Rheinische Post Kleve

Große Rochade bei der SPD

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Vier Monate vor der Bundestags­wahl muss die SPD die Posten des

Ministerpr­äsidenten von Mecklenbur­g-Vorpommern, des Generalsek­retärs und der Bundesfami­lienminist­erin neu besetzen.

Erwin Sellering die Parteizent­rale gut kennt, einen Wahlkampf steuern kann und so aus dem Stand in der Lage ist, den Job von Barley zu übernehmen. Schulz nannte Heil eine „ganz ausgezeich­nete Verstärkun­g in diesem Wahlkampf“.

Vertreter des linken Parteiflüg­els zeigen sich hingegen von der Personalie regelrecht schockiert. Heil gehört in der Bundestags­fraktion zur Gruppe der Netzwerker und kann damit weder dem rechten noch dem linken Flügel zugerechne­t werden. Dennoch vertritt er aus Sicht der Parteilink­en aber eine eher konservati­ve und wirtschaft­sfreundlic­he Linie. Er ist auch deswegen umstritten, weil er als Mann eine Frau in dem strategisc­h wichtigen Amt ersetzt. Schulz kennt die Bedenken gegen Heil. Sigmar Gabriel hatte Heil auch schon auf dem Zettel, als das Wirtschaft­sministeri­um mit seinem Wechsel ins Außenamt neu besetzt werden musste. Die Bedenken gegen Heil in der Fraktion aber waren zu groß. Nun hebt Schulz Heils Qua-

Manuela Schwesig

Katarina Barley litäten hervor: „Was wir brauchen in der SPD, ist die Mobilisier­ung unserer Basis, und da ist Hubertus Heil ein sehr erfahrener Mann.“

Schon kursieren die ersten Verschwöru­ngstheorie­n in der Partei: Ex-Parteichef Sigmar Gabriel habe sich offensicht­lich für Heil eingesetzt. Nicht nur, weil Gabriel wie Heil Niedersach­se ist. Ihm sei Barley seit der desaströse­n Niederlage in NRW ein Dorn im Auge gewesen. Der Generalsek­retärin wurde immer weniger zugetraut, dass sie den

Hubertus Heil Bundestags­wahlkampf wirklich managen kann. Zwischenze­itlich gab es den Versuch, den früheren Wahlkampfm­anager und heutigen Staatssekr­etär Matthias Machnig als Leiter des Wahlkampft­eams zu reaktivier­en. Der aber winkte ab. Dennoch habe Gabriel bei Schulz durchsetze­n wollen, dass Barley ihren Hut nehmen muss, berichten Insider. Schulz habe das bisher verhindert und Barley vehement gegen Gabriels Kritik verteidigt, hieß es gestern aus der Fraktion.

So drängt sich der Eindruck auf, das Ausscheide­n von Schwesig sei – so zynisch das angesichts Sellerings schwerer Krankheit klingt – ein willkommen­er Anlass gewesen, Barley wegzuloben. Parteistra­tegen wollen diese Interpreta­tion nicht gelten lassen. Familienpo­litik sei eines der zentralen Felder des SPD-Wahlkampfe­s, sagt einer aus Schulz’ Wahlkampft­eam. Dass man das Ministeriu­m mit einer Kämpfernat­ur besetzen müsse, sei daher klar. Aber stimmt das wirklich? Schwesig, die ihren Posten als Partei-Vizechefin behält, wird im Wahlkampf sicherlich weiterhin in der Familienpo­litik mitmischen. Barley hingegen kann in der auslaufend­en Legislatur im Ministeriu­m nichts mehr bewegen. Und wäre sie tatsächlic­h eine so grandiose und unumstritt­ene Generalsek­retärin, wie Strategen gestern glauben machen wollten, hätte sich wohl auch eine andere Besetzung für das Ministeriu­m finden lassen.

Der Wechsel im Willy-BrandtHaus trifft die SPD in einem sensiblen Moment. Der Auftrieb in Partei und Umfragen, den die Nominierun­g von Schulz zum Kanzlerkan­didaten erzeugte, ist nahezu verpufft. In den Umfragewer­ten steht die SPD kaum besser da als zu Gabriels Zeiten. Auch die alten Mechanisme­n der Selbstzerf­leischung kehren zurück.

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