Zurück zum Bauchgefühl
Martin Schulz und seine SPD-Strategen hatten es sich so schön vorgestellt: Mit einer gewonnenen NRW-Wahl im Rücken hätten sie ein Feuerwerk der Sozialdemokratie beim Parteitag in Dortmund gezündet und die Union auf die hinteren Plätze verwiesen. Dazwischen kamen Patzer und handwerkliche Fehler in Berlin und zu viel Siegesgewissheit bei Kraft. Und schon dümpelt die SPD wieder bei nur 24 Prozent in den Umfragen dahin.
Dennoch gelang der Parteitag. Endlich schaltete Schulz auf Attacke gegen die Union, hielt Merkel und Seehofer die mitunter guten Antworten der SPD auf wichtige Fragen entgegen. Er gelang auch, weil der linke Parteiflügel still hielt. Dass Schulz jedoch bei der Motivation seiner Genossen auf Schützenhilfe von Altkanzler Gerhard Schröder angewiesen ist, der einst nicht Schulz, sondern Gabriel im Rennen gegen Merkel wollte und dessen Agenda-Politik Schulz gleich nach seiner Nominierung attackierte, ist eine Ironie der Geschichte. Schröder lieferte dennoch zuverlässig. Was ihm stets half, war Unbeirrbarkeit und Vertrauen in das Bauchgefühl. Auch Schulz muss das beherzigen, wenn ihm eine Aufholjagd wie Schröder im Jahr 2005 gelingen will. BERICHT KRITIK AN SOLI-PLÄNEN DER SPD, TITELSEITE
Nach den Grünen haben sich auch FDP und SPD festgelegt: Ohne Bekenntnis zur Ehe für alle stehe man als Koalitionspartner nicht zur Verfügung. Diese klare und begrüßenswerte Festlegung setzt CDU und CSU unter Druck, die eine komplette Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare bislang ablehnen. Dabei ist die Zustimmung in der Bevölkerung für eine Gleichbehandlung hoch: Zwischen 55 Prozent (AfD-Anhänger) und 95 Prozent (Grünen-Anhänger) der Wahlberechtigten sind dafür; selbst für den heikelsten Punkt – das Adoptionsrecht – stimmt mittlerweile eine Mehrheit.
Aber auch fernab von Meinungsströmungen haben die Befürworter der Homo-Ehe ein wichtiges Argument auf ihrer Seite: Nicht nur in einer Paar-Beziehung, sondern auch im Verhältnis zwischen Eltern und ihren Kindern sollte es darum gehen, dass Menschen, die sich lieben, bereit sind, dauerhaft Verantwortung füreinander zu übernehmen. Und nicht darum, welche primären Geschlechtsmerkmale die Beteiligten besitzen. Es wäre gut, wenn auch die Union sich dazu bekennen würde. BERICHT
IJa, wir wollen!
Hoher Migrationsdruck
n den meisten Turnhallen wird längst wieder Sport getrieben, und in vielen Kommunen stehen Unterkünfte leer, die auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise eilig organisiert worden waren. Auch wenn die gigantische Aufgabe, Hunderttausende Migranten zu integrieren, noch lange nicht gestemmt ist, scheint die Lage doch unter Kontrolle. An diesem Bild will – wenige Monate vor der Bundestagswahl – niemand kratzen. Dabei ist der Migrationsdruck in Wirklichkeit unverändert hoch. Statt über den Balkan kommen die Flüchtlinge jetzt übers Mittelmeer. Millionen sitzen auf gepackten Koffern.
Zwar versucht die EU mit Grenzschutzmissionen, mit finanzieller Hilfe für afrikanische Länder, mit verstärktem Kampf gegen die Schleppernetzwerke den Zustrom wenigstens zu drosseln. Das alles ist richtig, aber es wird nicht ausreichen. Trotz aller Anstrengungen werden in den kommenden Jahren weiter sehr viele Menschen nach Europa kommen. Darauf müssen wir uns endlich vorbereiten: mit einem effizienten und gerechten Asylverfahren. Und einer fairen Lastenverteilung innerhalb der EU. BERICHT