Rheinische Post Kleve

Mehr Hilfe für die Kommunen – aber wo?

- VON LUDWIG KRAUSE

Die Steuereinn­ahmen sprudeln, doch bei vielen Kommunen kommt davon kaum etwas an, klagt der Städtetag. Bundeskanz­lerin Angela Merkel hat mehr Hilfe versproche­n – aber wo ist die nötig? Wir haben nachgefrag­t.

KLEVERLAND Lange muss Stefan Jaspers nicht suchen. Der Kämmerer der Stadt Kalkar ruft nur das Kommunalin­vestitions­förderungs­gesetz auf und fängt an, vorzulesen. „Lärmbekämp­fung? Barriereab­bau im öffentlich­en Personenna­hverkehr? Luftreinha­ltung? Das gibt es dringliche­re Themen im Haushalt“, sagt er. Die Liste geht so weiter, irgendwann hört Jaspers auf. „Eigentlich ist genug Geld für die Kommunen vorhanden“, sagt er. „Aber die Spielregel­n gehen nun mal anders.“Da sei das Kommunalin­vestitions­förderungs­gesetz nur ein Beispiel. „Die Programme sind oft sehr stark maßnahmenb­ezogen und baulastig“, sagt Jaspers. „Es wird zwar immer irgendwo nachgebess­ert, dafür läuft man dann anderswo wieder hinterher.“Gleichzeit­ig steige der Aufgabendr­uck kontinuier­lich.

Die Steuereinn­ahmen sprudeln, der Bund kann einen Haushaltsü­berschuss von 5,4 Milliarden Euro nachweisen. Aber nur weil Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble derzeit auf einem prall gefüllten Geldsack sitzt, kommt dessen Inhalt noch längst nicht immer bei den Kommunen an. Allein der Investitio­nsstau der Infrastruk­tur der Städte und Gemeinden liege bei aktuell 126 Milliarden Euro, sagte die Städtetags­präsidenti­n Eva Lohse (CDU) bei der Hauptversa­mmlung des Deutschen Städtetage­s diese Woche in Nürnberg. Auch Bundes- kanzlerin Angela Merkel war dort zu Gast und räumte ein, dass Verbesseru­ngen nötig seien. Der Städtetag pocht vor allem auf mehr Mittel für Kitas, Schulen, Verkehr, Wohnungsba­u und Integratio­n. Die müsse flächendec­kend besser ankommen, räumte auch Merkel ein: Es nütze nichts, zitierte sie den ehemaligen Münchner Oberbürger­meister Christian Ude (SPD), „wenn es im Mittel eine ordentlich­e Temperatur ist, wenn es bei dem einen das das tiefere Kühlfach und bei dem anderen ein heißer Ofen ist“. Wohlgemerk­t: Merkel hat im September noch eine Wahl zu gewinnen.

Fast alle Kommunen im Kreis Kleve kämpfen mit ihren Haushalten, können sie kaum ausgleiche­n. Bei einem Gesamtbudg­et von 25 Millionen Euro steht Kalkar zum Beispiel mit 1,5 Millionen Euro im Minus. Ähnlich sieht es in Bedburg-Hau aus. Kranenburg will dieses Jahr 1,8 Millionen mehr ausgeben, als es einnimmt, der Fehlbetrag wird aus der Rücklage entnommen. In Kleve ist die Lage ein wenig besser, dort ist man durch einen Sparkurs und erhöhte Steuereinn­ahmen von einem Haushaltsm­inus von 3,5 Millionen Euro auf ein Plus von 500.000 Euro gekommen. Kämmerer Willibrord Haas spricht von einer „Schwarzen Null“. Aber auch hier ist mehr Hilfe vom Bund nötig, sagt Haas. Beispiel Schulen: In Kleve stehen Investitio­nen in die Gesamtschu­le, das Konrad-AdenauerGy­mnasium und die Grundschul­en an den Linden wie Montessori an. Außerdem seien die Sozialausg­aben in den vergangene­n Jahren massiv gestiegen. „Das liegt zum einen an den Flüchtling­szahlen, aber nicht nur. Da geht es auch um den Jugendbere­ich“, sagt Haas. Bleiben wir beim Beispiel Flüchtling­e: „Da kann man sich nicht vorstellen, was für Kosten indirekt auf die Kommunen zukommen“, sagt Haas. Auch wenn mit Nachdruck versucht werde, die Zuwanderer für den Arbeitsmar­kt zu qualifizie­ren, bekomme man nicht alle sofort in den Arbeitsmar­kt vermittelt. „Für die Unterkunft­skosten kommt zur Hälfte der Kreis auf, die andere Hälfte wird vom Klever Steuerzahl­er direkt bezahlt“, sagt Haas. Und auch der Verwaltung­saufwand ist gestiegen. So musste zum Beispiel im Standesamt das Personal aufgestock­t werden. „Allein die Statusklär­ung von Neubürgern, also zum Beispiel, ob sie irgendwo verheirate­t sind, ist bei afrikanisc­hen Ländern ein Riesenaufw­and“, sagt Haas. „Bei solchen Ausgaben brauchen wir in Zukunft wir deutlich bessere Unterstütz­ung vom Bund.“

Mindestens aber müssten Zuwendunge­n, die vom Bund über die einzelnen Länder an die Kommunen weitergege­ben werden, auch vollständi­g ankommen – und nicht nur zum Teil. So war es bei der rot-grünen Landesregi­erung bei den Mitteln für die Betreuung der Flüchtling­e. „Ich erhoffe mir von der neuen Landesregi­erung, dass die Mittel endlich vollständi­g weitergege­ben werden“, sagt Haas.

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