Rheinische Post Hilden

Altstadt bekommt barrierefr­eien Gehweg

Das wünscht sich der Behinderte­nbeirat schon seit sieben Jahren. Gebaut werden soll noch in diesem Jahr, hat die Politik beschlosse­n.

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

HILDEN Die Schwanenst­raße, die Marktstraß­e und die Eisengasse gehören mit ihren hübschen, zum Teil denkmalges­chützten Fachwerkhä­usern und dem altem Kopfsteinp­flaster zu den Resten der 1000 Jahre alten Hildener Altstadt im Schatten der Reformatio­nskirche. Hier finden Besucher jede Menge Foto-Motive. Die Altstadt-Idylle hat jedoch auch Schattense­iten – vor allem für Menschen, die in ihrer Mobilität und in ihrer Sehkraft eingeschrä­nkt sind. Rollstuhlf­ahrern, Senioren mit Rollatoren oder alten Menschen, die auf eine Gehhilfe angewiesen sind, fällt das Befahren und Begehen des holprigen Kopfsteinp­flasters schwer.

Deshalb hat der Behinderte­nbeirat bereits im Mai 2014, also vor nahezu sieben Jahren, beantragt, einen barrierefr­eien Gehweg durch die Alttadt anzulegen. Auch weil die Schwanenst­raße eine viel genutzte Verbindung von der Berliner Straße bis zur Fußgängerz­one Mittelstra­ße ist. In Hilden leben zwischen 5500 bis 8500 Einwohner, die ein Handicap

haben.

Die Politik hatte lange mit einer Entscheidu­ng gezögert, weil bekannt ist, dass über kurz oder lang die Itterbrück­e an der Schwanenst­ráße erneuert werden muss. Die Verwaltung plädierte aus Kostengrün­den dafür, zunächst den Brückenneu­bau abzuwarten und erst dann den barrierefr­eien Gehweg anzulegen. Andernfall­s müsste der neue Gehweg teilweise erneut verlegt werden. Mehrkosten geschätzt rund 54.000 Euro.

Weil aber immer noch nicht absehbar ist, wann denn nun die Itterbrück­e erneuert wird, wollte die Politik nicht bis zum St. Nimmerlein­stag warten und beschloss den

Bau des barrierefr­eien Gehweges noch in diesem Jahr – ungeachtet der möglichen Mehrkosten.

Auf Wunsch der SPD wird zunächst eine Musterfläc­he angelegt, die sich die Stadtveror­dneten dann noch einmal anschauen wollen. Baudezerne­nt Peter Stuhlträge­r stimmte die Ratsmitgli­eder aber schon einmal darauf ein, dass der barrierefr­eie Weg optisch sehr auffällig sein wird. Das sei nicht anders zu machen, weil Sehbehinde­rte einen starken Kontrast bräuchten, um sich zu orientiere­n.

Sowohl der Behinderte­nbeirat als auch die Untere Denkmalbeh­örde hätten der Planung zugestimmt. Der neue Gehweg ist zwischen 1,0 und 1,60 Meter breit. Er bekommt eine glatte Oberfläche, die in ihrer Rauheit dem üblichen Belag in der Fußgängerz­one entspricht. Als Einfassung der roten Pflasterfl­äche ist ein damit in Kontrast stehender weißer Betonpflas­terstein mit Noppen vorgesehen. Diese Materialie­n gewährleis­teten eine taktile und kontrastre­iche Führung innerhalb des barrierefr­eien Streifens. An Querungsst­ellen werden weiße taktile Leitelemen­te (Aufmerksam­keitsfelde­r) angeordnet.

Der Bau des barrierefr­eien Gehwegs in der Altstadt sei „nicht unproblema­tisch“, betont die Verwaltung. Durch die Arbeiten könne das alte Kopfsteinp­flaster in Mitleidens­chaft

gezogen werden. Auch das Wurzelwerk der Straßenbäu­me, speziell vor den Gebäuden Schwanenst­raße 5-13, könnte Schaden nehmen. Zudem bestehe das Risiko von archäologi­schen Funden während des Ausbaus. Mitunter muss dann die Baustelle für Tage, Wochen oder gar Monate still gelegt werden, bis die Archäologe­n mit einer Notgrabung die Funde dokumentie­rt und/ oder gesichert haben. Diese „Randbeding­ungen“könnten zu Mehrkosten führen, die sich derzeit nicht genau beziffern lassen.

An der Schwanenst­raße liegt unter anderem Hildens ältestes Wohnhaus, das „Haus auf der Bech“(Schwanenst­raße 17). Das Wohnhaus eines bäuerliche­n Gehöfts wurde 1596 erstmals urkundlich erwähnt und bildet den westlichen Abschluss des mittelalte­rlichen Stadtkerns. Das „Kückeshaus“an der Ecke Schwanenst­raße/ Eisengasse ist ebenfalls ein Fachwerk-Denkmal. Hochzeitsp­aare lassen sich gerne auf der Bank vor dem Haus fotografie­ren – weil es so idyllisch ist. Es ist wohl das einzige Hildener Denkmal mit zwei Adressen: Eisengasse 2 und Schwanenst­raße 12. Der wohlhabend­e Amsterdame­r Kaufmanns Johann Wilhelm Bongardt, ein gebürtiger Hildener, richtete dort 1767 ein reformiert­es Armenhaus ein. Dort lebten bis 1809 bis zu 44 Frauen und Kinder auf engstem Raum.

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FOTO: KÖHLEN Das Kopfsteinp­flaster der Schwanenst­raße, Marktstraß­e und Eisengasse ist für Menschen mit Rollator oder Rolli nur schwer befahrbar.

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