Die zwei Gesichter der Ditib
DÜSSELDORF In Deutschlands größtem Islamverband tobt ein Kampf: die Reformer gegen die Traditionalisten. Und es gibt erste Opfer. Erst vor gut einem Monat trat der Bundesvorstand der Ditib-Jugend geschlossen zurück. Der Schritt sei erfolgt, nachdem die Ditib zwei Jugendvorstandsmitglieder ohne Angaben von Gründen entlassen beziehungsweise zwangsversetzt habe. In dem Rücktrittsschreiben beklage der Vorstand des Jugendverbands BDMJ (Bund der Muslimischen Jugend) eine massive Behinderung der bisher erfolgreichen Jugendarbeit und eine „von Misstrauen geprägte Stimmung“, berichten mehrere Medien. Die Schritte gegen die jungen Leute seien ohne Angabe von Gründen erfolgt, Erklärungen seien verweigert worden. „Unsere verzweifelten Hilferufe in den letzten Tagen blieben leider ungehört“, heißt es in dem Schreiben weiter.
Der Ditib-Bundesverband schreibt auf Anfrage unserer Redaktion: „Im Rahmen unserer Verbandsarbeit ist uns die Jugendarbeit ein wichtiges Anliegen. Dies ist eine emotionale und bedauerliche Reaktion auf Personalentscheidungen, die auf Fehlinformationen zurückzuführen ist.“Ein besagter Mitarbeiter, der zeitgleich auch Koordinator der Jugendarbeit gewesen sei, sei als theologisch qualifizierter Religionsbeauftragter auf sein eigentliches Tätigkeitsfeld versetzt worden. Die andere besagte Person habe eine einjährig befristete Vereinbarung gehabt, die ausgelaufen sei. „In beiden Fällen ist keine Kündigung oder Entlassung erfolgt. Der BDMJ setzt die Arbeiten kommissarisch fort und wird darin von den Ditib-Landesjugendverbänden unterstützt.“
Rückfragen, was mit „eigentliches Tätigkeitsfeld“gemeint ist oder was der Vorstand auf die Vorwürfen der DitibJugend entgegnet, bleiben unbeant- wortet. Die Pressestelle verschickt stattdessen Bilder des neu montierten Halbmondes auf der Ditib-Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld.
Der zurückgetretene Jugendbundesvorstand der Ditib stand für eine Stellungnahme nicht zur Verfügung. Auch eine Anfrage bei allen Landesjugendverbänden verlief erfolglos. Ein Grund für die Zurückhaltung könnte ein internes Schreiben vom 15. Mai sein, über das der RBB berichtet. In dem Schreiben der Ditib-Landeskoordinatorin an die Jugendverbände der Länder heißt es: „Dass der persönliche Mailverkehr und die Rücktrittserklärung an die Öffentlichkeit gelangten, ist weder juristisch noch moralisch in Ordnung. Der Ditib-Verband wird seine ethischen und rechtlichen Prinzipien beachten, alle Aktivitäten fortsetzen und alle gegenteiligen Strömungen nicht erlauben.“Der Rücktritt des Bundesvorstands ist nicht der einzige Hinweis auf ein zerrüttetes Verhältnis innerhalb der Ditib.
Ender Cetin leitete fünfeinhalb Jahre die Berliner Sehitlik-Moschee. Die Moschee ist eine der bekanntesten des Landes und galt vor allem dank Cetin als weltoffen und tolerant. Führungen in der Moschee waren keine Seltenheit. Cetin erklärte Journalisten, Politikern und Schulklassen die Welt des Islam. Dazu führte er die Menschen ins Innere der Moschee und ließ sie am Freitagsgebet teilnehmen. Cetin ist seit Ende vergangenen Jahres nicht mehr Gemeindevorstand der Moschee. Bei der satzungsgemäßen Neuwahl des Vorstands stand sein Name nicht mehr auf der Kandidatenliste. Einige Berliner Zeitungen meldeten, der Vorstand sei auf Weisung des türkischen Generalkonsulats ausgetauscht worden.
Cetin selbst äußerst sich nicht zu dem Fall. Warum? Wenn es doch eine satzungsgemäße Wahl war, warum dann die Scheu, darüber zu sprechen? Zumal Cetin in den vergangenen Jahren genau
Joachim Stamp diesen Weg gegangen ist: Er informierte. Nun schweigt er.
Kurz nach der Neuwahl solidarisierte sich die Ditib-Jugend auf Facebook mit Cetin: „Keiner hat das Recht, demokratische Wahlen zu verhindern oder negativ zu beeinflussen!“Wenig später war der Eintrag wieder verschwunden.
Die Satzung der Ditib lässt erahnen, wer eigentlich die Ausrichtung des Verbands vorgibt. Das Amtsgericht Köln verschickt die Satzung des Dachverbands auf Anfrage. Die Satzung des Landesverbands NRW sowie die einer Gemeinde aus Düsseldorf-Eller kommen vom Amtsgericht Düsseldorf.
Großen Einfluss innerhalb der Ditib haben der Beirat und der Religionsrat.
„Mit dieser Kaste von Funktionären ist keine vernünftige Integrations
politik zu machen“ Designierter Vize-Regierungschef
von NRW, über die Ditib