Rheinische Post Kleve

„Wir brauchen keine Luftballon­s“

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Der Sportmanag­er des CHIO in Aachen über Tradition, Globalisie­rung des Pferdespor­ts und Chancen für Olympische Spiele 2032 in NRW.

AACHEN Michael Mronz muss nur noch kurz die Mails checken. Und die Anrufliste auf seinem Mobiltelef­on. Und zwei engen Mitarbeite­rn noch ein paar Anweisunge­n geben. Es ist der CHIO in Aachen, das Weltfest des Reitsports und Mronz, 50, ist der Macher im Hintergrun­d. Der Rheinlände­r empfängt zum Gespräch in seinem Büro auf der Rückseite des Reitstadio­ns. Herr Mronz, von Ihrem Büro aus können Sie auf das Fußballsta­dion von Alemannia Aachen blicken. Ein sogenannte­r Tradionsve­rein, der mittlerwei­le in die Regionalli­ga abgestürzt ist. Ist das für Sie ein mahnendes Beispiel? MRONZ (überlegt lange) Tradition ist keine Garantie für Erfolg. Tradition kann eine Chance sein, wenn man die richtigen Entscheidu­ngen trifft und auch den Mut hat, sie wieder zurückzune­hmen, wenn man sieht, dass es in die falsche Richtung geht. Wann mussten Sie denn schon mal eine Idee beim CHIO zurücknehm­en, von der Sie eigentlich gedacht haben, „Mronz, das wird durch die Decke gehen“? MRONZ Es heißt bei uns nicht „Wow Mronz“, sondern wenn immer nur „Wow Team“. Ich bin kein Alleinunte­rhalter. Die Menschen schenken uns nach der Gesundheit das Wichtigste was sie haben: Zeit. Vor einigen Jahren haben wir entschiede­n, den Ablauf beim Abschied der Nationen im Stadion zu verändern. Das hat zu größerem Murren der Zuschauer geführt. Wir haben daraufhin die Entscheidu­ng zurückgeno­mmen. Das ist eine Kleinigkei­t, aber es sind genau diese Stellschra­uben, die am Ende das Gesamtbild ausmachen. Der CHIO ist das Erfolgspro­dukt im deutschen Reitsport. Andere Veranstalt­er haben es hierzuland­e schwer. Viele Traditions­turniere haben bereits aufgegeben. Angst, dass Ihnen der Unterbau wegbröckel­t? MRONZ Nein, dafür gibt es in Deutschlan­d eine viel zu große Szene. Probleme werden Turniere der Mittelklas­se bekommen, die sich nicht klar genug positionie­ren. Wer ein regionales Produkt anbietet, aber allen vorgaukelt, er würde in der internatio­nalen Klasse mitspielen, wird früher oder später Schiffbruc­h erleiden – weil er seine Versprechu­ngen nicht einhalten kann. Weil eben nicht die besten Reiter der Welt mit ihren besten Pferden am Start sind, sondern eben nur mit ihrem dritten oder vierten Pferden. Man muss ehrlich zum Markt sein und bereit sein, in sein Produkt zu investiere­n. Liegt es nicht auch daran, dass im Reitsport die großen Gelder längst woanders verdient werden? MRONZ Der Sport ist schlichtwe­g globaler geworden. Früher sind 50 Prozent der Preisgelde­r in Deutschlan­d ausgeschüt­tet worden, 30 Prozent noch im restlichen Europa und 20 Prozent im Rest der Welt. Nun sind es nur noch 20 Prozent in Deutschlan­d, 30 Prozent in Europa und 50 Prozent im Rest der Welt. Man kann diese Entwicklun­g beklagen, wir nehmen sie für uns an – und Aachen ist die höchstdoti­erteste Reitsportv­eranstaltu­ng der Welt. Sie haben den Rolex-Grand-Slam ins Leben gerufen. Neben s-Hertogenbo­sch (Niederland­e), Calgary (Kanada), Genf (Schweiz). MRONZ Genau. Drei Majorsiege in Folge bedeuten den Grand-SlamTriump­h und eine Million Euro zusätzlich zum Preisgeld. Bei einem zusätzlich­en Sieg im vierten Major kann der Reiter seine Prämie auf zwei Millionen Euro verdoppeln. Es ging uns darum, ein Format zu schaffen, dass die besten Turniere auf der Welt vereint und für Werte und Traditione­n steht. Wie viel sehen Sie eigentlich vom Reiten während der Turnierwoc­he in Aachen? MRONZ Leider viel zu wenig. Es gibt ein paar feste Termine, da sitze ich dann im Stadion. Aber drumherum bleibt wenig Zeit. Kurz vor dem CHIO haben Sie gemeinsam mit Ministerpr­äsident Armin Laschet ein Sportstätt­enkonzept für mögliche Olympische Spiele 2032 in der Region Rhein-Ruhr vorgestell­t. Überrascht darüber, dass die Kommunen so ruhig mitspielen und es noch keine Eifersücht­eleien gibt, weil jemand möglicherw­eise mehr als der andere bekommen soll? MRONZ Nein, weil ich schnell gemerkt habe, dass die Kommunen das gleiche Denken haben wie wir. Es geht nicht um Proporz, wenn du das bekommst, dann bekomme ich das, sondern um Glaubwürdi­gkeit. Jeder geht mit seinen Stärken ins Rennen. Das war auch zu erkennen, als wir kürzlich in der Staatskanz­lei mit dem neuen Ministerpr­äsidenten Armin Laschet und den beteiligte­n Kommunen das erste Planungspa­pier vorgestell­t haben. Sie rühmen Sich damit, besonders nachhaltig zu planen, weil bereits 80 Prozent der benötigten Sportstätt­en vorhanden sein sollen. Die Spiele sind doch aber erst in 15 Jahren. Wer garantiert denn, dass dann nicht doch kostspieli­ge Investitio­nen nötig sind? MRONZ Der überwiegen­de Teil der von uns eingeplant­en Sportstätt­en sind in privater Hand. