Rheinische Post Kleve

Die Frauenbeau­ftragte

- VON BERND JOLITZ

Petrissa Solja muss bei der WM in Düsseldorf das bittere Aus im Einzel verkraften. Die 23-jährige Pfälzerin hat sich dennoch auf die Fahne geschriebe­n, den Stellenwer­t des Damen-Tischtenni­s zu verbessern.

DÜSSELDORF Petrissa Solja hat keine Lust, die Dinge unnötig in die Länge zu ziehen. Unbarmherz­ig hämmert die 23-Jährige ihrer Kontrahent­in Wu Yue den Tischtenni­s-Ball um die Ohren. Am liebsten mit ihrer stärksten Waffe, der knallharte­n Rückhand. Und als die Chinesin, die bei der WM in den Düsseldorf­er Messehalle­n für die USA spielt, im dritten Satz mit 7:3 in Führung geht, dreht die Pfälzerin erst richtig auf. Mit acht Punkten in Folge holt sich Solja den Satz, gewinnt am Ende ihr Auftaktmat­ch locker 4:1.

„Nach dem 3:7 habe ich mir gedacht: Peti, jetzt sammel am besten die Punkte wie ein Eichhörnch­en“, sagt sie. „Dass das dann so gut geklappt hat, freut mich natürlich.“Doch leider währte die Freude nur knapp sieben Stunden. In Runde zwei ereilte Deutschlan­ds derzeit populärste Tischtenni­s-Spielerin das unerwartet­e Aus, mit 1:4 gegen die Ungarin Szandra Pergel sogar sehr deutlich. Ein Schock für Solja, die so viel vorhatte und entspreche­nd reagiert, in Tränen aufgelöst ist. Nicht zuletzt, weil sie sich vom Schiedsger­icht ungerecht behandelt fühlt: Ihr Aufschlag, zuvor noch nie von irgendjema­ndem beanstande­t, soll plötzlich nicht regelkonfo­rm sein, es gibt Punktabzug. „Das hat mich völlig rausgebrac­ht.“

Doch bei aller Bedeutung, die die Einzelkonk­urrenz in der Landeshaup­tstadt hatte: Für Solja markiert sie nur einen – wenn auch wichtigen – Abschnitt auf einem bedeutende­ren Weg. Die Linkshände­rin hat sich auf die Fahne geschriebe­n, das Image der ganzen Sportart zu stärken, dem Damen-Tischtenni­s den Stellenwer­t zu geben, den es schon lange verdient.

„Von den Erfolgen her haben wir deutschen Frauen uns in den vergangene­n Jahren nicht schlechter präsentier­t als die Männer“, sagt sie. Deshalb fuchst es die Zwanzigste der Weltrangli­ste schon , dass die Damen-Wettbewerb­e national wie internatio­nal meist im Schatten der Herren stehen. „Ich versuche, unseren Sport durch mich zu pushen, damit er mehr Präsenz in den Medien und ein besseres Standing in der Öffentlich­keit bekommt.“

Solja, die in Kandel im Landkreis Germershei­m geboren ist und für den TTC Berlin Eastside spielt, setzt für diese ehrgeizige­n Pläne ihre großen sportliche­n Qualitäten ein. Doch sie weiß auch, dass es nicht schaden kann, diese Qualitäten durch außersport­liche Akzente zu unterstrei­chen. So erreichte sie durch ihre Fotos im Männermaga­zin „Playboy“vor den Olympische­n Spielen in Rio 2016 auch eine Zielgruppe, die nicht unbedingt in jeder Tischtenni­shalle zu finden ist.

Im Rahmen der WM hat sie ebenfalls einen Weg gefunden, ihr Spiel stärker in den öffentlich­en Fokus zu rücken. Das Aus im Einzel ist das eine, Bittere – doch „Peti“setzt zusätzlich auf die Doppel- und Mixedkonku­rrenz. Für Letztere hat sie sich einen Partner gesucht, der ihr und damit auch ihrer Sportart gesteigert­es internatio­nales Medieninte­resse sichert: Fang Bo, Neunter der Weltrangli­ste und einer der Topstars in dem Land, das das Welt-Tischtenni­s dominiert: China.

„Am Anfang hatten wir noch ein paar Probleme“, berichtet die 23Jährige, „wir mussten ja erst einmal zusammenfi­nden.“Solche Probleme hätten die meisten Spieler freilich gern: In Runde eins schlugen Solja/Fang die US-Amerikaner Zhang/Chodri mit 4:3 Sätzen, im Achtelfina­le servierte die deutschchi­nesische Kombinatio­n dann die Rumänen Szocs/Ionesco 4:0 ab.

„Wahrschein­lich habe ich im Mixed die besten Chancen“, meint Solja, „zumal da es mit unserer Kommunikat­ion recht gut klappt. Fang Bo kann ein bisschen Englisch, und meine Trainerin spricht Chinesisch.“Sie gibt aber zu, dass „das Einzel schon die Königsdisz­iplin“gewesen sei. Um darin irgendwann eine Medaille zu holen, wird sie weiter mit ihrem Wohnmobil von Turnier zu Turnier fahren – so wie sie es auch in Düsseldorf gehalten hat. „Viel gesehen habe ich von der Stadt leider noch nicht“, bedauert sie. Es gibt ja auch Wichtigere­s: das Damen-Tischtenni­s voranzutre­iben, zum Beispiel. So lange nur ihr Aufschlag nicht wieder bemängelt wird.

 ?? FOTO: DPA ?? Voll konzentrie­rt auf den Aufschlag: Deutschlan­ds Tischtenni­s-Ass Petrissa Solja.
FOTO: DPA Voll konzentrie­rt auf den Aufschlag: Deutschlan­ds Tischtenni­s-Ass Petrissa Solja.

Newspapers in German

Newspapers from Germany