Rheinische Post Kleve

Der Ausbildung­sweg: Lang und mit vielen Etappen

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bastelt wurde: „Ob das der Fernseher ist oder bei warmem Wetter der Ventilator“, sagt Jasmin. „Da sind manche Gefangene, die finden das nicht gerade gut. Da muss man viel diskutiere­n, versuchen, denjenigen wieder auf den Boden zu bekommen – die können schon sehr laut werden.“Meistens klappt’s, sagt sie.

Auf den Fall, dass es nicht mehr klappt, sind aber alle vorbereite­t. Es werden „Sicherungs­techniken“trainiert, mit denen Angreifer möglichst schnell und gefahrlos ruhiggeste­llt werden. Dirk Woll macht jedoch klar: „Wir brauchen keine Einzelkämp­fer. Die schwerste Waffe, die wir haben, ist das Reden.“

Jasmin ist es ziemlich egal, dass sie in Geldern in einem Gefängnis für Männer arbeitet. Manche Männer kommen mit einer Frau besser klar als mit männlichen Kollegen, manche schlechter, und meistens spielt es keine Rolle, beschreibt sie.

Eine Facette, die durchaus belasten kann, bringt das Berufsfeld aber mit sich: Man ist ständig in ein einer ziemlichen Machtposit­ion. Das kann Menschen zum Schlechten verändern. „Darauf achten wir bei der Auswahl der Leute schon“, sagt Dirk Woll: „Ist das jemand, der mit Macht umgehen kann?“

Ein gesundes Menschenbi­ld – das sei die Grundvorau­ssetzung, um in den Justizvoll­zugsdienst einzusteig­en, betont auch Carsten Viehöver, der Ausbildung­sleiter in der JVA Pont. Er glaubt, dass er sich durch seinen Job eher zum positiven verändert hat. „Ich kann von mir behaupten, dass ich durch den Beruf deutlich mehr Zivilcoura­ge habe. Viel mehr Sinn für Gerechtigk­eit“, sagt er. Und einmal schloss er aus Routine sinnloserw­eise zu Hause Türen hinter sich ab – aber das blieb eine einmalige Sache. (szf) Dominik und Jasmin sind beide Quereinste­iger. Er hat früher im Werkschutz eines Chemie-Unternehme­ns gearbeitet. „Da hat mir aber was gefehlt: Der Kontakt mit Menschen, und dass man ein größeres Aufgabenfe­ld hat.“Jasmin ist ausgebilde­te Sport- und Fitnesskau­ffrau. Auch sie vermisste „das Soziale“im Job, sagt sie.

Der Weg zum Vollzugsbe­amten ist anders als in anderen Branchen. Bewerber müssen mindestens 20 Jahre alt sein, die Fachobersc­hulreife haben oder einen Hauptschul­abschluss und eine abgeschlos­sene Berufsausb­ildung. Normale körperlich­e Fitness genügt. Laut Beamtenrec­ht müssen Anwärter deutsche Staatsbürg­er oder EU-Bürger sein. Eingestell­t wird das ganze Jahr über: „Bewerbunge­n sind immer gerne gesehen“, heißt es in der JVA Pont. Wer eine Stelle bekommt, wird aber in aller Regel erst mal „Justizvoll­zugsbeschä­ftigter“, so wie Dominik und Jasmin, und bleibt das meist etwa zwei Jahres.

Danach beginnt das „Anwärterve­rhältnis“als „Beamter auf Widerruf“. Das ist quasi die eigentlich­e Ausbildung: Es gibt Schulungen, man arbeitet zeitweise in andere Gefängniss­en und durchläuft die verschiede­nen Abteilunge­n in einer JVA, bis hin zur Verwaltung.

Danach ist man „Justizvoll­zugsbeamte­r auf Probe“, das dauert noch mal mindestens ein halbes und höchstens zwei Jahre. Danach erst wird man Justizvoll­zugsbeamte­r auf Lebenszeit.

 ?? RP-FOTO: GERHARD SEYBERT ?? Ausbildung­sleiter Carsten Viehöver (links) im Flur eines Gefängnist­raktes im Gespräch mit Dominik Köhler (27) und Jasmin Kaiser (24). Die beiden sind auf dem Weg, Justizvoll­zugsbeamte zu werden. Das ist ein bisschen komplizier­ter als in anderen...
RP-FOTO: GERHARD SEYBERT Ausbildung­sleiter Carsten Viehöver (links) im Flur eines Gefängnist­raktes im Gespräch mit Dominik Köhler (27) und Jasmin Kaiser (24). Die beiden sind auf dem Weg, Justizvoll­zugsbeamte zu werden. Das ist ein bisschen komplizier­ter als in anderen...

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