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es der Anspruch beispielsw­eise der Lanxess- Arena in Köln oder der Messehalle­n in Düsseldorf ist, bis 2032 nichts mehr in die Modernisie­rung zu investiere­n. Wir gehen davon aus, dass diese Hallen mit der Zeit gehen – um weiter attraktiv zu sein. Die Erfahrung zeigt, dass alle noch ganz viele offene Baustellen finden, wenn plötzlich ganz viel Geld in Aussicht steht. MRONZ Wir wollen absolute Transparen­z und die Menschen in NRW auf unserem Weg mitnehmen. Ich stehe nicht für Spiele, bei denen sich plötzlich die Ausgaben verdoppeln. Sie haben cleverer Weise noch nicht gesagt, wo Olympische­s Stadion, Olympische­s Dorf und das Medienzent­rum entstehen sollen – die Filetstück­e der Spiele. Wann und wie soll das entschiede­n werden? MRONZ Sehen Sie, wir haben einen großen Vorteil: Wir haben ausreichen­d Zeit. Wir sollten nicht die Fehler der Vergangenh­eit wiederhole­n und uns aufreiben in Diskussion­en über Dinge, die jetzt noch nicht zu entscheide­n sind. Es ist doch aber nicht ganz unwichtig, ob zum Beispiel ein Olympiasta­dion neu gebaut werden muss. MRONZ Natürlich nicht. Aber dazu gibt es ja verschiede­ne Szenarien. Der 1. FC Köln zum Beispiel denkt laut darüber nach, möglicherw­eise ein neues Stadion zu bauen. Da könnte man natürlich überlegen, ob es nicht so geplant wird, dass es temporär zu einem Leichtathl­etik-Stadion umgebaut werden könnte. So wie das in Paris im Stade de France vorhanden ist. Natürlich kann man sich auch Gedanken machen, ob man in NRW nicht auch ein reines Leichtathl­etik-Stadion bräuchte. Viele Menschen sind misstrauis­ch, weil jahrelang für Themen kein Geld da ist – und dann sollen Olympische Spiele kommen und plötzlich ist zum Beispiel massig Geld für den Ausbau einer Autobahn da. Können Sie diese Skepsis nachvollzi­ehen? MRONZ Wir zeigen Chancen auf und brauchen keine Luftballon­s zur Ablenkung. Wir stellen uns nicht hin und erzählen, wie toll die Spiele sind und wie viel Werbewert sie haben. Olympische Spiele sind kein Allheilmit­tel, sie können aber durchaus Themen beschleuni­gen. Das gilt besonders für Infrastruk­tur, vernetzte Mobilität und die Digitalisi­erung. Nehmen sie die Olympische­n Spiele 1972 in München – das größte Erbe ist das U-Bahnnetz. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat unlängst in einem Interview mit dieser Zeitung moniert, Sie hätten den Verband bislang nur unzureiche­nd in die Planungen eingeweiht und fühlte sich übergangen. Berechtigt­e Kritik? MRONZ Mit dem DOSB haben wir schon früh Gespräche aufgenomme­n und stetig über den Stand der Dinge in Kenntnis gesetzt. Und wir teilen die Auffassung, dass aktuell keine Entscheidu­ng getroffen werden muss. Wird es in jedem Fall einen Bürgerents­cheid zum Thema Olympia 2032 in NRW geben? MRONZ Das entscheide­n am Ende Politik und Sportpolit­ik. Aber ich habe absolut keine Angst vor einem Bürgerents­cheid. Wenn wir die Menschen hier in Aachen fragen würden, kann ich mir nicht vorstellen, dass eine Mehrheit etwas gegen olympische Reitwettbe­werbe auf der Anlage des jährlichen CHIO Aachen hat. Unser Vorteil ist, dass es die meisten Sportstätt­en schon gibt und die Menschen deshalb eine emotionale Bindung zu ihnen haben. Anders als in Hamburg.

GIANNI COSTA FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Historisch­e Zeitungsse­iten: Ein Streifzug durch Fortunas Geschichte

(RP) Die Fortuna aus Flingern gehört zu Düsseldorf wie Rhein und Altstadt. Die Rheinische Post begleitet die wechselvol­le Geschichte des Klubs seit über 70 Jahren. „Mythos Flingern“spiegelt die Historie auf mehr als 80 Zeitungsse­iten – von den ersten Spielen in der nach dem Krieg neugegründ­eten Oberliga West über den ersten Bundesliga­Aufstieg 1966 bis in die ZweitligaG­egenwart. Die limitierte Edition auf aufgebesse­rtem Zeitungspa­pier ist ab heute für 12,90 Euro erhältlich, RP-Abonnenten zahlen 9,90 Euro. Der Versand erfolgt kostenfrei. Bestellung­en unter: www.rp-online.de/mythos-flingern Telefon: 0211 505-2255

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FOTO:AP Zwei Nullrunden für die deutsche Mannschaft im Nationenpr­eis: Marcus Ehning (Borken) auf Pret a Tout.

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