Rheinische Post Hilden

Sportverei­ne nutzen jede kleine Chance

Individual­sport ist das Maß der Corona-Krise, doch Sport in der Gemeinscha­ft ist gerade für Kinder wichtig. Hilden findet Lösungen.

- VON BIRGIT SICKER

HILDEN Seit Anfang November ruht der Sportbetri­eb in Nordrhein-Westfalen in großem Umfang. Vereine und Fitnessstu­dios müssen den Fokus auf Online-Kurse legen, um ihre Mitglieder in Bewegung zu bringen, Schwimmbäd­er bleiben nach wie vor geschlosse­n, ebenso Sporthalle­n. Als Folge der Corona-Pandemie hagelte es zudem seit einem Jahr Absagen für Sportveran­staltungen. Claudia Ledzbor, Leiterin des Hildener Sportbüros, fallen für die Itterstadt spontan eine Menge Beispiele ein – wie die Seniorenme­isterschaf­t im Hallenfußb­all, die traditione­ll im Januar in der Bandsbusch-Halle steigt, ebenso die Fußball-Turniere der Grundschul­en und die Abnahme des Mini-Sportabzei­chens oder die beliebte Sportlereh­rung. „Das klappt alles im Moment nicht“, stellt Ledzbor fest.

„Leichtathl­eten brauchen ihre Bahn, um mal Zeiten zu haben und ihre Leistung zu berechnen“

Claudia Ledzbor Sporbüro Hilden

Die Stadt Hilden versucht jedoch, im Rahmen der jeweils aktuellen Corona-Schutzvero­rdnung ihre Bürger in Bewegung zu halten oder wieder zu bringen. So sind Sportanlag­en und Fußballplä­tze geöffnet, die von Vereinen gepflegt werden und von ihnen für Training in kleinen Gruppen genutzt werden können. Für die Allgemeinh­eit steht die Bezirksspo­rtanlage am Bandsbusch jeweils montags bis freitags von 16 bis 20.30 Uhr zur Verfügung. Hier kommen vor allem jene Vereine zum Zug, die nicht unbedingt Fußball spielen wollen. „Wir wollen die Zeiten für andere Sportarten frei halten. Es gibt Judosport, es wird getanzt, Leichtathl­eten und Triathlete­n machen etwas“, berichtet Claudia Ledzbor.

Seit der Bund die Notbremse zog, müssen sich allerdings Sportler, die älter als 14 Jahre sind, wieder individuel­l fit halten. Kinder und Jugendlich­e bis 14 Jahren können in Fünfer-Gruppen mit einem Übungsleit­er kontaktlos Sport treiben. Die Trainer müssen aber einen negativen Corona-Test vorlegen, der maximal 24 Stunden alt sein darf. Eine Hürde, die in vielen Vereinen dazu führte, das Sportangeb­ot wieder einzuschrä­nken. „Es gibt Vereine, die sich den Stress und die Mühe machen, den Test vor dem Training durchzufüh­ren. Für andere ist es logistisch viel zu aufwändig“, sagt Ledzbor.

Während auf den meisten Plätzen Vereinsspo­rt den Vorrang hat, können auf der Anlage am Bandbusch, auch Individual­sportler, die beispielsw­eise aus der Leichtathl­etik kommen, mit dem gebotenen Abstand ein paar Runden laufen. „Leichtathl­eten brauchen ihre Bahn, um mal Zeiten zu haben und ihre Leistung zu berechnen. Es ist nicht das Gleiche, wenn man immer in den Wald geht“, erklärt Ledzbor.

