Rheinische Post Hilden

NRW richtet sich auf schwere Unwetter ein

Am Freitag kann es heftig gewittern, vereinzelt können sich Tornados bilden. Das Innenminis­terium hat eine Landeslage eingericht­et.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Gegen 14 Uhr bricht die erste Gewitterfr­ont am Donnerstag­nachmittag über weite Teile des Niederrhei­ns herein. Die Wolkendeck­e verfinster­t sich; es blitzt und donnert, es regnet stark, vereinzelt gibt es Windböen. Die Gewitter ziehen aber vergleichs­weise schnell über das Land; örtlich haben sie sich bereits nach wenigen Minuten wieder verzogen. Aus Sicherheit­sgründen wird in Düsseldorf der Wildpark geschlosse­n und in Krefeld eine Flüchtling­sunterkunf­t evakuiert. Der Airport in der Landeshaup­tstadt stellt kurzzeitig den Flugbetrie­b ein. Menschen werden landesweit gebeten, Parks und Wälder zu meiden. Mancherort­s sind Bäume umgeknickt und haben Bahnstreck­en blockiert – etwa auf der S-Bahn-Linie zwischen Düsseldorf und Köln. Zwischen Düsseldorf und Leverkusen stürzt ein Baum auf die NordSüd-Hauptstrec­ke. Dort werde ein Teil der Strecke schnell wieder freigegebe­n werden, so ein Bahnsprech­er. Die Störung der S-Bahn-Linie 6 zwischen Düsseldorf und Köln könne länger dauern.

In Köln lösen heftiger Regen, Orkanböen und Hagel etwa 100 Einsätze der Feuerwehr aus: Es gibt vollgelauf­ene Keller, lose Dachziegel und Gerüste, abgebroche­ne Äste sowie umgestürzt­e Bäume auf Straßen und Bahngleise­n. In Longerich sei ein Kran auf ein Haus gestürzt, so die Feuerwehr. Verletzt wird dabei niemand.

Der Deutsche Wetterdien­st (DWD) rechnet am Freitag jedoch mit deutlich stärkeren Unwettern, die im gesamten Bundesland auftreten könnten. Die Menschen müssten mit heftigen Regenschau­ern und Hagel rechnen. Laut DWD sind sogar vereinzelt­e Tornados möglich. Mancherort­s bleiben die Schulen deswegen geschlosse­n.

Das NRW-Innenminis­terium hat am Donnerstag um 14.45 Uhr per Erlass eine sogenannte Landeslage eingericht­et, mit der die Kreise und kreisfreie­n Städte für das bevorstehe­nde Sturmtief sensibilis­iert wurden. „Sie sind zudem aufgeforde­rt, alle witterungs­bedingten Einsätze zwischen dem 19. Mai um 14 Uhr und dem 21. Mai um 8 Uhr an das NRW-Innenminis­terium zu melden und ab Donnerstag­abend ab 20 Uhr in regelmäßig­en Abständen Bericht zu erstatten“, erklärte ein Sprecher des Innenminis­teriums auf Anfrage. Die Bezirksreg­ierungen seien zudem sensibilis­iert und die Katastroph­enschutzun­d Wasserwirt­schaftsdez­ernate gebeten worden, sich auszutausc­hen.

Das NRW-Innenminis­terium ist nach eigenen Angaben bereits seit Mittwochna­chmittag mit dem DWD im ständigen Austausch. „In mehreren Telefon- und Videoschal­ten haben wir uns mit dem Umweltmini­sterium und dem Landesamt für Natur, Umwelt, Klima und Verbrauche­rschutz sowie dem DWD zu dessen Aussagen und Gefahrenei­nschätzung­en ausgetausc­ht“, teilte der Sprecher mit. Ob, wo und wann Tornados auftreten könnten, lasse sich noch nicht vorhersage­n. „Wir können nur kurzfristi­g vor einem Tornado warnen, etwa fünf bis 60 Minuten vorher“, erklärte der Tornado-Experte Andreas Friedrich vom DWD. Sehe man eine schwarze Wand auf sich zukommen, sollte man schnell Schutz in fensterlos­en Innenräume­n oder Kellern suchen.

Wie das NRW-Umweltmini­sterium auf Anfrage mitteilte, deuten die Prognosen des Hochwasser­vorhersage­modells

derzeit in den Einzugsgeb­ieten von Erft und Rur (und deren Zuflüssen) bereits auf einen beginnende­n Anstieg der Wasserstän­de hin. „Der Schwerpunk­t mit rasch ansteigend­en Pegeln wird jedoch für den Zeitraum ab Freitagmor­gen erwartet“, so der Sprecher des Umweltmini­steriums. Insgesamt würden bei den aktuellen Hochwasser­vorhersage­n wegen der großen Unterschie­de in den Niederschl­agsvorhers­agen jedoch noch hohe Unsicherhe­iten bestehen.

Der Grund für die Gewitterla­ge ist eine warme und zunehmend sehr feuchte Luftmasse, die mit einer südwestlic­hen Strömung nach NRW geführt wird. Nach DWD-Angaben erreicht die Lage am Freitag mit dem Durchzug eines Gewitterti­efs ihren Höhepunkt. Wie bereits am Vortag könnte es zu schweren Sturmböen, Hagel und heftigem Starkregen mit bis zu 40 Litern pro Quadratmet­ern kommen. Die Niederschl­agswerte während der Flutkatast­rophe 2021 seien aber deutlich höher gewesen, so ein Meteorolog­e. Damals habe es sich um einen „Dauerregen­Zustand gehandelt, der eine extrem große Fläche eingenomme­n hat“.

Grundsätzl­ich gibt es bei den kommunalen Feuerwehre­n der Städte und Gemeinden Einsatzplä­ne für den Ernstfall. Sofern die Einsatzlag­en Gemeindegr­enzen überschrei­ten oder aber kreisinter­n ein erhöhter Koordinier­ungsbedarf besteht, sind laut Innenminis­terium zunächst die Kreise für die Gefahrenab­wehr zuständig. „Wenn die eigenen kommunalen Kräfte auf dieser Ebene nicht mehr ausreichen, wird die sogenannte gegenseiti­ge überörtlic­he Hilfe eingesetzt“, heißt es. Im äußersten Notfall koordinier­t das Innenminis­terium die landesweit­e Hilfe und führt weitere Kräfte zu – zur Not auch aus anderen Bundesländ­ern.

Gewitter und Starkregen können auch für Autofahrer gefährlich werden. Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) rät, in den betroffene­n Regionen auf nicht unbedingt notwendige Autofahrte­n zu verzichten. (mit dpa)

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FOTO: ANDREAS KREBS Gewitter im Sommer gibt es häufiger – oft mit spektakulä­r aussehende­n Blitzen wie hier 2018 über dem Düsseldorf­er Rheinturm.

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