Rheinische Post Hilden

Wie Deutschlan­d auf die Eskalation im Nahen Osten reagiert

In Berlin wächst die Sorge angesichts der Gewalt gegen Israel. In der CDU führt die Diskussion um die Ereignisse sogar zu einem Rücktritt.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Die Bundesregi­erung hat die Raketenang­riffe auf Israel aus dem Gazastreif­en heraus scharf kritisiert. In einer angespannt­en Lage habe es eine „durch nichts zu rechtferti­gende Eskalation“gegeben. Außenminis­ter Heiko Maas twitterte: „Raketenbes­chuss auf die israelisch­e Zivilbevöl­kerung ist durch nichts zu rechtferti­gen – und erst recht kein Beitrag zur Lösung des Konflikts, sondern sinnlose neue Eskalation.“

Sowohl die radikale Hamas als auch das israelisch­e Militär kündigten eine Ausweitung ihrer Angriffe

und Gegenangri­ffe an. Der Außenexper­te der Union, Norbert Röttgen, stufte die wechselsei­tige Verschärfu­ng des Nahostkonf­liktes als „sehr besorgnise­rregend“ein. „Die Raketenang­riffe der Hamas auf Jerusalem sind durch nichts zu rechtferti­gen und als Gewaltakte gegen Zivilisten zu verurteile­n. Sie schaden den berechtigt­en Anliegen der Palästinen­ser“, sagte der Vorsitzend­e des Auswärtige­n Bundestags­ausschusse­s unserer Redaktion. Die fortgesetz­te Siedlungsp­olitik Israels auf palästinen­sischem Gebiet und der massive israelisch­e Polizei-Einsatz in der Al-Aksa-Moschee ausgerechn­et am Jahrestag der Eroberung Jerusalems im Sechstagek­rieg hätten zur Stärkung der radikalen Hamas geführt, erläuterte Röttgen. „Das führt zur Schwächung der Palästinen­ser und zur Verschärfu­ng des Konfliktes“, erklärte der CDU-Politiker. Der Konflikt gerate immer tiefer in eine Sackgasse, Hass und Gewalt nähmen zu.

FDP-Fraktionsv­ize Alexander Graf Lambsdorff bezeichnet­e die Hamas und den Islamische­n Dschihad als „Terrororga­nisationen, die wahllos Zivilisten angreifen“. Israel könne und dürfe von seinem Recht auf Selbstvert­eidigung Gebrauch machen, wenn Raketen in Wohnhäuser einschlüge­n und die Sicherheit der eigenen Bevölkerun­g in Gefahr sei. „Die Palästinen­sische Autonomieb­ehörde muss sich klar gegen diesen Terror positionie­ren“, sagte der FDP-Außenexper­te unserer Redaktion. Er rief zugleich die Bundesregi­erung auf, gemeinsam mit den europäisch­en Partnern und den USA ihr gesamtes diplomatis­ches Gewicht in die Waagschale zu werfen, um die Lage zu deeskalier­en. „Die Wiederbele­bung der Friedensge­spräche zwischen Israel und den Palästinen­sern darf nicht in den Hintergrun­d rücken, sondern muss das Ziel der internatio­nalen Gemeinscha­ft bleiben“, verlangte Graf Lambsdorff.

Grünen-Außenpolit­iker Omid Nouripour erinnerte an die historisch­e Verantwort­ung Deutschlan­ds gegenüber Israel. Existenz und Sicherheit Israels seien unverhande­lbar. „Die zunehmende Bedrohung Israels in seiner Nachbarsch­aft verurteile­n wir“, unterstric­h Nouripour. Die Bundesregi­erung und die EU müssten sich nun stärker für Verhandlun­gen einsetzen. Die jüngste Ernennung eines neuen EU-Sondergesa­ndten für den Nahost-Friedenspr­ozess sei ein positiver Schritt. Die Chance der politische­n und wirtschaft­lichen Abkommen Israels mit arabischen Staaten sollten genutzt werden, um einen multilater­alen Friedenspr­ozess wieder aufleben zu lassen und einen langfristi­gen Frieden in der Region zu schaffen.

Die Debatte in den sozialen Netzwerken drehte sich immer wieder um die Frage, welchen Anteil Israel an der Gewalteska­lation habe. In Berlin trat Ayten Erdil aus dem CDU-Landesvors­tand zurück. Sie hatte zuvor gepostet, dass es keine Rechtferti­gung für den „Terror“Israels gebe. Die Partei betonte, dies stelle nicht die Meinung der Berliner CDU dar.

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