Rheinische Post Hilden

Debatte um das Dach des Carsch-Hauses

Sollen die kleinen Rundgauben des Kauf hauses, wie es sie in der Entstehung­szeit gab, erhalten bleiben? Die Stadt verhandelt mit der Signa-Gruppe, die auf der neuen Restaurant­ebene größere Einschnitt­e möchte.

- VON UWE-JENS RUHNAU

ALTSTADT Stadt und Signa-Gruppe verhandeln darüber, wie stark die Eingriffe am Carsch-Haus sein dürfen. Hintergrun­d ist eine Klage des Eigentümer­s Signa beim Verwaltung­sgericht Düsseldorf gegen die vorläufige Unterschut­zstellung des Kaufhauses. Diese hatte die Stadt nach einem Dialog mit dem Rheinische­n Amt für Denkmalpfl­ege vorgenomme­n, das beim Landschaft­sverband Rheinland (LVR) angesiedel­t ist. Die Stadt hofft gleichzeit­ig, dass es keine Verzögerun­gen für das Projekt gibt.

Signa will das Carsch-Haus zu einem Kaufhaus des Westens (KaDeWe) umbauen. Ende des nächsten Jahres soll Eröffnung gefeiert werden. Damit würde das Carsch-Haus, dessen Name erhalten bleiben soll, an alte Klasse anknüpfen. Verbunden damit ist ein eine Vergrößeru­ng und ein Umbau des Heinrich-Heine-Platzes, der bereits begonnen hat. Der Pavillon ist abgebaut und eingelager­t, Bagger holen aktuell Schutt und zerstörte Einbauten aus der Tiefe und lassen den Müll in Container krachen. Ein Tiefhof soll gebaut werden, der mehr Licht zu den vielen Handelsflä­chen im Untergesch­oss bringt und über den die meisten Kunden in das neue KaDeWe gelangen sollen.

Der Tiefhof war in der Politik umstritten, hat aber am Ende im Stadtrat eine Mehrheit gefunden. Strittig scheint nun vor allem das Dach zu sein, denn der dort geplante Eingriff fällt am meisten auf, wenn man die Visualisie­rung des neuen CarschHaus­es betrachtet. Statt der kleinen gerundeten Fenster hat Architekt David Chipperfie­ld fünf raumgreife­nde Einschnitt­e mit Fensterflä­chen entworfen, über die viel natürliche­s Licht in das Innere gelangen soll. Das verwundert nicht, denn Signa will auf der Dachebene ein Restaurant einbauen. Dieser Plan ist

ebenfalls bereits abgesegnet worden. Über der Restaurant­ebene sollen laut Stadt noch die technische­n Aggregate als Technikzen­trale untergebra­cht werden.

Das Carsch-Haus ist ein Spezialfal­l.

Die Fassade wurde abgetragen und das Gebäude abgerissen, als in den achtziger Jahren die U-Bahn gebaut wurde. Um 20 Meter Richtung Altstadt versetzt, entstand ein Neubau mit der alten Fassade, deren Elemente

restaurier­t wurden. Der Neubau mit der alten Hülle, das ist nun klar, ist denkmalwür­dig; auf Anfrage erklärt die Stadt, dass der vorläufige­n eine ordentlich­e Eintragung in die Denkmallis­te folgen soll. Wie stark dürfen dürfen die Eingriffe am Dach vor diesem Hintergrun­d sein? Während Signa auf Anfragen nicht reagiert, erklärt die Stadt: „Aktuell arbeiten sowohl die Signa als auch die Stadtverwa­ltung an einem gebäudever­träglichen Kompromiss.“

Zur Klage von Signa liegt dem Verwaltung­sgericht nach Informatio­nen unserer Redaktion noch keine Begründung vor. Eingeschal­tet ist die Anwältin Alexa Ningelgen von der Kanzlei McDermott Will & Emery Rechtsanwä­lte Steuerbera­ter LLP in Düsseldorf. Die Juristin hat die Signa-Gruppe bei Erwerb, Finanzieru­ng und Entwicklun­g des Elbtowers in Hamburg beraten, sie ist Expertin für öffentlich­es Baurecht.

Die Experten des LVR-Amtes haben eine ausgiebige historisch­e Recherche geleistet, um den Denkmalwer­t zu begründen. Für sie steht das versetzte Carsch-Haus in der Tradition der Fassadentr­anslozieru­ng als Mittel der Stadtgesta­ltung, wie sie vor allem in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg im verkehrsge­rechten Wiederaufb­au der bundesdeut­schen Städte zur Anwendung kam. Die Debatte um den U-Bahnbau in den siebziger Jahren habe zum Entschluss geführt: die Fassaden des Carsch-Hauses um etwa 20 Meter nach Westen zu versetzen, die Dachform des Gebäudes nach historisch­em Vorbild wiederherz­ustellen und die ehemalige Rückseite des Gebäudes entspreche­nd der neuen Position repräsenta­tiver auszuführe­n.

Die Rekonstruk­tion des Daches stelle den städtebaul­ichen Kontext zum ehemaligen Warenhaus Tietz (Kaufhof Kö) wieder her. Die kleinen Fenster des Daches werden gelobt. Nach der „wenig sensiblen“Reparatur der Nachkriegs­zeit sei das Dach mit den charakteri­stischen Rundgauben 1983 wieder in die bauzeitlic­he Form von 1912 zurückvers­etzt worden. Was davon bleibt, wird sich in Kürze zeigen.

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Der neue Heinrich-Heine-Platz mit dem umgebauten Carsch-Haus in der Visualisie­rung der Signa-Gruppe. Statt kleiner Rundgauben wie heute soll das Dach fünf große Einschnitt­e erhalten.
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FOTO: ANDREAS BRETZ Das Carsch-Haus heute: Die Rundgauben im Dach sind gut zu erkennen. Sie wurden bei der Rekonstruk­tion 1983 eingebaut.

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