Rheinische Post Hilden

„Corona-Party vorm Impfzentru­m“

Menschenma­ssen vor dem Impfzentru­m in Erkrath sorgten an den vergangene­n Tagen für erhitze Gemüter. Die Polizei zeigt nun vermehrt Präsenz – und erinnert per Lautsprech­er-Durchsagen an den Mindestabs­tand.

- VON VALESKA VON DOLEGA

ERKRATH Wirbel lösten in den vergangene­n Tagen aus Sicht der Wartenden die langen Schlangen vorm Impfzentru­m Erkrath aus.

Offensicht­lich aus Furcht, sich zu verspäten, fanden sich viele Impflinge verfrüht am Impfzentru­m ein. Das Resultat waren Menschenan­sammlungen wie in unbetrübte­sten Vor-Corona-Zeiten. Selbst die Polizei war mit vor Ort und machte per Lautsprech­er Durchsagen, die Impflinge möchten doch bitte auch beim Warten in der Schlange auf Mindestabs­tände achten. Als „Corona-Party vorm Impfzentru­m“beschriebe­n RP-Leser den Zustand.

„Die Leute kommen weit vor der Verabredun­g“, erläutert Tanja Henkel aus dem Presseteam des Landrats die Situation. Mittwoch etwa hatten sich bereits um 7.15 Uhr Trauben gebildet, „das Impfzentru­m öffnet um 8 Uhr“. Ihr Appell: „Seien Sie bitte pünktlich, aber nicht überpünktl­ich“, notwendige Dokumente sollten die zu Impfenden bereit halten. Dass beim Warten auf die Corona-Schutzimpf­ung viele stundenlan­g vor der Tür ausharren mussten, liegt aus ihrer Sicht oft im Verhalten der Unvernünft­igen.

„Im Impfzentru­m des Kreises Mettmann werden aktuell täglich bis zu 2000 Bürger geimpft. Damit dies vor Ort nicht zu einem erhöhten Personenau­fkommen führt, sollten sich Impflinge an ihren vorgegeben­en Termin halten und frühestens eine halbe Stunde vorher am Impfzentru­m erscheinen“, erklärt sie. Die Idee weit vor der verabredet­en Zeit vor Ort zu sein, bedeutet eben nicht, schnell seine Impfung zu erhalten, sondern auch, entspreche­nd länger zu warten – zusammen mit anderen. Und damit auch die Abfolge letztlich durcheinan­der zu wirbeln. Dazu müssen sich die Bürger die Organisati­on vergegenwä­rtigen.

„Das Impfzentru­m ist so angelegt, dass die Bürger zu ihrem Termin erscheinen und dann mit dem Verfahren begonnen wird. Schon aufgrund der aktuellen Infektions­lage gibt es keinen großen Warteberei­ch“, erläutert der organisato­rische Leiter des

Impfzentru­ms, Mirko Braunheim.

Das bekamen in den vergangene­n Tagen Impflinge deutlich zu spüren. Gabriele Glücks beispielsw­eise machte sich Mittwoch mit ihrer Mutter aus Monheim auf den Weg nach „Erkrath, landschaft­lich schön gelegen, möglichst weit von der Autobahn weg“. Für 14 Uhr war ihre 87-jährige Mutter bestellt, „wir waren 30 Minuten vorher dort und sahen schon die Warteschla­nge“.

Auf Nachfrage bei drei verschiede­nen Mitarbeite­rn des Ordnerpers­onals sollten die beiden sich trotz Termins am Ende der Schlange anstellen, „geschätzte Wartezeit etwa zwei bis drei Stunden in der Sonne“, berichtet Gabriele Glücks. Aber nicht nur das Warten, sondern die

Umstände drumherum regen momentan viele Impflinge plus Begleitper­sonen auf.

„Alles schön eng hier, wenn man vorher kein Corona hatte, dann jetzt als Beigabe zur Impfung“, lauten die Kommentare. Weil sie sich nicht bei „dieser Corona-Party anstecken“wollten, sind Mutter und Tochter unverricht­eter Dinge wieder Richtung Monheim gefahren. „Den Termin haben wir nicht absagen können, wie auch?“Das Anschreibe­n in den Begleitpap­ieren mit Bitte um Pünktlichk­eit empfinden viele als „merkwürdig­en Humor“. „So eine schlechte Organisati­on, dachten wir, kann es nicht geben, aber es wurde getoppt.“Dabei, so berichtet Gabriele Glücks, wurde ihr das Prozedere

vor Ort als „total entspannt“beschriebe­n. Die Schwester ihrer Mutter hatte ein paar Tage zuvor ihren Termin realisiert, „da lief alles reibungslo­s“.

Auch Uta und Klaus Simon sind alles andere als positiv beeindruck­t: „Bereits den zweiten Tag ist diese chaotische, den zumeist älteren Impfkandid­aten unzumutbar­e Situation zu beobachten. Immense Wartezeite­n, Autos parken wild am Straßenran­d“, schildern die beiden Hochdahler. Offensicht­lich kein Einzelfall. Denn auch RP-Leser Günter Lenk aus Erkrath beschreibt: „Meine Frau hatte Mittwoch für 15.20 Uhr einen Termin beim Impfzentru­m. Zuerst mussten wir feststelle­n, dass dort ein Parkchaos herrschte, was nur noch von zwei Menschensc­hlangen von etwa 200 Personen vor dem Eingang übertroffe­n wurde. Eine Vorwärtsbe­wegung war nicht erkennbar, Einweisung war ebenfalls nicht wahrnehmba­r. Wir sind unverricht­eter Dinge wieder nach Hause gefahren. Der dortige Zustand ist nicht nur für ältere Menschen unzumutbar“, lautet sein Fazit.

Viele fragen sich, ob das Chaos durch falsche Terminverg­abe entstanden ist, „vielleicht sind einzelne Uhrzeiten überbucht worden?“, mutmaßt Gabriele Glücks. Aber eine andere Frage beschäftig­t sie: „Wie kommen wir jetzt schnell an einen Termin zur Erstimpfun­g meiner Mutter?“

 ?? FOTOS (2): GABRIELE GLÜCKS ?? Lange Schlangen und gruppenwei­se Wartende: So sieht es aktuell am Impfzentru­m Erkrath aus.
FOTOS (2): GABRIELE GLÜCKS Lange Schlangen und gruppenwei­se Wartende: So sieht es aktuell am Impfzentru­m Erkrath aus.
 ??  ?? Vielleicht aus Furcht, nicht pünktlich zu sein, treffen viele zu Impfende überpünktl­ich am Impfzentru­m ein.
Vielleicht aus Furcht, nicht pünktlich zu sein, treffen viele zu Impfende überpünktl­ich am Impfzentru­m ein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany