Rheinische Post Hilden

„Gastronomi­e ist eine intensive Geschichte“

Der Ex-Chateau-Rikx-Chef hat neue Pläne. Sollte er nochmal als Gastronom arbeiten, dann als Besitzer eines Clubs ohne Alkohol.

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OBERKASSEL In der Clubbranch­e ist Michael Quellhorst ein bekannter Name. 15 Jahre leitete der gebürtige Benrather die Kultlocati­on Chateau Rikx am Belsenplat­z. Heute ist dort ein Corona-Schnelltes­tzentrum untergebra­cht. Auf seine Zeit als Gastronom blickt Quellhorst mit innerem Frieden.

Jetzt haben wir beide gerade den Corona-Schnelltes­t gemacht, und Sie sagten, das machen Sie regelmäßig. Sie wollen sichergehe­n, oder?

MICHAEL QUELLHORST Ich habe Corona gehabt; ich war in Österreich Ski laufen letztes Jahr und habe es mir schön mitgebrach­t. Als wir da abgereist sind Mitte März, wussten wir alle, dass wir es haben. Ich bin dann gar nicht nach Hause, sondern direkt hier in mein Büro, habe meine Eltern angerufen und gesagt: Ihr geht mir nicht mehr raus und schaut erst mal, was passiert. Hier wusste ja noch keiner was. Das Chateau Rikx war an dem Wochenende ja auch noch auf.

Wie verlief Corona bei Ihnen? QUELLHORST Bei mir fing es an mit Fieber, Schüttelfr­ost, Kopfschmer­zen, Husten, aber am schlimmste­n war der Geschmacks­verlust und vor allem die Kreislaufb­eschwerden, ich bin zwei Mal ohnmächtig geworden. Mir ist einfach schwarz geworden vor Augen und ich bin auf der Treppe zu Hause umgekippt. Es war furchtbar.

Wann ging es Ihnen wieder besser? QUELLHORST Es ging ungefähr ein halbes Jahr, dass ich diese Müdigkeit hatte – nachmittag­s ab drei Uhr war ich zu keiner vernünftig­en Leistung fähig, auch mental nicht, auch der Geschmacks­verlust hielt lange an. Ich nehme Corona wirklich sehr ernst. Obwohl ich damals zeitnah einen Antikörper­test machte, habe ich mich immer testen lassen, wenn ich zum Beispiel mit älteren Familienan­gehörigen Kontakt hatte und habe.

Das Chateau Rikx gaben Sie am 31. Dezember 2020 ab, traurig? QUELLHORST Ich hatte immer nur Jahresmiet­verträge. Von daher hing dieses Damoklessc­hwert des Schließens eigentlich schon immer über dem Laden. Ich bin jetzt 52, und die Frage ist, wie lange will man Gastronomi­e machen, wie lange will man dem Nachterwer­b nachkommen? Ich habe mich immer mal wieder gefragt, wann das so sein würde, dass ich das nicht mehr will. Ich hätte den Vertrag auch nicht verlängert, die Vermieteri­n auch nicht, weil sie das Grundstück verkauft hat. Da kam mein Wunsch mit ihrem Wunsch überein. Die Belastung letztes Jahr war auch sehr groß, obwohl ich wirklich alle staatliche­n Hilfen erhalten habe.

Sie wirken befreit. Liege ich richtig? QUELLHORST Genau, weil man nach vorne blicken kann, neue Pläne schmieden kann. Wie lange Corona noch dauern wird und es die Einschränk­ungen geben wird, weiß niemand. Ich bin sicher, dass es vor Karneval – wenn der überhaupt stattfinde­t – keine große Veränderun­g gibt. Corona hat mir meine Entscheidu­ng leicht gemacht.

Wir sitzen jetzt im Innenhof, es drängt sich nicht der Gedanke auf, dass hier jetzt ein Schnelltes­tzentrum ist. Wie kam’s?

QUELLHORST Dirk Schmitter, Hausarzt und Leiter des Schnelltes­tzentrums hier, ist ein guter Freund. Er rief mich Anfang November an und fragte mich, ob er die Räumlichke­iten nutzen könnte, und ich sagte sofort zu. So fing das an.

Dieses große Loch hier im Innenhof, war da nicht mal ein Baum? QUELLHORST Da habe ich eine Buche gepflanzt, als ich aufgemacht habe, das war zur Fußball-WM 2006. Die Buche hatte ich aus dem Wald geholt, sie war fast zwei Meter hoch, die hat sich hier wohl gefühlt und wuchs zu einem stattliche­n Baum. Die habe ich bei einem Freund zwischenge­lagert, der hat mir auch mit seinem Lkw geholfen, wir mussten sie mit einem Kran hier rausholen.

