Suche nach Azubis wird immer schwerer
In der Pandemie finden viele Unternehmen noch seltener Bewerber. Drei Erfahrungsberichte.
DÜSSELDORF Vielen Unternehmen in Düsseldorf fällt es immer schwerer, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. In der Pandemie hat sich die Lage vielerorts verschärft. Das bestätigt zum Beispiel Thomas Rick, Geschäftsführer von Behrens & Schuleit. Und das, obwohl er aufgrund der Spezialisierung auf Unternehmensdigitalisierung recht beliebte Stellen im IT-Bereich bietet. „In den vergangenen Jahren waren wir gesegnet mit einer guten Bewerberlage.“Doch im Augenblick sei es viel schwieriger geworden, die Stellen zu besetzen. Vor der Pandemie habe es rund zehn Bewerbungen pro Stelle gegeben, jetzt melde sich ein Interessent oder keiner.
Sechs Azubis sind in der Spitze im Betrieb mit 50 Mitarbeitern unter Vertrag. Zurzeit sind drei Stellen offen, für IT-Systemtechniker oder Fachinformatiker in der Anwendungsentwicklung. „Zwei Stellen werden wir wohl noch bis August besetzt kriegen, eine Stelle werden wir vielleicht offen lassen müssen.“
Rick ist mit seinem Problem nicht allein. Handwerkskammer und Industrieund Handelskammer (IHK) werben gerade offensiv für die Ausbildung, da sie insgesamt einen deutlichen Rückgang bei den Bewerbern im Vergleich zum Vorjahr feststellen. 1500 Stellen sind zurzeit noch unbesetzt, bei einem ungefähr gleich gebliebenen Angebot. Schon Ende vergangenen Jahres waren 20 Prozent weniger geschlossene Ausbildungsverträge zu verzeichnen. Der Nachholeffekt bleibt auf Seiten der Bewerber weiterhin aus.
Andreas Schmitz, Präsident der IHK Düsseldorf, schlug deshalb bereits Alarm: „Umfragen zeigen, dass sich Schulabsolventen in diesem Jahr angesichts der anhaltenden Pandemie große Sorgen machen, wie es nach der Schule für sie weitergehen kann. Bei vielen führt dies dazu, sich in den eigenen vier Wänden einzuigeln. Wir müssen verhindern, dass wir einen abgehängten Corona-Jahrgang erhalten.“
Auch Thomas Rick spricht von einer gewissen Lethargie und Zurückhaltung bei Bewerbern. So versuche man neue Wege zu gehen. Bewerbungsgespräche werden jetzt zum Beispiel auch mal per Videokonferenz geführt. Rick vermutet auch, dass sich mehr Schulabsolventen für ein Studium entscheiden, da der Start in der Pandemie leichter von Zuhause aus möglich sei.
Die Konsequenzen könnten langfristig ein weiter verschärfter Fachkräftemangel sein, wie auch Jacqueline Dopheide aus der Geschäftsleitung des Gebäudereinigers Thöne mit 150 Mitarbeitern befürchtet. Für sie stellt sich die Situation allerdings noch etwas anders dar. „Wir haben seit vielen Jahren das Problem, dass wir keine Azubis finden.“Hin und wieder gebe es mal eine Bewerbung, hinter der laut Dopheide allerdings meist kein ernster Wille stecke. Oder der Kandidat sei aus der Umgebung von Düsseldorf gekommen, was sich mit dem frühen Start des Arbeitstages nicht vereinbaren ließ.
Das generelle Problem aus ihrer Sicht: Der schlechte Ruf ihres Gewerbes, obwohl es sich um einen der ältesten Ausbildungsberufe im Handwerk handeln würde. Das liege vor allem an Billiganbietern, die schlechte Arbeitsverhältnisse böten und keine gute Qualität bei der Ausführung von Aufträgen. Die Perspektiven nach der Ausbildung seien dagegen gut: Die Baubranche boome trotz Corona-Krise, was für volle Auftragsbücher sorge. Und für den Beruf sei ein umfangreiches Wissen erforderlich, zum Beispiel um einschätzen zu können, wie welche Oberfläche chemisch gereinigt werden kann, ohne dass sie Schaden nimmt. Das sei zunehmend gefragt, da die verwendeten Materialien vielfältiger würden.
Auch Hörakustik-Meister Rolf Zotzmann sorgt sich um die Zukunft seines Berufsstandes. Er finde seit Jahren immer schwerer einen Azubi. „Früher konnte ich mir die Kandidaten aussuchen. Auf eine Stelle kamen rund zehn Bewerbungen. Jetzt ist das anders.“Im vergangenen Jahr habe es nur eine einzige Kandidatin gegeben, die dann nicht in Frage gekommen sei. So blieb seit langer Zeit eine Gesellenstelle unbesetzt. Die duale Ausbildung für die Berufsstarter ist übrigens auf drei Jahre angelegt.
Und die Aussichten auf Arbeitsplätze sind gut: „Heute schon ist die Nachfrage größer als das Angebot“, sagt Zotzmann. Und ihm liege einfach etwas an der Ausbildung. „Das gehört zu einem guten Handwerksbetrieb dazu.“Deshalb unternimmt er mittlerweile mehr, um neue Kandidaten zu finden. So ist er bei der Jobbörse des Arbeitsamts oder der Ausbildungsbörse der IHK vertreten. Auch in einer Broschüre, die in Schulen verteilt wird, taucht der fast 25 Jahre alte Betrieb von Zotzmann auf.
Und es hat vielleicht auch etwas gebracht. Gerade hat ihn endlich mal wieder eine Bewerbung erreicht, von einem syrischen Flüchtling, der seit 2017 in Deutschland ist. „Wir haben das Vorstellungsgespräch schon vereinbart.“