Rheinische Post Kleve

Kleve: Durch Fensterspa­lt ein Leben gerettet

- VON PETER JANSSEN

KLEVE Die 51-jährige Claudia Reinders*, Mitarbeite­rin des Klever Amtsgerich­t, hatte gerade Dienstschl­uss. Als sie über den Parkplatz an der Klever Schwanenbu­rg lief, bemerkte sie ein schreiende­s Kind im Auto. Ein 18 Monate alter Junge war von seinen Eltern, 33 und 28 Jahre, auf dem Parkplatz unterhalb der Schwanenbu­rg im Fahrzeug zurückgela­ssen worden (die RP berichtete gestern). Die Familie, die in Emmerich-Elten wohnt, war zusammen mit dem dreijährig­en Bruder zum Eisessen in die Klever Innenstadt gegangen. Dabei ließen sie das Kleinkind schlafend in ihrem Mercedes zurück. 32 Grad betrug zu dem Zeitpunkt die Außentempe­ratur. Der Junge war auf der Fahrt nach Kleve eingeschla­fen, und die Eltern wollten ihn nicht wecken.

Claudia Reinders war geschockt als sie vor dem Auto stand: „Es war fürchterli­ch. Hinter der Fenstersch­eibe schrie ein völlig aufgelöste­s Kind nach seiner Mutter. Das Fahrzeug stand in der prallen Sonne, da war weit und breit kein Schatten.“Zunächst versuchte die 51-Jährige gemeinsam mit einer Kollegin eine Tür zu öffnen, was ihnen nicht gelang. Bei dem Vorhaben lösten sie die Alarmanlag­e aus. Durch das Signal kam eine weitere Passantin zur Hilfe (siehe auch Interview). Die 29jährige Julia Weyers war es, die das Kind aus dem überhitzte­n Auto befreite. „Die Fenstersch­eiben waren ein Stück nach unten gedreht. So konnte ich durch einen Spalt greifen und die Türe öffnen“, sagt sie.

Während die Mitarbeite­rin des Amtsgerich­ts Polizei und Rettungsdi­enst alarmierte, kümmerte sich Julia Weyers um den Kleinen. Die Polizei geht davon aus, dass der Junge 30 Minuten eingeschlo­ssen in dem Fahrzeug war. Die Eltern hatten die Parkscheib­e auf 16 Uhr gestellt, gegen 16.45 Uhr war der Krankenwag­en vor Ort. Die Rettungskr­äfte brachten das dehydriert­e und extrem gerötete Kind ins Klever Krankenhau­s, wo es eine Nacht bleiben musste. Nach der Abschlussu­ntersuchun­g konnte der Junge gestern um die Mittagszei­t das Krankenhau­s wieder verlassen. „Man kann von Glück reden, dass das Kind durch sein Schreien noch auf sich aufmerksam machen konnte und nicht kollabiert ist“, sagt Polizeispr­echer Manfred Jacobi.

Die Eltern hatten offenbar in der Eisdiele erfahren, dass es auf dem Parkplatz zu einem Zwischenfa­ll mit einem Kind gekommen war. Als

Manfred Jacobi sie zu ihrem Fahrzeug kamen, brach die Mutter in Tränen aus. Der Vater erklärte, dass man aufgrund der Witterung doch extra die Fenster einen Spalt geöffnet habe.

Erschrecke­nd für Claudia Reinders war, wie andere Passanten auf die Schreie reagierten. „Da sind etli- che Leute an dem Auto vorbeigela­ufen, ohne sich um den Jungen zu kümmern“, sagt sie. Die Nacht verbrachte­n die Eltern zusammen mit ihrem Sohn im Krankenhau­s. Als er entlassen wurde, nahmen zwei Mitarbeite­r des Emmericher Jugendamts die Familie in Empfang. Die Sozialarbe­iter werden sich in der nächsten Zeit intensiv um sie kümmern.

Die Polizei hat ein Verfahren Anzeige wegen Körperverl­etzung eingeleite­t.

*Name von der Redaktion geändert

„Man kann von Glück reden, dass das Kind nicht kollabiert ist“

Polizeispr­echer

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