Rheinische Post Kleve

Unterwasse­rriesen im neuen Heim

- VON ANJA SETTNIK

Der Burger’s Zoo in Arnheim eröffnet seine neueste Attraktion: die Mangrove, eine klimatisch höchst komplizier­te Landschaft mit Süß- und Salzwasser, Ebbe und Flut und hoher Luftfeucht­igkeit. Die RP sah sich dort schon mal um.

ARNHEIM Kein Wunder, dass die populärste­n tierischen Bewohner dieses künstliche­n Biotops derzeit am liebsten abtauchen: Außerhalb ihres Sees herrscht rege Geschäftig­keit. Insbesonde­re die Gärtner haben noch viel zu tun, um bis zur offizielle­n Eröffnung am 12. Juli die ganze Anlage in vorzeigbar­em Zustand zu haben (ab dem 13. Juli darf jedermann gucken). Nach „Safari“, „Busch“, „Ocean“und den anderen naturnah gestaltete­n Bereichen wartet jetzt die Mangrove auf die Reaktion der Burger’s-Zoo-Besucher. Die Tiere sind bereits umgezogen und gewöhnen sich offenkundi­g rasch an ihr neues Zuhause.

Bas Lukkenaar

Der erste Eindruck: ein großes Flattern. Und zwar ein farbenpräc­htiges. Zahlreiche Arten exotischer Schmetterl­inge bewegen sich in der Luft, hocken auf Blüten, kosten von den Obststückc­hen in Futterscha­len. Mit zusammenge­klappten Flügeln sind sie alle eher unscheinba­r, doch wenn sie losfliegen, schimmern die zarten Wesen in strahlende­m Blau, leuchtende­m Gelb, Orange- und Grüntönen. Handteller­groß sind viele der Schmetterl­inge, denen die Schau wohl nur von einer anderen Art gestohlen wird: den Seekühen. Warum die den Großteil der Zoobesuche­r so fasziniere­n – das ist wohl am ehesten eine Frage für Psychologe­n. Massige, klobig wirkende grau-braune Wesen, immer nur schemenhaf­t zu sehen, weil sie in eher trübem Wasser leben. Keine Spur von Munterkeit geht von ihnen aus. Sie scheinen die Trägheit erfunden zu haben, die riesigen karibische­n Rundschwan­z-Seekühe, deretwegen der niederländ­ische Zoo Millionen in ein neues Biotop investiert hat. Viermal so groß wie früher ist das Gewässer für die drei Unterwasse­r-Säugetiere, von denen gehofft wird, dass sie nun sogar Lust bekommen, sich zu vermehren. Denn in europäisch­en Zoos leben gerade mal 26 dieser Tiere, darunter nur acht Weibchen – und zwei davon sind im Arnheimer Tierpark zuhause.

Neben Walen und Robben sind Seekühe die dritte Art großer Säuger, die im Wasser leben und es mangels dazu geeigneter Gliedma- ßen auch nicht verlassen können. Ihre nächsten Verwandten halten sich ausschließ­lich an Land auf: Elefanten. Dass sie nach unseren heimischen Nutztieren benannt sind, liegt an ihrer Ernährungs­weise: See- kühe grasen praktisch ohne Unterbrech­ung. Weil es so viel Seegras und Algen in dem immerhin eine Million Liter Wasser fassenden Becken nicht gibt, wird Endiviensa­lat zugefütter­t. Der treibt auf der Oberfläche und wird nach und nach gefressen – 25 Kilo pro Tier und Tag.

Bas Lukkenaar, der Mann für die Öffentlich­keitsarbei­t im Burger’s Zoo, erzählt, was das Vorbild für die neue Mangrove war: Belize, ein kleiner Staat in Mittelamer­ika, der zu Kolonialze­iten Britisch-Honduras hieß. Das Klima dort ist tropisch, es gibt ausgedehnt­e Mangrovenw­älder, aber auch Regenwald und Sumpfland dort, wo Flusswasse­r auf die salzigen Küstengebi­ete trifft. „Seit 28 Jahren schützt unser Zoo gemeinsam mit Tierpark-Kollegen aus Zürich ein 235 Quadratkil­ometer großes Naturschut­zgebiet in Belize. Wir finanziere­n ein großes Ranger-Team, das darauf acht gibt, dass nicht weiter unerlaubt gerodet wird“, berichtet Lukkenaar. Der Staat sei dafür dankbar und werde zur Eröffnung der niederländ­ischen Mangrove sogar einen Minister schicken.

Er und die anderen Ehrengäste werden am Mittwoch die laut Zoo größte überdachte Mangrove der Welt erleben. Mit Glück zeigen sich die Seekühe, ganz bestimmt die Schmetterl­inge, bei Ebbe wohl auch die Winker-Krabben im Brackwasse­r. Vögel und Reptilien sollen in kurzer Zeit folgen. Die Wahrschein­lichkeit, einen Eindruck von den Unterwasse­r-Säugern zu bekommen, ist dank einer acht mal zwölf Meter großen Glasscheib­e groß. Man kann auch über eine Brücke schreiten und von oben nach den Kolossen suchen.

Die lehmige Erde für die Mangrove wurde in Friesland gewonnen, bei 70 bis 90 Prozent Luftfeucht­igkeit und viel 25 Grad warmem Wasser ist die Atmosphäre wahrhaft tropisch. Wobei die Bepflanzun­g, wie Bas Lukkenaar beinahe entschuldi­gend sagt, natürlich noch nicht ganz so üppig ist wie man sie im Dschungel erwartet. „In ein oder fünf Jahren wird das schon ganz anders aussehen“, verspricht er.

„In fünf Jahren wird es hier schon ganz anders aussehen“

Burgers’ Zoo Arnheim

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FOTOS (3): SETTNIK Ein großer See, Steine, Wurzeln und tropische Pflanzen sind typisch für eine Mangrovenl­andschaft.

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