Altstadt bekommt barrierefreien Gehweg
Das wünscht sich der Behindertenbeirat schon seit sieben Jahren. Gebaut werden soll noch in diesem Jahr, hat die Politik beschlossen.
HILDEN Die Schwanenstraße, die Marktstraße und die Eisengasse gehören mit ihren hübschen, zum Teil denkmalgeschützten Fachwerkhäusern und dem altem Kopfsteinpflaster zu den Resten der 1000 Jahre alten Hildener Altstadt im Schatten der Reformationskirche. Hier finden Besucher jede Menge Foto-Motive. Die Altstadt-Idylle hat jedoch auch Schattenseiten – vor allem für Menschen, die in ihrer Mobilität und in ihrer Sehkraft eingeschränkt sind. Rollstuhlfahrern, Senioren mit Rollatoren oder alten Menschen, die auf eine Gehhilfe angewiesen sind, fällt das Befahren und Begehen des holprigen Kopfsteinpflasters schwer.
Deshalb hat der Behindertenbeirat bereits im Mai 2014, also vor nahezu sieben Jahren, beantragt, einen barrierefreien Gehweg durch die Alttadt anzulegen. Auch weil die Schwanenstraße eine viel genutzte Verbindung von der Berliner Straße bis zur Fußgängerzone Mittelstraße ist. In Hilden leben zwischen 5500 bis 8500 Einwohner, die ein Handicap
haben.
Die Politik hatte lange mit einer Entscheidung gezögert, weil bekannt ist, dass über kurz oder lang die Itterbrücke an der Schwanenstráße erneuert werden muss. Die Verwaltung plädierte aus Kostengründen dafür, zunächst den Brückenneubau abzuwarten und erst dann den barrierefreien Gehweg anzulegen. Andernfalls müsste der neue Gehweg teilweise erneut verlegt werden. Mehrkosten geschätzt rund 54.000 Euro.
Weil aber immer noch nicht absehbar ist, wann denn nun die Itterbrücke erneuert wird, wollte die Politik nicht bis zum St. Nimmerleinstag warten und beschloss den
Bau des barrierefreien Gehweges noch in diesem Jahr – ungeachtet der möglichen Mehrkosten.
Auf Wunsch der SPD wird zunächst eine Musterfläche angelegt, die sich die Stadtverordneten dann noch einmal anschauen wollen. Baudezernent Peter Stuhlträger stimmte die Ratsmitglieder aber schon einmal darauf ein, dass der barrierefreie Weg optisch sehr auffällig sein wird. Das sei nicht anders zu machen, weil Sehbehinderte einen starken Kontrast bräuchten, um sich zu orientieren.
Sowohl der Behindertenbeirat als auch die Untere Denkmalbehörde hätten der Planung zugestimmt. Der neue Gehweg ist zwischen 1,0 und 1,60 Meter breit. Er bekommt eine glatte Oberfläche, die in ihrer Rauheit dem üblichen Belag in der Fußgängerzone entspricht. Als Einfassung der roten Pflasterfläche ist ein damit in Kontrast stehender weißer Betonpflasterstein mit Noppen vorgesehen. Diese Materialien gewährleisteten eine taktile und kontrastreiche Führung innerhalb des barrierefreien Streifens. An Querungsstellen werden weiße taktile Leitelemente (Aufmerksamkeitsfelder) angeordnet.
Der Bau des barrierefreien Gehwegs in der Altstadt sei „nicht unproblematisch“, betont die Verwaltung. Durch die Arbeiten könne das alte Kopfsteinpflaster in Mitleidenschaft
gezogen werden. Auch das Wurzelwerk der Straßenbäume, speziell vor den Gebäuden Schwanenstraße 5-13, könnte Schaden nehmen. Zudem bestehe das Risiko von archäologischen Funden während des Ausbaus. Mitunter muss dann die Baustelle für Tage, Wochen oder gar Monate still gelegt werden, bis die Archäologen mit einer Notgrabung die Funde dokumentiert und/ oder gesichert haben. Diese „Randbedingungen“könnten zu Mehrkosten führen, die sich derzeit nicht genau beziffern lassen.
An der Schwanenstraße liegt unter anderem Hildens ältestes Wohnhaus, das „Haus auf der Bech“(Schwanenstraße 17). Das Wohnhaus eines bäuerlichen Gehöfts wurde 1596 erstmals urkundlich erwähnt und bildet den westlichen Abschluss des mittelalterlichen Stadtkerns. Das „Kückeshaus“an der Ecke Schwanenstraße/ Eisengasse ist ebenfalls ein Fachwerk-Denkmal. Hochzeitspaare lassen sich gerne auf der Bank vor dem Haus fotografieren – weil es so idyllisch ist. Es ist wohl das einzige Hildener Denkmal mit zwei Adressen: Eisengasse 2 und Schwanenstraße 12. Der wohlhabende Amsterdamer Kaufmanns Johann Wilhelm Bongardt, ein gebürtiger Hildener, richtete dort 1767 ein reformiertes Armenhaus ein. Dort lebten bis 1809 bis zu 44 Frauen und Kinder auf engstem Raum.