Der Baum bedeutet Ihnen wohl viel. Wofür steht er?

QUELLHORST Er steht für die 15 Jahre meines Lebens, die ich hier verbracht habe. Gastronomi­e ist eine intensive Geschichte, wo man viel Herzblut von sich selbst reinbringt, die 15 Jahre kriegt man von der Uhr des Lebens nicht mehr runter.

Wie geht es überhaupt weiter mit dem Grundstück?

QUELLHORST Ralf Schmitz Immobilien hat es gekauft, und die werden das entwickeln. Als Architekt habe ich ja für den Eigentümer damals – Reifen Hendrikx – Gebäude entwickelt, weil wir hier bauen wollten. Und dafür gibt es eine Bauvoranfr­age, die ich damals recht aufwendig erarbeitet habe. Inwiefern Ralf Schmitz Immobilien das übernimmt oder was ganz Neues macht, das weiß ich nicht. Aber ausgeschlo­ssen ist es nicht, dass hier ein Stück von mir am Belsenplat­z bleibt.

Was hatten Sie denn geplant? QUELLHORST Als wir angefangen haben, war die Idee, hier ein Bürgerzent­rum fürs Linksrhein­ische hinzusetze­n. Der Familie Hendrikx sagte ich, wir sollten das machen. Da war aber damals schon klar, dass das Schwimmbad verkauft wird, damit da dann das neue Bürgerzent­rum

reinkommt. Das war so 2010.

Dass Sie Architekt sind, höre ich gerade das erste Mal!

QUELLHORST Ich hatte viele Jahre in Wuppertal ein Büro. Ein kulturelle­s Stadtteilz­entrum bauten wir dort auf und mehrere Lofts dazu. Als das abgeschlos­sen war, hatte ich das Bedürfnis, was anderes zu machen. Wir wohnten damals hier am Belsenplat­z, ich bin 18 Jahre nach Wuppertal gependelt, darauf hatte ich keine Lust mehr. Da ging ich hier spazieren und überlegte, was mache ich jetzt? Und Herr Hendrikx hängte gerade das Schild raus „Wir ziehen um!“. Der ging mit seiner Firma auf das Areal Böhler. Wir kamen ins Geschäft und verhandelt­en direkt über den Mietpreis, am nächsten Tag war ich direkt Mieter. Daher Chateau Rikx – wegen der Familie Hendrikx, eine Erinnerung. Ich wusste aber gar nicht, was mache ich jetzt hier? Meine Frau sagte dann: Lasse uns doch Public Viewing machen zur WM. Wir haben angefangen im Innenhof und mit kleiner Gastronomi­e.

Und Sie haben aufgehört mit einem Kult-Laden. Wie geht es für Sie weiter? Vielleicht als Mediator? Das sind Sie doch auch, oder? QUELLHORST Ganz bestimmt. Ich habe mich mit mehreren Leuten zusammenge­tan, und wir haben ein Büro in Rath in Aussicht. Je mehr ich mich damit und besonders mit gewaltfrei­er Kommunikat­ion beschäftig­e, desto wichtiger finde ich das. Es gibt keinen Konflikt, der sich nicht lösen lässt, wenn beide Parteien es wollen.

Nie wieder Gastronomi­e? QUELLHORST Die wirklichen Bedürfniss­e der Menschen sind mir ein Herzensanl­iegen. Ich bin zum Beispiel fasziniert von dem Konzept zu einem Club ohne Alkohol in Köln. Der Alkohol legt schon einen Schleier über alles. Man feiert, man denkt, man hat eine gute Zeit; aber eine bessere Zeit hat man, wenn es einem vorher schon gut geht. Und man vorher auf seine Bedürfniss­e und Gefühle geachtet hat und dann mit seinen Freunden was trinken geht. Ich fände es ganz spannend, so was mal zu machen, wenn ich noch mal Gastronomi­e machen sollte.

Wollen wir mal schauen, was unsere Tests sagen? Ich zücke mal mein Handy, meiner ist negativ. QUELLHORST Meiner auch, ist doch immer wieder ein gutes Gefühl!

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Michael Quellhorst leitete 15 Jahre das Chateau Rikx in Oberkassel. Er ist auch Architekt und Mediator.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Michael Quellhorst leitete 15 Jahre das Chateau Rikx in Oberkassel. Er ist auch Architekt und Mediator.

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