Freiwilligendienst für Berufstätige
Bei einem Sabbatical denken viele an Reisen und Füße hochlegen. Freiwilligendienste bieten hingegen die Chance, in internationalen Projekten mitzuarbeiten – und so Wissen weiterzugeben und zu helfen. Die Karriere kann davon profitieren.
Ein Schulgarten sollte es sein. Klingt erstmal nicht sonderlich schwierig. In Deutschland vielleicht, wo das Wetter mitspielt. In Namibia dagegen ist es trocken und heiß – eine Herausforderung. Ralf Schaab ist Agrarökonom aus Wiesbaden, führt dort einen Obstbaubetrieb. In Namibia hat er Lehrern und Schülern dabei geholfen, den Garten zu bauen. Mit einfachen Mitteln vor Ort produzieren, die Eigenversorgung stärken – das war das Ziel des Projekts.
Schaab war im Rahmen des „Weltdienstes 30+“in Namibia. Der neue Freiwilligendienst
„Ein Perspektivenwechsel kommt Mitarbeiter und Unternehmen zu Gute“
Christa Stienen
Bundesverband Personalmanager
des Senior Experten Service (SES) wird vom Bundesentwicklungsministerium gefördert und soll eine Lücke schließen. „Es gibt Entsendedienste wie Weltwärts für junge Leute und für Ruheständler wie den SES“, sagt Bettina Hartmann vom SES. Der „Weltdienst 30+“wurde Anfang 2017 ins Leben gerufen – er richtet sich an Berufstätige, die ihr professionelles Wissen in Entwicklungsund Schwellenländern weitergeben wollen.
Viele Entsendedienste sprechen jüngere Menschen an – häufig gibt es eine Altersgrenze von 30 Jahren. Ein gefördertes Programm für Berufstätige zu finden, ist schwieriger. Mit Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen ist ein solcher freiwilliger Einsatz zum Beispiel möglich – und das nicht nur für Mediziner. Es gibt auch Vereine und Unternehmen, die Pro- (bü) Befristung Universitäten haben zwar das Recht, ihre wissenschaftlichen Mitarbeiter „mit sachlichen Gründen“(also für bestimmte Projekte oder als Vertretungen) zu beschäftigen. Dies darf aber nicht „grenzenlos“geschehen – etwa über mehrere Jahre per „Kettenverträge“. Rekordverdächtig war ein Fall, der beim Bundesarbeitsgericht (BAG) landete: Eine Wissenschaftlerin hatte sich 22 Jahre lang an der Universität Leipzig „befristet beschäftigen“lassen. Das BAG vermutete Rechtsmissbrauch durch den Arbeitgeber – kam aber doch nicht zu dem Ergebnis, der Frau einen Dauerarbeitsplatz zuzusprechen, weil gerade das letzte (von der Wissenschaftlerin beanstandete) Arbeitsverhältnis nicht unbedingt rechtsmissbräuchlich angelegt war. Die Vorinstanz muss das nun noch prüfen. (BAG, 7 AZR 259/14) Betriebsrat Nach dem Betriebsverfassungsgesetz hat der Betriebsrat mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber Pausenregelungen in seinem Unternehmen einführen will. Geschieht das nicht, so sind die Pausen „unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs“auch dann zu vergüten, wenn sie nicht im Widerspruch zum Arbeitszeitgesetz stehen. Das Positive für die Be- jektmitarbeit im Ausland vermitteln oder organisieren – allerdings in der Regel gegen Bezahlung.
