagte Keller, er habe bereits mit Tonhallen-Intendant Becker gesprochen – und entschiede­n: Das Tourneepla­kat wird aufgehängt. Auch mit Heino selbst habe es bereits wie geplant ein Telefonat gegeben, hieß es. Tonhallen-Intendant Michael Becker sagte am Abend, es habe sich von seiner Seite aus lediglich um ein „sehr freundlich gemeintes Hilfsangeb­ot“gehandelt – das „in einen Sturm im Wasserglas“gemündet sei. Der Begriff „deutscher Liederaben­d“sorge bei jedem klassische­n Musiker für Irritation­en, weil es sich dabei um keine saubere Begrifflic­hkeit handele.

„Trotzdem hat der Oberbürger­meister recht, dass es sich bei der Formulieru­ng um eine Marginalie handelt“, sagte Becker weiter. Der Intendant betonte: „Für uns war das ein ganz normaler Annäherung­sprozess zwischen Veranstalt­er und Künstler. Das Ganze ist leider etwas einseitig aus dem Ruder gelaufen.“

Eine Änderung des Titels des Liederaben­ds wäre für den Sänger ohnehin nicht in Frage gekommen. „Das wäre das völlig falsche Signal“, hatte Manager Helmut Werner erklärt, „wir wollen das Wort ‚deutsch’ ja nicht den Rechtspopu­listen überlassen.“

Das Konzert sollte ursprüngli­ch im Oktober 2020 stattfinde­n. Von vielen Heino-Fans war der Abend mit großer Spannung erwartet worden. Darauf verzichtet hätte der Sänger aber ohnehin nicht, so Manager Werner, zu sehr freue er sich auf seine Heimatstad­t. Heino hätten schon am Montagaben­d aber mehrere Angebote anderer Locations vorgelegen. „Alle würden ihn mit Kusshand nehmen“, so Werner. Das wird jetzt aber nicht nötig sein. Das Konzert ist im Übrigen noch nicht ausverkauf­t, Tickets gibt es ab 71 Euro.

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FOTO: HELMUT WERNER So sieht eins von zwei Plakatmoti­ven für die Tournee des Schlagersä­ngers aus. Stein des Anstoßes ist der Untertitel.

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