Über 300 Altlasten-Flächen in Hilden
183 sind so genannte Verdachtsflächen. Die Altlasten sind häufig Erbe der industriellen Vergangenheit. Einige können aufwendig saniert werden, andere werden versiegelt und eingeschlossen. Altlasten werden von Kreis Mettmann in einem differenzierten Katast
HILDEN Dafür hatten sich vor allem Fabrikanten und Unternehmer eingesetzt. Hilden bekam am 19. November 1874 einen eigenen Bahnhof und damit Anschluss an den Fortschritt. Das war entscheidend für die weitere Entwicklung vom Dorf zur Stadt (1861 Stadtrechte). Die Industrialisierung brachten viele Menschen in Lohn und Brot. Sie hatte aber auch ihre Schattenseiten – die Belastung von Luft, Boden und Wasser mit Schadstoffen.
Die Luft ist inzwischen relativ sauber. In Boden und Wasser gibt es in Hilden aber noch mehr als 300 Altlasten-Flächen. Einige kennt man und hat sie untersucht, andere sind so genannte Verdachtsflächen. Bei jedem größeren Tiefbau-Projekt muss jeder Bauplatz heute auf Altlasten untersucht werden. Der Kreis Mettmann führt ein Kataster, in dem alle verzeichnet sind.
In Hilden gibt es eine ganze Reihe von Beispielen für ein Verhalten, das früher üblich war und heute große Probleme bereit. Bei der „rheinischen Fruchtfolge“wurde erst ausgekiest, dann die Grube mit Müll und Abfällen verfüllt und anschließend bebaut – und drei Mal Profit gemacht.
Der Sportplatz Weidenweg mit Umkleiden und Jugendzentrum steht auf einer ehemaligen Kiesgrube, die mit Hausmüll verfüllt wurde. Die Deponie wurde so abgedichtet, dass kein Wasser eindringen und Schadstoffe ins Grundwasser schwemmen kann. Eine massive Bodenplatte schützt die heutigen Nutzer gegen die Schadstoffe, die immer noch im Boden liegen. Auf dem Gelände Lehmkuhler Weg/Richrather Straße sollten in den 1980er Jahren eigentlich Mehrfamilienhäuser entstehen. Das verhinderte eine Altast im Boden. Für Wohnen war das Areal nicht mehr geeignet. Stattdessen wurde dort ein Einkaufszentrum gebaut.
Anderes Beispiel: Die Targo Versicherungen und das benachbarte Finanzamt Hilden an der Hofstraße stehen auf dem Gelände der ehemaligen Stückfärberei Schlieper & Laag. Sie musste 1983 schließen. Der Boden war jedoch mit Chlorkohlenwasserstoffen stark belastet. Deshalb kaufte die städtische Grundstücksgesellschaft Hilden mbH (GKA) 1983 das Areal und installierte eine Grundwasser-Reingungsanlage. Sie sollte die Belastung an dieser Stelle von rund 1000 Mikrogramm chlorierte Kohlenwasserstoffe pro Liter auf erlaubte 25 Mikrogramm reduzieren. Durch die Sanierung der Altlast konnten die alten Industrie-Brachen neu genutzt werden.
Eine Grundwasser-Sanierung ist möglich, aber häufig aufwendig und langwierig. Das zeigt ein anderes Beispiel. Leichtflüchtige Chlorierte Kohlenwasserstoffe (FCKW) belasten das Hildener Grundwasser an der Stadtgrenze zu Düsseldorf-Benrath durchschnittlich mit 200 bis 300 Mikrogramm pro Liter, punktuell mit bis zu 500 Mikrogramm. Das ist seit den 1990er Jahren bekannt.
FCKW wurde früher in der Industrie häufig als Lösungsmittel für die Entfettung von Metallteilen eingesetzt. Was man damals nicht wusste: Leichtflüchtige Chlorierte
Kohlenwasserstoffe zerstören die Ozonschicht, die uns auf der Erde vor gesundheitsschädlicher Strahlung schützt. Und sie gerieten allzu leicht sogar durch intakte Betonböden und Kanalwände hindurch in den Boden und in das Grundwasser.
Das fließt vom Bergischen Land Richtung Rhein. Es nahm die Schadstoffe auf und transportierte sie von Hilden bis nach Benrath. Die Verursacher und Eintragstellen konnten nach bis zu 30 Jahren nur noch schwer und unvollständig ermittelt werden.
2003 entschieden der Kreis Mettmann
und die Stadt Düsseldorf nach einer Vielzahl von Untersuchungen, die Sanierung gemeinsam anzugehen. Das schien auch geboten. Die FCKW-Fahne im Grundwasser ist rund 800 Meter breit und bis zu 3000 Meter lang.
Seit 2010 steht an der Reisholzstraße in Hilden eine Brunnen- und Reinigungsanlage. Eine Galerie aus insgesamt zwölf Brunnen fördert das belastete Grundwasser und pumpt bis zu 160.000 Liter pro Stunde in ein Rohrnetz. Das transportiert es zu einer Anlage, die das LCKW mit Hilfe von Aktivkohle herausfiltert. Danach hat das Grundwasser Trinkwasserqualität. Die Stadt Düsseldorf hat in Benrath eine ähnliche Anlage in Betrieb.
Bereits seit zehn Jahren wird der Schadstoff aus dem Grundwasser gefiltert. Mit Erfolg: Die Belastung ist im Schnitt um 85 Prozent gesunken. Wie lange noch gepumpt werden muss, ist offen. Die geschätzten Sanierungskosten betragen für den Kreis Mettmann rund 4,5 Millionen Euro. Die Reinigungsanlage holt auch Perfluorierte Tenside (PFT) aus dem Grundwasser, erläutert das Umweltamt des Kreises Mettmann. Im Hildener Westen gibt es auch eine Belastung mit PFT. Die synthetisch hergestellten Stoffe sind giftig, nicht abbaubar und stehen im Verdacht, krebserregend zu sein.