Der „Weltdienst 30+“ist hingegen kostenfrei. Allerdings gibt es Voraussetzungen für die Teilnahme am Programm. Mindestens acht Jahre relevante Berufserfahrung, eine Freistellung des Arbeitgebers und Kranken- und Sozialversicherung in Deutschland sind etwa Pflicht. „Wir nehmen die Person dann in unsere Datenbank auf und gleichen ab, ob es eine Deckung mit einem Projekt gibt“, erklärt Hartmann. Für 2017 plant der SES für den legschaft: Der Arbeitgeber darf die Pausen nicht aus der Berechnung des Arbeitsverdienstes herausrechnen, muss sie also vergüten. (LAG Köln, 5 Sa 202/13) Urlaub Der Arbeitgeber muss darauf achten, dass Mitarbeiter ihren gesetzlichen Mindesturlaub nehmen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat dazu ausgeführt, dass „der Anspruch auf den gesetzlich vorgeschriebenen Jahresurlaub zum Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers“zähle. Deswegen stehe einem Arbeitnehmer Schadenersatz zu, der von seinem gesetzlich vorgesehenen Mindesturlaub noch vier Urlaubstage aus dem Vorjahr „übrig“hatte – sie aber nicht mehr nehmen konnte, weil er nicht mehr im Betrieb arbeitete. Der Arbeitgeber argumentierte, der Mitarbeiter trage selbst die Schuld daran, wenn er Urlaub verfallen ließe. Das gelte jedoch nicht für den gesetzlichen Mindesturlaub von vier Wochen (bei einer Sechs-Tage-Woche sind das 24 Tage Urlaub). Nur für darüber hinausgehende Urlaubstage sei der Arbeitgeber nicht zuständig. Biete er den „gesetzlichen“Urlaub nicht an, so verletze er seine Schutzpflichten und müsse dafür zahlen. (LAG Berlin-Brandenburg, 10 Sa 86/ 15) „Weltdienst 30+“rund 70 Einsätze, bis Mitte Mai hatten sich circa 90 Personen angemeldet. Die Einsätze dauern im Schnitt sechs Wochen, Arbeitnehmer müssen sich unbezahlt freistellen lassen.
Neben einem Vorbereitungsseminar in Bonn werden Teilnehmer bei der Organisation eines Visums unterstützt, auch die Unterkunft im Zielland und der Flug werden gestellt. Im Ausland unterstützen Teilnehmer dann etwa kleine und mittlere Unternehmen, öffentliche Verwaltungen oder soziale und medizinische Einrichtungen.
Ein solches Sabbatical kann sich durchaus lohnen – ganz besonders, wenn Berufstätige während dieser Zeit eben nicht nur reisen, sondern ihre beruflichen Fähigkeiten im Ausland einsetzen. „Es bereichert das Wissen des Mitarbeiters“, sagt Christa Stienen, Vizepräsidentin des Bundesverbands der Personalmanager. Da es nicht in allen Unternehmen die Möglichkeit gebe, im Ausland zu arbeiten, sei ein externer Auslandsaufenthalt eine gute Alternative. „Neue Ideen, ein Perspektivenwechsel – all das kommt dem Mitarbeiter und dem Unternehmen zu Gute.“
Die Expertin rät, ein solches Sabbatical rechtzeitig anzukündigen – am besten ein Jahr im Voraus. „Man kann bereits in den jährlichen Entwicklungsgesprächen sein Interesse bekunden“, sagt Stienen. Ein bis drei Monate Auszeit seien in der Regel gut machbar. Wer in einem internationalen Unternehmen arbeitet, kann sich dort auch über zeitlich begrenzte Auslandsprojekte informieren – wenn es nicht gleich der dauerhafte Umzug ins Ausland sein soll.
Für Agrarökonom Schaab ging es bei seinen Einsätzen immer auch darum, ein Ge- spür für Land und Leute zu bekommen. Das Vermitteln der fachlichen Expertise sei das eine, das Menschliche das andere. Namibia war dabei nur eine seiner Stationen, in Malawi hat er einen Kräutergarten mitgestaltet.
„Wenn Sie das Herz der Menschen erobern, bekommen Sie auch Zugriff auf den Kopf“, sagt er. Und: Das Ganze sei Teamwork. „Ich komme hier nicht als Deutscher und erzähle den Leuten, was sie zu machen haben“, betont er. Man müsse die Menschen abholen, wo sie sind und wertschätzen.
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