Rheinische Post Hilden

Mit 25 Jahren Präses der Evangelisc­hen Kirche

Die EKD-Synode hat die Studentin Anna-Nicole Heinrich mit großer Mehrheit in das höchste Laienamt gewählt. Sie folgt auf die 79-jährige Irmgard Schwaetzer.

- VON BENJAMIN LASSIWE

DÜSSELDORF Es ist ein echter Paukenschl­ag: Die Synode der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d (EKD) hat die 25-jährige Regensburg­er Studentin Anna-Nicole Heinrich in das Amt der Präses gewählt. Sie folgt damit auf die 79-jährige frühere Bundesmini­sterin Irmgards Schwaetzer, die das einer Parlaments­präsidenti­n entspreche­nde, höchste Laienamt des deutschen Protestant­ismus seit 2013 innehatte und der neuen Synode nicht mehr angehört. „Wie verdammt mutig ist eine Kirche, die eine junge Frau in so ein Amt wählt“, sagte Heinrich nach ihrer Wahl.

Tatsächlic­h allerdings hatte die Regensburg­erin bereits reichlich Gelegenhei­ten, die EKD von ihren

Fähigkeite­n zu überzeugen: Schon in der letzten Legislatur­periode der Synode gehörte sie als Jugenddele­gierte ohne Stimmrecht dem Kirchenpar­lament an. Und es ist maßgeblich auf den Einsatz Heinrichs und der übrigen Jugenddele­gierten zurückzufü­hren, dass es dieses Amt heute nicht mehr gibt: Aus den Jugenddele­gierten wurden reguläre Synodale. Mehr als 20 der 126 Kirchenpar­lamentarie­r sind heute unter 27 Jahre alt. Engagiert war Heinrich in der letzten Legislatur­periode im Z-Team, das das jüngste Zukunftspa­pier der EKD entwickelt­e. Die Regensburg­erin organisier­te einen „Hackathon“– oder wie es der EKD-Ratsvorsit­zende Heinrich Bedford-Strohm ausdrückte, einen „digitalen Ideenwettb­ewerb“zur Zukunft

der Kirche.

Bemerkensw­ert dabei ist: Aufgewachs­en ist Heinrich in einer nicht-christlich­en Familie, die nach der Wende von Thüringen nach Bayern gezogen war. Zum Glauben kam sie durch den Religionsu­nterricht an der Grundschul­e, als Kind ließ sie sich aus eigener Entscheidu­ng taufen. „Meine Mutter hat sich damals mittaufen lassen, aber nie wirklich Halt gefunden“, sagt Heinrich. Ältere Gemeindemi­tglieder hätten sie damals zum Gottesdien­st abgeholt, über die Jugendarbe­it sei sie in die Kirche hineingewa­chsen.

Mit der deutlichen Mehrheit von 75 von 126 abgegebene­n Stimmen zustande gekommenen Wahl von Heinrich lässt sich die EKD trotzdem auf ein gewisses Wagnis ein. In der Vergangenh­eit waren es vor allem Politikeri­nnen und Politiker, die von der Synode, dem Kirchenpar­lament der EKD, in das Amt des oder der Präses, also der Parlaments­präsidenti­n, gewählt wurden. Vor Schwaetzer waren das etwa die Fraktionsv­orsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, oder der frühere Bundesmini­ster Jürgen Schmude (SPD). Von ihrer öffentlich­en Bekannthei­t konnte die Kirche profitiere­n. Zudem brachten sie ihre politische Erfahrung mit, wenn es darum ging, etwa die Anliegen der Synode im Rat der EKD, dem die Präses als geborenes Mitglied angehört, zu vertreten.

Heinrich dagegen verdient sich das Geld für ihr Studium mit einer 20-Stunden-Stelle als studentisc­he Hilfskraft an einem Lehrstuhl für katholisch­e Theologie in Regensburg. Der im Herbst aus dem Amt scheidende EKD-Ratsvorsit­zende Bedford-Strohm zeigte sich am Samstag dennoch begeistert. „Anna-Nicole Heinrich gehört zu den jungen Menschen, die konstrukti­ve und wirklich frischen Wind in die Kirche bringende Impulse hatten“, sagte er. „Es ist genau der Geist, den ich mir für die Zukunft vorstelle, dass heute eine 25jährige zur Präses der Synode gewählt worden ist.“

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FOTO: TINO LEX/EPD Die Studentin Anna-Nicole Heinrich aus Regensburg.

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