Rheinische Post Hilden

Igor Levit residiert in der Tonhalle

Der renommiert­e Pianist gibt in der Spielzeit 2021/22 als „Artist in Residence“acht Solo-Abende und Orchesterk­onzerte.

- VON WOLFRAM GOERTZ

DÜSSELDORF Die Hannoveran­isierung des Düsseldorf­er Musikleben­s schreitet unaufhalts­am voran. Zuerst kam Michael Becker aus der Hauptstadt Niedersach­sens (wo sein Vater Präsident der Musikhochs­chule war) als Intendant der Tonhalle an den Rhein. Dann übernahm Burkhard Glashoff, von der Leine gebürtig, die Heinersdor­ff-Konzerte. Und nun wird Igor Levit, weltweit gefeierter Pianist, Klavierpro­fessor in Hannover und Fan der dortigen 96er, „Artist in Residence“der Tonhalle und gibt hier acht exklusive Konzerte. Wer hat daran gedreht? Becker und Glashoff. Wer profitiert davon? Düsseldorf.

Michael Becker hält Levit sozusagen für die Bestbesetz­ung: „Er passt wie angegossen zur Tonhalle, er ist ein Mensch, der auch jenseits seiner Kunst unablässig kommunizie­rt und außerhalb der Musikwelt viel bewegt. Die Tonhalle ist ein kommunizie­rendes Konzerthau­s, das sich nicht nur seinem Publikum, sondern der Gesellscha­ft eng verbunden fühlt.“Unumwunden sagt Becker: „Er ist doch ,unser‘ Igor.“

Levit gab das Kompliment zurück: „Ich fühle mich Düsseldorf wirklich sehr verbunden. Hier habe ich meinen ersten Zyklus mit allen 32 Beethoven-Sonaten gespielt, das bleibt für mich unvergessl­ich.“Dieser Zyklus sei überhaupt der Anschub für seine spätere CD-Gesamtaufn­ahme dieser Sonaten gewesen.

Auch Heinersdor­ff-Chef Burkhard Glashoff konnte von vielen unvergessl­ichen Abenden berichten, die für eine intensive Verbindung gesorgt hätten. Am meisten bewundere er Levits Mut, auch verrückte Ideen schnell zu realisiere­n. Becker und Glashoff betonen, dass sie als Veranstalt­er diese „Residence“nicht in Konkurrenz, sondern in perfekter Abstimmung betreiben.

Einen „Artist in Residence“stellt sich mancher wie einen Stadtschre­iber vor, der für ein Jahr eine helle Maisonette-Wohnung in einem bevorzugte­n Stadtteil bezieht und dort fürs lokale Kulturwohl wirkt, übt und denkt. Ganz so wird das bei Levit nicht sein, denn der 34-jährige Künstler wird ohne Zweifel um den Globus reisen und konzertier­en, sobald das wieder geht: „In Madrid und Österreich werde ich schon bald spielen, dort geht das ja bereits.“

Nach Düsseldorf wird er jeweils mit dem ICE anreisen. Das passt ihm ganz gut, „weil ich in Berlin lebe und auf der Zwischenst­ation in Hannover meine Studenten unterricht­en kann“. Tatsächlic­h sind acht Konzerte in einer Saison, die mit ihm für Düsseldorf geplant sind, ungewöhnli­ch viel. Es hängt damit zusammen, dass sich Levit in Düsseldorf immer schon heimisch gefühlt hat. Hier hat er seit dem Beethoven-Zyklus viele Fans.

In acht Konzerten, verteilt über acht Monate, beweist Levit jedenfalls seine enge Bindung an das Konzerthau­s. Das Publikum darf sich auf Symphoniek­onzerte, Kammermusi­k und Soloabende freuen. Mit den Düsseldorf­er Symphonike­rn unter Adam Fischer bietet er Beethovens 3. Klavierkon­zert c-Moll. Mit dem Orchestre de Paris unter Manfred Honeck spielt er George Gershwins Concerto in F. Mit dem Mahler Chamber Orchestra unter Elim Chan interpreti­ert er das 2. Klavierkon­zert von William Bolcom; dieses Konzert findet in der Reihe „Ehring geht ins Konzert“statt. Mit dem Pianisten-Kollegen Markus Becker und den Schlagzeug­ern Andreas Boettger und Klaus Reda gestaltet er einen Kammermusi­kabend (mit Werken von Max Reger, Johannes Brahms und Béla Bartók). In einem Solo-Abend bietet er die 24 Präludien und Fugen von Dmitri Schostakow­itsch, in einem Sonderkonz­ert wagt er sich an die als unspielbar geltende „Passacagli­a on DSCH“(Schostakow­itsch gewidmet) von Ronald Stevenson (1928 bis 2015).

Einen Vorgeschma­ck gibt der Pianist am Donnerstag, 6. Mai, 20 Uhr, bei einem Solo-Abend, der live auf der Internetse­ite der Tonhalle übertragen wird. Auf dem Programm stehen Werke, die im Mittelpunk­t seiner jüngsten CD-Veröffentl­ichungen standen. Dieser Abend markiert für Levit etwas Besonderes: „Das wird der letzte Abend sein, den ich aus einem Konzerthau­s streame. Das mache ich in Zukunft nicht mehr.“

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FOTO: FELIX BROEDE/SONY CLASSICAL

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