Nicht benötigte Impftermine bitte absagen
Immer mehr Menschen ziehen den Corona-Schutz beim Hausarzt einer Fahrt zum Impfzentrum vor. Dadurch platzen mehr als doppelt so viele Termine wie zu Beginn der Impfkampagne. Das Chaos vor der Tür soll Ausnahme bleiben.
HILDEN/HAAN Für einen Augenblick nimmt Mirko Braunheim die FFP2-Maske ab. Der organisatorische Leiter des Impfzentrums in Erkrath-Hochdahl kontrolliert, wie viele Personen vor der Tür warten. „Heute läuft es gut – auch weil wir zum Wochenstart einige Besucher weniger haben als in der vergangenen Woche.“Rund 1300 Menschen bekommen an diesem Montag ihren Pieks gegen das Corona-Virus. Die Termine werden von der Kassenärztliche Vereinigung und dem Kreis Mettmann vergeben.
Seit Ostern hat das Impfzentrum des Kreises seine Schlagzahl deutlich erhöht: „Weil wir vom Land mehr Impfstoff bekommen, hatten wir 2000, einmal sogar 2100 zu Impfende am Tag“, blickt Braunheim zurück. Mit einer Maximum-Kapazität von 1680 Impflingen ist die Einrichtung ursprünglich gestartet. Vor allem die übergroße Pünktlichkeit der Termininhaber hat in der vergangenen Woche für ein großes Durcheinander und lange Wartezeiten gesorgt.
„Mitte vergangener Woche stand hier bereits morgens um 7.15 Uhr eine lange Warteschlange“, berichtet Braunheim. Impfstart ist um acht Uhr. Und so ging es weiter. „Manche waren bis zu vier Stunden vor ihrem Impftermin bei uns. Diesen Stau bekamen wir den ganzen Tag über nicht aufgelöst.“Ja, sagt Braunheim, Neuankömmlinge mussten sich ganz hinten in der Warteschlange anstellen, auch wenn sie selbst pünktlich eintrafen. „Wir haben versucht, mit Lautsprecherdurchsagen die Reihenfolge wieder herzustellen. Ich habe selbst nach den Wartezeiten gefragt“, sagt Braunheim. Anderthalb Stunden sei dabei die längste Frist gewesen. Deshalb rät er dazu, bestenfalls 30 Minuten vor dem Impftermin zu kommen.
Das wird wohl ein Wunsch bleiben. Denn kein Senior will sich bei seiner Impfung verspäten. Deshalb sind vor allem die Alten oft viel zu früh dran. Auch am Montag staunt ein Sicherheitsmann, der die Terminbestätigung am Eingang
kontrolliert, bei einem älteren Ehepaar aus Ratingen: „Sie sind ja erst in anderthalb Stunden dran.“Manchmal stauen sich die Autos, wenn Senioren unmittelbar vor dem Eingang aussteigen. Um das Verkehrschaos zu entwirren, hat der Gastro-Großhandel Esmeyer 40 Parkplätze auf seinem Hof für Besucher des Impfzentrums bereitgestellt. Am Ausgang gibt es am Montag zahlreiche lobende Worte für den reibungslosen Ablauf im Impfzentrum: „Alle waren sehr freundlich“, sagt eine Frau beim Rausgehen.
Seit auch die Hausärzte gegen Corona impfen, hat sich die Quote derer verdoppelt, die ihren Impftermin
auf dem Erkrather Berg nicht antreten. Die „No-Show-Quote“heißt das intern bei der Kassenärztlichen Vereinigung. Die Zahl ist in Erkrath von anfangs zwei, manchmal drei Prozent der Impflinge pro Tag auf über sieben Prozent angestiegen. Dass damit Impfstoff übrig bleibt, scheint den Leuten egal zu sein. „Deshalb haben wir die herzliche Bitte: Sagen Sie Impftermine ab, die Sie nicht brauchen!“, appelliert die Sprecherin des Kreises, Daniela Hitzemann, an alle, die nicht kommen können. Und auch Braunheim ärgert, „wenn wir immer erst am Tag selber erfahren, wenn jemand nicht kommt.“
Bislang musste deshalb noch kein Impfstoff in Erkrath vernichtet werden. Das Zentrum führt Wartelisten mit Menschen aus Risikogruppen, Angehörigen von Schwangeren, Menschen, die Senioren betreuen, und jenen aus gefährdeten Berufsgruppen oder mit Vorerkrankungen. „Da wird angerufen und gefragt, ob man Zeit hat, spontan zu kommen“, sagt Mirko Braunheim. Aber auch bei dieser Telefonliste heißt es jetzt immer öfter: „Oh pardon, ich habe mir bereits bei meinem Hausarzt eine Impfung abgeholt.“Im Kampf gegen das tödliche Virus ist das eigentlich eine gute Nachricht – für die Rückkehr zum normalen Leben.