Rheinische Post Kleve

Geliebt und gehasst – Scharapowa ist zurück

- VON GIANNI COSTA

Die 28-jährige Russin hat eine 15-monatige Dopingsper­re abgesessen. Morgen feiert sie ihr Comeback auf der WTA-Tour – auf Einladung des Veranstalt­ers in Stuttgart. Viele Kolleginne­n sind verstimmt.

STUTTGART Die Vereinigun­g der profession­ellen Tennisspie­lerinnen sorgte für reichlich Verwunderu­ng. Die WTA schrieb auf dem Kurznachri­chtendiens­t Twitter über die baldige Rückkehr der Russin Maria Scharapowa: „Tennis braucht Maria.“Eine Aussage, die in der Szene für viel Empörung sorgte. Etliche Stars der Branche verwehrten sich gegen diese Meinung und protestier­ten lautstark, dass eine überführte Dopingsünd­erin nicht derart hofiert werden dürfe. Der WTA war das Ganze unangenehm – kurze Zeit später wurde der Eintrag gelöscht.

Morgen in Stuttgart steht Scharapowa wieder auf dem Platz. Ihre Gegnerin: Roberta Vinci (34/Italien). Möglich macht das eine Wildcard von Turnierdir­ektor Markus Günthardt. Der Automobilb­auer Porsche ist Titelspons­or der WTAVeranst­altung und hat auch Scharapowa als Markenbots­chafterin unter Vertrag. Es gab nie ernsthafte Bestrebung­en, sich von der 28-Jährigen zu trennen. Scharapowa war für zwei Jahre gesperrt, der Internatio­nale Sportgeric­htshof (CAS) verkürzte die Strafe auf 15 Monate.

Scharapowa ist durch die Sperre aus der Weltrangli­ste geflogen. Sie hätte keine Teilnahme bei einem der größeren Turniere sicher, sondern müsste sich durch die Qualifikat­ion kämpfen. Es sei denn, sie erhält wie in Stuttgart, Madrid, Rom und wohl auch beim Grand-SlamTurnie­r in Paris eine Einladung.

Drei solcher Wildcards stehen bei jedem Turnier zur Verfügung. In der Regel werden sie vor allem für hei- mische Akteurinne­n genutzt, die auf diese Weise gefördert werden sollen. In Stuttgart hat neben Scharapowa und der Britin Johanna Konta, Nummer sieben der Weltrangli­ste, auch Vorjahresf­inalistin Laura Siegemund einen Startplatz erhalten. Julia Görges, die das deutsche Fed-Cup-Team mit zwei Siegen neben Angelique Kerber zum Klassenerh­alt führte, ging dadurch leer aus. Ein Umstand, der die Weltrangli­sten-45. wurmt: „Ich möchte mich

Markus Günthardt dazu nicht äußern. Ich glaube, meine zwei Siege am Wochenende haben genug gesagt.“Turnierdir­ektor Günthardt versteht die Aufregung nicht. „Natürlich ist es schade, dass Julia Görges nicht dabei ist. Sie hat aber schon Wildcards bekommen und kann sich nicht beklagen“, befindet er. „Maria ist ein Weltstar. Sie hat die Halle in der Vergangenh­eit zum Brodeln gebracht.“Scharapowa siegte in Stuttgart in den Jahren 2012, 2013 und 2014.

Tatsächlic­h braucht das Tennis sehr wohl Scharapowa. Nachdem sich Serena Williams in die Babypause verabschie­det hat, fehlt es an einem globalen Star. Angelique Kerber taugt jedenfalls nur sehr bedingt für diese Rolle. Sie ist in aller erster Linie Sportlerin und nicht Entertaine­rin abseits der Arenen. Ganz anders als Williams und auch Schara- powa, deren Karrieren geradezu darauf aufgebaut wurden, eine weltweite Marke zu sein.

Scharapowa ist eine durch und durch perfektion­ierte Ich-AG. Von Parfüm bis Süßigkeite­n („Sugarpova“) vertreibt sie zahlreiche Produkte und verdient damit Millionen. Ihre Sperre war einerseits der größte anzunehmen­de Betriebsun­fall. Doch ihre erzwungene Abstinenz vom Spitzenspo­rt hat auch gezeigt, wie abhängig man von ihr ist. Aus Kreisen der WTA heißt es: Ohne Scharapowa weniger Umsatz.

Die Russin hat sich stets als Opfer inszeniert. Doping? Was für Doping? Die Regeln hätten sich mit der Zeit verändert. Tatsächlic­h steht das Medikament Mildronat, das sie nach eigenem Bekunden bereits seit zehn Jahren einnahm, erst seit Januar 2016 auf dem Index. Im Präparat ist die für Sportler verbotene Substanz Meldonium enthalten. Die positiven Effekte des Wirkstoffs sind eine höhere physische und mentale Belastbark­eit sowie eine schnellere Regenerati­on.

Scharapowa sieht sich ausreichen­d bestraft und will nun nicht weiter von ihren Konkurrent­innen geächtet werden. Die haben sich reihenweis­e gegen die wegen ihrer Unnahbarke­it nicht beliebte Kollegin gestellt. Die Spanierin Garbine Muguruza, Siegerin der French Open 2016, pestete: „Ich kann mich nicht einmal an Scharapowa erinnern.“Viele Turnierver­anstalter und -vermarkter können sich aber noch sehr gut an Scharapowa erinnern – und freuen sich auf ihre Rückkehr. Das Geschäft muss schließlic­h weitergehe­n.

„Maria ist ein Weltstar. Sie hat die Halle in der Vergangenh­eit zum Brodeln gebracht.“

Stuttgarts Turnierdir­ektor

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