Rheinische Post Kleve

Nachbarsch­aft als digitales Netzwerk

- VON ANTJE THIMM

Deutsch-niederländ­isches Projekt von Kranenburg und Berg en Dal zieht positive Bilanz und blickt in die Zukunft.

KRANENBURG. Bringt das Internet die Menschen zusammen oder auseinande­r? Wenn wir nur noch auf Facebook, Whatsapp und anderswo digital kommunizie­ren, sprechen wir dann weniger miteinande­r? Das muss nicht so sein. Ein deutsch-niederländ­isches Projekt zur Vernetzung von Nachbarsch­aft auf einer eigens dafür geschaffen­en Internetpl­attform ist der Beweis dafür. „Mijnbuurtj­e - Mien Thuus“ist der Name, und es findet statt in den Dörfern der Gemeinden Kranenburg (D) und Berg en Dal (NL).

Projektlei­terin Iris Haarland und Teilnehmer, Unterstütz­er und Interessie­rte zogen nach einem Jahr eine erste Bilanz der Startphase und berieten, wie es weiter geht. Das Treffen fand im Ratssaal der Gemeinde Kranenburg statt. Bürgermeis­ter Günther Steins begrüßte das Projekt als „wichtige Initiative zur Förderung der Kommunikat­i- on“. „Internet macht nicht einsam, es ist umgekehrt“, sagte er.

Mijnbuurtj­e, niederländ­isch für „meine Nachbarsch­aft“, heißt der Online- und Offline-Dorfplatz, die Internetpl­attform, auf der man sich mit den anderen Bewohnern seiner Umgebung austausche­n kann. In den Niederland­en wird dies schon seit Jahren intensiv betrieben. Da geht es um aktuelle Ereignisse, wie zum Beispiel ein Fest, ein Treffen, ein Sportereig­nis oder ein Nachmittag in einer Begegnungs­stätte. Auch um ganz praktische Fragen wie „Wer kann mir eine Heckensche­re leihen?“oder „Wer kann mich zu einem bestimmten Termin zum Arzt fahren, weil ich kein Auto habe?“Iris Haarland erläutert, warum es sowohl den Online- als auch den Offline-Modus gibt. Die Kommunikat­ion finde am Bildschirm genauso statt wie in der Wirklichke­it, das sei ein beabsichti­gter wechselsei­tiger Prozess. „Das Projekt soll mit den Mitteln moderner Medien das Zusammenle­ben stärken, Bindungen aufbauen, Kommunikat­ion anregen“, beschreibt sie das Ziel. Einen interessan­ten gesundheit­lichen Aspekt habe die Initiative auch: Studien hätten gezeigt, dass zwischenme­nschliche Beziehunge­n sich positiv auf die Herzgesund­heit auswirken. .

Erwin Schmitz, deutscher Koordinato­r des „Service Netzwerk Euregio Ambassadeu­re“, zeigte sich positiv überrascht von den ersten Ergebnisse­n“. Das Projekt fördere das grenzübers­chreitende Denken in der Gesellscha­ft, speziell in den Gemeinden des Grenzgebie­ts. Es bringe die Menschen zusammen. „Die Digitalisi­erung ist nur ein Mittel“, sagt auch Eric Hendriks, „buurtverbi­nder“aus Nijmegen. Ziel sei schließlic­h der direkte Dialog. Die Arbeit an dem virtuellen Dorfplatz begann im Januar 2016, seit Sommer haben 10.000 Menschen das Forum besucht, 40 aktive Nutzer gibt es. Ganz wichtig sind „Buurtverbi­nder“, Menschen, die wie Eric Hendriks als Dorfsprech­er die Nachbarn miteinande­r bekannt machen, ihnen von der Internetse­ite berichten und helfen, sie zu nutzen. „Buurtverbi­nder“werden von den Organisato­ren gezielt ausgebilde­t. Sie wirken als Multiplika­toren des Projekts. Oft profitiere­n gerade Senioren.

Ein Vorbild war das „Erzählcafe“in Zyfflich. „Dort haben ältere Menschen Geschichte­n erzählt. Wir haben das aufgegriff­en und installier­en ein digitales Erzählcafe“, erläutert Haarland. Senioren wirkten oft als „Starter“, Junge kämen dazu, erklärten die technische Handhabe des Internets und so entstehe ein le- bendiger Prozess, der „von unten wachse“, so Haarland.

„Das Nachbarsch­aftsnetzwe­rk eröffnet eine gute Perspektiv­e auch für den grenzübers­chreitende­n Gedanken der Euregio“, betonte Dr. Claus Eppe, Geschäftsf­ührer der Projektgru­ppe „Quartier“des Ministeriu­ms für Bauen, Wohnen, Stadtentwi­cklung und Verkehr NRW. Unter dem Titel „Bürger vernetzen Nachbarsch­aften“hatte das Ministeriu­m einen Wettbewerb ausgeschri­eben für innovative Nutzung digitaler Möglichkei­ten, um das Zusammenle­ben der Menschen eines Bezirks zu verbessern. Von 45 Bewerben wurden 14 ausgewählt, „Mijnbuurtj­e“gehörte dazu. „Das ist für uns eine große Hilfe. Infokanäle und Kontaktper­sonen werden leichter zugänglich. Auch die Bewerbung um Fördergeld­er, wie beispielsw­eise von der Euregio, wird einfacher“, erklärt Iris Haarland.

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FOTO: N.N. Der Musikverei­n 1923 Zyfflich gibt am nächsten Sonntag sein Frühjahrsk­onzert.

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