NRW richtet sich auf schwere Unwetter ein
Am Freitag kann es heftig gewittern, vereinzelt können sich Tornados bilden. Das Innenministerium hat eine Landeslage eingerichtet.
DÜSSELDORF Gegen 14 Uhr bricht die erste Gewitterfront am Donnerstagnachmittag über weite Teile des Niederrheins herein. Die Wolkendecke verfinstert sich; es blitzt und donnert, es regnet stark, vereinzelt gibt es Windböen. Die Gewitter ziehen aber vergleichsweise schnell über das Land; örtlich haben sie sich bereits nach wenigen Minuten wieder verzogen. Aus Sicherheitsgründen wird in Düsseldorf der Wildpark geschlossen und in Krefeld eine Flüchtlingsunterkunft evakuiert. Der Airport in der Landeshauptstadt stellt kurzzeitig den Flugbetrieb ein. Menschen werden landesweit gebeten, Parks und Wälder zu meiden. Mancherorts sind Bäume umgeknickt und haben Bahnstrecken blockiert – etwa auf der S-Bahn-Linie zwischen Düsseldorf und Köln. Zwischen Düsseldorf und Leverkusen stürzt ein Baum auf die NordSüd-Hauptstrecke. Dort werde ein Teil der Strecke schnell wieder freigegeben werden, so ein Bahnsprecher. Die Störung der S-Bahn-Linie 6 zwischen Düsseldorf und Köln könne länger dauern.
In Köln lösen heftiger Regen, Orkanböen und Hagel etwa 100 Einsätze der Feuerwehr aus: Es gibt vollgelaufene Keller, lose Dachziegel und Gerüste, abgebrochene Äste sowie umgestürzte Bäume auf Straßen und Bahngleisen. In Longerich sei ein Kran auf ein Haus gestürzt, so die Feuerwehr. Verletzt wird dabei niemand.
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) rechnet am Freitag jedoch mit deutlich stärkeren Unwettern, die im gesamten Bundesland auftreten könnten. Die Menschen müssten mit heftigen Regenschauern und Hagel rechnen. Laut DWD sind sogar vereinzelte Tornados möglich. Mancherorts bleiben die Schulen deswegen geschlossen.
Das NRW-Innenministerium hat am Donnerstag um 14.45 Uhr per Erlass eine sogenannte Landeslage eingerichtet, mit der die Kreise und kreisfreien Städte für das bevorstehende Sturmtief sensibilisiert wurden. „Sie sind zudem aufgefordert, alle witterungsbedingten Einsätze zwischen dem 19. Mai um 14 Uhr und dem 21. Mai um 8 Uhr an das NRW-Innenministerium zu melden und ab Donnerstagabend ab 20 Uhr in regelmäßigen Abständen Bericht zu erstatten“, erklärte ein Sprecher des Innenministeriums auf Anfrage. Die Bezirksregierungen seien zudem sensibilisiert und die Katastrophenschutzund Wasserwirtschaftsdezernate gebeten worden, sich auszutauschen.
Das NRW-Innenministerium ist nach eigenen Angaben bereits seit Mittwochnachmittag mit dem DWD im ständigen Austausch. „In mehreren Telefon- und Videoschalten haben wir uns mit dem Umweltministerium und dem Landesamt für Natur, Umwelt, Klima und Verbraucherschutz sowie dem DWD zu dessen Aussagen und Gefahreneinschätzungen ausgetauscht“, teilte der Sprecher mit. Ob, wo und wann Tornados auftreten könnten, lasse sich noch nicht vorhersagen. „Wir können nur kurzfristig vor einem Tornado warnen, etwa fünf bis 60 Minuten vorher“, erklärte der Tornado-Experte Andreas Friedrich vom DWD. Sehe man eine schwarze Wand auf sich zukommen, sollte man schnell Schutz in fensterlosen Innenräumen oder Kellern suchen.
Wie das NRW-Umweltministerium auf Anfrage mitteilte, deuten die Prognosen des Hochwasservorhersagemodells
derzeit in den Einzugsgebieten von Erft und Rur (und deren Zuflüssen) bereits auf einen beginnenden Anstieg der Wasserstände hin. „Der Schwerpunkt mit rasch ansteigenden Pegeln wird jedoch für den Zeitraum ab Freitagmorgen erwartet“, so der Sprecher des Umweltministeriums. Insgesamt würden bei den aktuellen Hochwasservorhersagen wegen der großen Unterschiede in den Niederschlagsvorhersagen jedoch noch hohe Unsicherheiten bestehen.
Der Grund für die Gewitterlage ist eine warme und zunehmend sehr feuchte Luftmasse, die mit einer südwestlichen Strömung nach NRW geführt wird. Nach DWD-Angaben erreicht die Lage am Freitag mit dem Durchzug eines Gewittertiefs ihren Höhepunkt. Wie bereits am Vortag könnte es zu schweren Sturmböen, Hagel und heftigem Starkregen mit bis zu 40 Litern pro Quadratmetern kommen. Die Niederschlagswerte während der Flutkatastrophe 2021 seien aber deutlich höher gewesen, so ein Meteorologe. Damals habe es sich um einen „DauerregenZustand gehandelt, der eine extrem große Fläche eingenommen hat“.
Grundsätzlich gibt es bei den kommunalen Feuerwehren der Städte und Gemeinden Einsatzpläne für den Ernstfall. Sofern die Einsatzlagen Gemeindegrenzen überschreiten oder aber kreisintern ein erhöhter Koordinierungsbedarf besteht, sind laut Innenministerium zunächst die Kreise für die Gefahrenabwehr zuständig. „Wenn die eigenen kommunalen Kräfte auf dieser Ebene nicht mehr ausreichen, wird die sogenannte gegenseitige überörtliche Hilfe eingesetzt“, heißt es. Im äußersten Notfall koordiniert das Innenministerium die landesweite Hilfe und führt weitere Kräfte zu – zur Not auch aus anderen Bundesländern.
Gewitter und Starkregen können auch für Autofahrer gefährlich werden. Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) rät, in den betroffenen Regionen auf nicht unbedingt notwendige Autofahrten zu verzichten. (mit dpa)