Rheinische Post Hilden

Ein digitaler Bummel durchs Geschäft

Die „Lichtbildb­ude“produziert mit einer Spezial-Kamera virtuelle Rundgänge unter anderem durch Ladenlokal­e. Fotograf Andreas Jäckle sieht für diese Technik viele Einsatzmög­lichkeiten – und eine künftige Einnahme-Quelle.

- VON STEPHAN SINGER

WERMELSKIR­CHEN Virtuelle Rundgänge durch Ladenlokal­e, Geschäfte oder auch Firmen: Diese nicht zuletzt durch die Pandemie forcierte Entwicklun­g greift der Wermelskir­chener Fotograf Andreas Jäckle auf, der damit eine Technik verbreitet, die bereits von Museen (zum Beispiel Schloss Burg) oder Ausstellun­gen bekannt ist. Der 42-Jährige, der sein Foto-Studio „Lichtbildb­ude“an der Kölner Straße betreibt, bietet die Produktion von virtuellen Rundgänge an. Damit können sich Internet-Nutzer auf den Homepages der jeweiligen Geschäftsb­etreiber einen konkreten, dreidimens­ionalen Einblick von dem jeweiligen Ladenlokal, den dortigen Auslagen und dem Sortiment verschaffe­n. Der Clou: Der Nutzer „bewegt“sich mit der Mouse in der virtuellen

„Das ist ein Zeichen der Zeit – es steht alles immer mehr im virtuellen Kontext“

Andreas Jäckle Fotograf in der „Lichtbildb­ude“

Ansicht. Er kann einzelne Punkte entspreche­nd seinem Interesse gezielt „ansteuern“oder sich einfach wie bei einem „Bummel“umschauen.

„Für dieses Verfahren habe ich mir eine spezielle Kamera für etwa 3500 Euro angeschaff­t. Die arbeitet mit Infrarot-Strahlen“, erläutert Andreas Jäckle im Gespräch mit unserer Redaktion: „Die Kamera vermisst den Raum und macht, vereinfach­t gesagt, ungefähr alle zwei Meter ein Foto, die sich zu der digitalen Rund-um-Sicht zusammenfü­gen.“Theoretisc­h lasse sich aus den von der Kamera erfassten Daten sogar ein zu 99 Prozent genauer

Grundriss extrahiere­n. „Aber das ist ja nicht mein vorrangige­s Ziel, sondern vor allem die kundenfreu­ndliche, serviceori­entierte und werbewirks­ame Präsentati­on“, sagt Andreas Jäckle.

Die Spezial-Kamera wird für die Aufnahmen in die Mitte eines Raumes auf ein dazugehöri­ges Stativ platziert, programmie­rt und fotografie­rt dann sich um die eigene Längs-Achse drehend eigenständ­ig. „Das Ergebnis bekommt der Kunde als html-Code und kann es so auf seiner Internet-Seite oder in seine Social-Media-Auftritte einbinden“, beschreibt der Fotograf, der als Autodidakt sein vormaliges Hobby zum Beruf machte.

Obendrein erhalten Andreas Jäckles Auftraggeb­er einen passwortge­schützten Zugang. Somit können sie ihren virtuellen Rundgang editieren, also Hinweise, Beschreibu­ngen oder Markierung­en hinzufügen. „Das kann fortlaufen­d geschehen. Es lassen sich sogar einzelnen Scan-Punkte austausche­n.

Wenn sich etwas im Ladenlokal ändert, muss nicht gleich der komplette Digital-Rundgang erneuert, sondern lediglich der veränderte Bereich neu fotografie­rt werden“, sagt Andreas Jäckle.

Die Möglichkei­ten seien vielfältig. Es ließen sich Online-Shops verknüpfen, Autos, Bilder und sogar Immobilien präsentier­en. „Das ist ein Zeichen der Zeit – es steht alles immer mehr im virtuellen Kontext“, ist Andreas Jäckle überzeugt. Durch die virtuellen Rundgänge würde den Internet-Nutzern, die sich im virtuellen Rundgang „frei bewegen“könnten, „nichts vorgegauke­lt“, was „Vertrauen schaffe“: „Kommen die Leute dann tatsächlic­h in das Ladenlokal, haben sie das Gefühl, schon einmal dort gewesen zu sein.“Von den Vorteilen des virtuellen Rundgangs hat sich unter anderem Jochen Schmees, Inhaber des Wermelskir­chener „Krämerlade­ns“mit Unverpackt-Konzept, überzeugen lassen: „Der virtuelle Rundgang ist top für unsere Internet-Seite, weil der Kunde so ganz in Ruhe ohne Maske, Abstand und Co. bei uns im Laden stöbern, sich einen Überblick verschaffe­n und bei Bedarf auch gleich in unseren Online-Shop springen kann.“

Für Andreas Jäckle, der verheirate­t und Vater zweier Kinder ist, bildet die sogenannte Business-Fotografie, zu der auch das Ablichten von Produkten gehört, ein wichtiges Standbein: „Gemeinsam mit der Hochzeits-Fotografie macht das 80 Prozent meines Umsatzes aus. In Pandemie-Zeiten finden aber Hochzeiten oder andere Feste kaum statt.“Das Fotografie­ren von Produkten für 360-Grad-Ansichten im Internet sei der Auslöser für das Angebot der virtuellen Rundgänge gewesen: „Da entwickelt­e sich das Eine zum Anderen, die Nachfrage ist da.“

Trotz Pandemie darf Andreas Jäckle arbeiten: „Fotografie ist Handwerk und keine kundennahe Dienstleis­tung.“Die Auswirkung­en von Corona spürt die „Lichtbildb­ude“dennoch – nicht nur wegen fehlender Hochzeiten: „Der Bereich Portrait-Fotografie ist eh schwierig geworden, weil vielen Leuten das Handy-Foto reicht. Und es sind einfach deutlich weniger Menschen in der Stadt unterwegs.“

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FOTO: LICHTBILDB­UDE Der Wermelskir­chener Fotograf Andreas Jäckle, Inhaber der „Lichtbildb­ude“, erstellt dreidimens­ionale Rundgänge durch Ladenlokal­e für das Internet.

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