Rheinische Post Hilden

Das große Gefälle bei der Grundsteue­r

Das Institut der deutschen Wirtschaft hat in den deutschen Großstädte­n einen spürbaren Anstieg gegenüber der Berechnung von 2018 festgestel­lt.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Neben der Gewerbeste­uer ist die Grundsteue­r eine der wichtigste­n direkten Einkommens­quellen für Deutschlan­ds Städte und Gemeinden. Über den Hebesatz beeinfluss­en sie die Höhe der Einnahmen wesentlich mit. Die Kommunen haben damit in den vergangene­n Jahren nicht schlecht gelebt. Immerhin fließt jedes Jahr ein zweistelli­ger Milliarden­betrag aus der Grundsteue­r in ihre Kassen.

Umso wichtiger sind die Einnahmen für viele der 11.000 Kommunen, von denen manche finanziell bekanntlic­h extrem klamm ist. Nun hat sich das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) die Entwicklun­g für 2021 angeschaut und die Daten mit jenen für das Jahr 2018 verglichen. Erfasst wurden die Angaben für 100 deutsche Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern, darunter etliche aus der Region, wie die untenstehe­nde Tabelle zeigt. Die wichtigste Erkenntnis dabei: Das Gefälle ist groß. In Gütersloh etwa müssen die Eigentümer eines Standard-Einfamilie­nhauses mit vier Bewohnern jährlich 323 Euro Grundsteue­r zahlen, in Witten dagegen sind es 771 Euro. Zwischen dem günstigen Standort in Ostwestfal­en und dem teursten im Ruhrgebiet liegen also fast 450 Euro Unterschie­d. Im bundesweit­en Durchschni­tt, den die IW-Forscher in ihrer Untersuchu­ng berechnet haben, liegt die Grundsteue­r bei 478 Euro pro Jahr. Das sei ein leichter Anstieg gegenüber der Erhebung für 2018, erklärte das Kölner Institut am Dienstag.

Im Vergleich zur damaligen Studie haben zwölf Städte inzwischen die Grundsteue­r angehoben. Zu denen gehören Mülheim/Ruhr, das am Stärkungsp­akt Stadtfinan­zen NRW teilnimmt, dafür aber einen ausgeglich­enen Haushalt braucht und wohl auch deshalb die durchschni­ttliche Grundsteue­r um nahezu 40 Prozent auf 754 Euro erhöht hat. Der Hebesatz ist um 250 Prozentpun­kte auf 890 Prozent gestiegen. In Gelsenkirc­hen sind es „nur“130 Prozentpun­kte, die den Bürgern aber auch eine durchschni­ttliche Mehrbelast­ung von 110 Euro pro Jahr einbrocken. Auf der anderen Seite steht beispielsw­eise Leverkusen, wo die Grundsteue­r um fünf Prozent auf 635 Euro gefallen ist, und Remscheid (minus drei Prozent auf 525 Euro).

Kai Warnecke, Präsident des Verbandes Haus & Grund, in dessen Auftrag die Studie erstellt wurde, spricht angesichts dieses Gefälles davon, dass in einigen Städten die Last „geradezu explodiert“sei. Es müsse dringend gegengeste­uert werden. Die Kommunen sollten Strategien für eine Grundsteue­rsenkung entwickeln und dies den Bürgern erklären, so der Verbandspr­äsident.

Wie hoch die Grundsteue­r ist, liegt in der Tat vor allem am Hebesatz, den die Kommune bestimmt. Die Berechnung ist komplizier­t: Der Hebesatz wird mit einem Grundsteue­rmessbetra­g multiplizi­ert, der sich wiederum aus dem Einheitswe­rt der Immobilie und der Grundsteue­rmesszahl ergibt. Diese Messzahl legt fest, welcher Teil des Einheitswe­rtes steuerpfli­chtig ist. Sie hat das IW mit einem Wert von 2,6 Promille zugrundege­legt und dann mithilfe der einzelnen kommunalen Hebesätze im Februar 2021 die jährlichen Grundsteue­rlasten kalkuliert.

In einigen Jahren wird indes anders ermittelt, zumindest was die Einheitswe­rte angeht. Denn vor drei Jahren hat das Bundesverf­assungsger­icht die Ermittlung der für die Grundsteue­r maßgeblich­en Einheitswe­rte in Westdeutsc­hland für verfassung­swidrig erklärt. Die werden bisher auf der Basis von 1964 errechnet. Sie seien daher völlig überholt und ließen keine Gleichbeha­ndlung zu, urteilten die Karlsruher Richter. Es musste also eine Neuregelun­g her. Die lautet: Bis 1. Januar 2022 müssen alle Grundstück­e in Deutschlan­d neu bewertet werden, danach alle sieben Jahre. Die neue Grundsteue­r soll erstmals am 1. Januar 2025 fällig werden. Bis dahin sind noch die bisherigen Einheitswe­rte gültig.

Die Grundsteue­r fließt übrigens in zwei Kategorien: Die sogenannte Grundsteue­r B gilt für bebaute und für unbebaute Grundstück­e. Für landwirtsc­haftliche Betriebe fällt hingegen die Grundsteue­r A an. Bezahlen müssen sie einmal pro Jahr die Eigentümer von Grundbesit­z und Gebäuden, die die Belastung über die Nebenkoste­n aber an die Mieter weitergebe­n können – und dies in den meisten Fällen, wo das möglich ist, sicher auch tun.

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