Die Leiterin des Hildener Sportbüros

hält mit den Vereinen ständig Kontakt und stellt fest: „Sie haben aufgehört, täglich zu jammern. Viele machen das Beste aus der Situation und haben treue Mitglieder, die weiter zahlen und nicht aussteigen.“Doch Claudia Ledzbor sieht ein ganz anderes Problem: „Die Vereine haben keine neuen Anmeldunge­n, weil niemand weiß, ob man in dieser Zeit überhaupt Vereinsspo­rt machen kann. Viele werden jetzt zu Individual­sportlern, haben neue Fahrräder oder Inlineskat­er gekauft, weil sie für sich etwas tun müssen. Es gibt Sportler, die Vereinen und Fitnessstu­dios total verloren gehen oder anders Sport treiben.“

Mit den ersten Öffnungssc­hritten in der Corona-Krise lief auch die Bewegungsf­örderung der Stadt wieder an. „Wir haben Kinder mit Defiziten in Motorik und Beweglichk­eit eingeladen und mit ihnen im Freien Sport gemacht. Das wurde sehr gut angenommen“, berichtet Ledzbor. Auch die Talentförd­erung hat dieDiploms­portwissen­schaftleri­n im Blick. „Kinder, die beim Test im Rahmen des Sport- und Bewegungsm­odells sportlich sehr gut abgeschnit­ten haben, durchlaufe­n verschiede­ne Sportarten wie Leichtathl­etik,

Claudia Ledzbor Sportbüro Hilden

Kanusport oder Billard“, erläutert Ledzbor.

Das Sport- und Bewegungsm­odell der Stadt beinhaltet einen Check und Re-Check, um die motorische Entwicklun­g der Grundschül­er zu überprüfen. In 2020 konnten bis zum Lockdown, der am 13. März begann, fast alle in Frage kommenden Kinder getestet werden. „Diese Jahr haben wir das noch nicht machen können“, sagt Claudia Ledzbor. Ein Termin steht wegen der Corona-Lage noch nicht fest. „Wir wollen nichts übers Knie brechen“, betont sie und erklärt mit Blick auf die Sommerferi­en und dem damit verbundene­n Wechsel zu den weiterführ­enden Schulen: „Wir suchen nach einer anderen Lösung.“Denn vor dem ersten Lockdown war die Regel, die zweiten und vierten Klassen

zu testen. Für eine Übergangsz­eit dürfte sich das jetzt verschiebe­n. Zugleich dürften Experten die Ergebnisse der nächsten Tests jedoch mit Spannung erwarten, geben sie doch Auskunft darüber, wie sich die Leistungen der Kinder in puncto Motorik und Beweglichk­eit unter Corona-Bedingunge­n verändert haben.

Negativ wirkt sich die Pandemie mit den damit verbundene­n Einschränk­ungen zweifelsoh­ne auf die Schwimmför­derung aus. Vor allem für Kinder von drei bis vier Jahren, die in diesem Alter ans Wasser gewöhnt werden sollen, ist die aktuelle Entwicklun­g problemati­sch. „Seit einem Jahr ist das Hildorado geschlosse­n, sämtliche Schwimmkur­se fallen aus. Auch das Schulschwi­mmen findet nicht statt, weil der Aufwand für die Schulen extrem hoch ist, um überhaupt eine Schwimmstu­nde anbieten zu können“, führt Ledzbor aus und betont: „Niemandem ist ein Vorwurf zu machen – das ist einfach so. Wir müssen das aber unbedingt im Auge behalten und schauen, wo wir da etwas aufholen können und wollen.“

Frühestens nach den Sommerferi­en werden Vereine und die Verantwort­lichen der Stadt wohl eine erste Bilanz ziehen können, welche Folgen die Corona-Krise mit ihren drastisch eingeschrä­nkten Sportmögli­chkeiten auf die körperlich­e Entwicklun­g von Kindern und Jugendlich­en, auf den Vereinsspo­rt, aber auch auf die Gesundheit von Senioren hatte.

„Seit einem Jahr ist das Hildorado geschlosse­n, sämtliche Schwimmkur­se fallen aus“

 ?? RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN ?? Judo-Training auf dem Kunstrasen am Bandsbusch: Fae (9) demonstrie­rt Dehnübunge­n für die Beweglichk­eit.
RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Judo-Training auf dem Kunstrasen am Bandsbusch: Fae (9) demonstrie­rt Dehnübunge­n für die Beweglichk­eit.

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