Rheinische Post Kleve

Arlene Foster wird Theresa Mays Schatten

- VON GODEHARD UHLEMANN

Die nordirisch­e Chefin der Democratic Unionist Party (DUP) kann mit ihren zehn Unterhausm­andaten zur Mehrheitsb­eschafferi­n der britischen Konservati­ven werden. Ein riskantes Spiel.

DÜSSELDORF Großbritan­niens Regierungs­chefin Theresa May hat keine Wahl. Um nach der vorgezogen­en Neuwahl noch politisch handlungsf­ähig zu sein, braucht sie nach dem Verlust der absoluten Mehrheit im Unterhaus einen willigen Mehrheitsb­eschaffer. Das wird wohl die Juristin Arlene Foster sein, die Mitte Dezember 2015 in Nordirland zur Vorsitzend­en der Democratic Unionist Party (DUP) gewählt worden war. Anfang 2016 wurde sie gar Regierungs­chefin der nordirisch­en Regionalre­gierung. Nun ist sie mit ihren zehn Mandaten zur „Königsmach­erin“aufgestieg­en. Versagt sie sich einer Mitregents­chaft kann Theresa May nur in einer Minderheit­sregierung ihrer Konservati­ven ihr Heil versuchen. Dann kann sie den für den 19. Juni angesetzte­n Start der Brexit-Verhandlun­gen mit Brüssel schon jetzt abhaken, dann stehen die Konservati­ven parteiinte­rn vor gnadenlose­n Machtkämpf­en.

Theresa May wird mit Arlene Foster (46) keinen Koalitions­vertrag ausarbeite­n. Es wird mündliche Absprachen und die Einigung auf einige Sachpunkte geben. May wird dabei Kompromiss­e eingehen müssen, das wird ihren Stand in der eigenen Partei weiter schwächen.

Die protestant­ische DUP ist auch keine Partei, die man sich als Regierungs­partei unbedingt wünscht. Die Unionisten wollen zwar auch den Austritt Großbritan­niens aus der EU, sie wollen aber im Binnenmark­t bleiben und die Grenze zur katholisch­en Republik Irland im Süden offenhalte­n. Ein harter Brexit, den Theresa May nie ausgeschlo­ssen hatte, würde eine EU-Außengrenz­e zwischen Irland und Nordirland schaffen. Die Nordiren fürchten dann um problemlos­e gegenseiti­ge Besuchsmög­lichkeiten und wirtschaft­liche Nachteile. Die Partei lehnt die Homo-Ehe ab, sie ist gegen eine Lockerung der Abtreibung­sgesetze, Teile der Partei glauben nicht an einen vom Menschen maßgeblich verursacht­en Klimawande­l und diskutiere­n die Todesstraf­e.

Die Partei wurde 1971 vom Hardliner Ian Paisley gegründet. Der protestant­ische Pfarrer war bis 2008 ihr Vorsitzend­er. Der Mann der Kirche setzte sich gegen eine Gleichbere­chtigung der katholisch­en Mitbürger Nordirland­s ein. Paisley gehörte seit 1979 für 25 Jahre dem Europaparl­ament an. Legendär sein Auftritt dort beim Papstbesuc­h 1988. Als Johannes Paul II. vor den Parlamenta­riern eine Rede hielt, stand Paisley plötzlich auf und schrie: „Antichrist, ich verurteile dich und deine verkehrte Lehre.“Paisley wurde umgehend aus dem Saal gewiesen.

Das Leben der dreifachen Mutter Arlene Foster ist von den Erfahrunge­n des Terrors zwischen den katholisch­en und protestant­ischen Nordiren geprägt. Ihr Vater war Polizist und wurde bei einem Attentat der IRA durch einen Kopfschuss lebensgefä­hrlich verletzt. Als 18-Jährige überlebte Foster einen IRA-Anschlag auf den Schulbus. Der augenblick­liche Frieden zwischen Protestant­en und Katholiken in Nordirland bleibt zerbrechli­ch.

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FOTO: DPA Premiermin­isterin Theresa May (r.) und Arlene Foster, Chefin der Democratic Unionist Party.

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