Konsequent
Ich liebe die Türkei, ihre Gastfreundschaft, die Kultur, das Land. Ich bin mit Türken aufgewachsen, habe türkische Freunde, Bekannte. Ich kenne die Türkei seit drei Jahrzehnten und bin an mehr Orten gewesen als mancher meiner türkischen Bekannten. Deshalb berührt mich die gegenwärtige Diskussion sehr. In der aktuellen Situation um die Auftrittsverbote türkischer Politiker glaube ich ganz sicher, dass unsere Demokratie und Meinungsfreiheit diese bedenkliche Demonstration eines nationalistischen Interesses zum Aufbau einer Präsidialmacht aushalten könnte, frage mich aber trotzdem, ob ich eine Abkehr von demokratischen Grundsätzen und populistische, in einer fremden Sprache abgehaltene Wahlkampfveranstaltung aushalten muss. Ganz sicher bin ich mir in Einem: Wäre ich ein Deutsch-Türke oder in Deutschland lebender Türke, der das System Erdogan für erstrebensund unterstützenswert hält, dann wäre ich so konsequent und arbeite Erdogan führt sich wie ein schlecht erzogenes, eigensinniges Kind auf. Dabei ist es doch mittels Satellitentechnik sehr einfach, seine „Landsleute“in anderen Ländern per TV zu informieren. Dazu bedarf es keiner Wahlveranstaltungen außerhalb der Türkei, die zudem nach Art. 94/A des türkischen Wahlgesetzes nicht zulässig sind. Der ganze Zirkus soll dazu dienen, sich selbst als Opfer darzustellen und die Mehrheit der Türken hinter sich zu versammeln. Er mag damit die Abstimmung zu seinen Gunsten beeinflussen, dieser Erfolg stünde jedoch in keinem Verhältnis zum außenpolitischen Schaden, den er bereits jetzt mit der Herabwürdigung anderer Länder verursacht hat. Roman Heuer per Mail