Diesel-Dämmerung und die Schuld der Politik
Noch ist es nur ein Verdacht, doch sollte er sich bestätigen, wird in der Autobranche nichts mehr bleiben, wie es war: Können die Ämter den Herstellern nachweisen, dass sie durch Absprachen die Basis für den DieselSkandal gelegt haben, könnten auf sie MilliardenStrafen zukommen. Ein vergleichbares Kartell gab es in der deutschen Wirtschaftsgeschichte bisher nicht. Entsprechend sackten die Aktienkurse gestern ab. Zugleich wird das Vertrauen der Kunden dauerhaft zerstört: Die Geschichte des Diesel ist eine von verpassten Ausstiegschancen, von lügen und betrügen.
Die Politik ist an der Misere nicht unschuldig: Seit Jahren subventioniert sie den Diesel über die ermäßigte Steuer. Lange nahm sie Hinweise auf Manipulationen nicht ernst. Die Bundesregierung pampert keine Branche so sehr, erst US-Behörden und EU trugen sie zum Jagen. Nun will der Verkehrsminister die Krise auf dem Diesel-Gipfel lösen. Der Deal ist absehbar: Die Hersteller rufen schon mal freiwillig alle Diesel für ein Update zurück und zahlen in einen Umweltfonds, die Politik verzichtet auf Fahrverbote. Doch das könnte zu spät sein: Die ersten Firmen streichen den Diesel bereits aus ihren DienstwagenFlotten. Die Diesel-Dämmerung hat begonnen. BERICHT AUTOBAUER UNTER KARTELLVERDACHT, TITELSEITE
Wertlose Garantie
Die schärfere Gangart, die Deutschland gegenüber der Türkei einschlägt, zeigt erste Ergebnisse. Sowohl Präsident Erdogan als auch sein Wirtschaftsminister haben sich beeilt, eine Garantie für deutsche Investitionen in ihrem Land auszusprechen. Offenbar ist deutsches Know-how für die Türken wichtig. Die Festigkeit im Umgang mit dem schwierigen Partner hat sich ausgezahlt.
Für die betroffenen Unternehmen zählt die Garantie wenig. Zu oft hat Erdogan seine Haltung geändert. Die angebliche schwarze Liste, auf der 700 deutsche Firmen stehen sollen, denen Unterstützung des Terrors vorgeworfen wird, tut ein Übriges. Wenn Erdogan an Personen oder Institutionen etwas auszusetzen hat, bringt er sie mit Terrorismus in Verbindung.
Die deutschen Firmen sollten trotzdem kühles Blut bewahren, jedenfalls solange ihre Unentbehrlichkeit sie schützt. Wer in den Unrechtsstaat Türkei neu investieren will, sollte es sich aber sehr genau überlegen. Stabilität und Berechenbarkeit, die wichtigsten Bedingungen für Investitionen, sind derzeit in der Türkei nicht gegeben. BERICHT TÜRKEI VERSPRICHT SCHUTZ . . ., TITELSEITE
Kirche der Überzeugten
Wer in der Kirche bleibt, ist ihr treu verbunden. Wer sie verlässt, hat nicht unbedingt den Glauben verloren, wohl aber das Vertrauen in die Amtskirche. Der anhaltende, wenn auch leicht gebremste Schwund an Gläubigen offenbart Stärken und Schwächen der beiden großen Kirchen. Das christliche Bekenntnis, einst selbstverständlich für ein ganzes Land, erfasst in unseren Tagen kaum mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Damit schwindet die Bedeutung des Christentums für die Allgemeinheit, nicht aber die stärkende Wirkung für den Einzelnen. Und darin liegt die Hoffnung für alle, die Gott in Gemeinschaft nahe sein wollen.
Jenseits von schmerzhaften Skandalen und nicht weniger verstörenden Strukturdebatten ist Kirche vielen eine Heimat, die Halt gibt und Orientierung bietet. Aus der Kirche für alle wird immer mehr die Gemeinschaft der Überzeugten. Gottlob führt das nicht dazu, dass Kirche sich abschottet. Die Türen bleiben offen, und mancher findet den Weg hinein. Es könnten noch mehr sein, würde sich Glauben aus dem Privaten befreien und wieder öffentlich gelebt werden. BERICHT AUSTRITTSWELLE BEI KIRCHEN EBBT AB, TITELSEITE