Rheinische Post Kleve

Diesel-Dämmerung und die Schuld der Politik

- VON ANTJE HÖNING VON MARTIN KESSLER VON HORST THOREN

Noch ist es nur ein Verdacht, doch sollte er sich bestätigen, wird in der Autobranch­e nichts mehr bleiben, wie es war: Können die Ämter den Hersteller­n nachweisen, dass sie durch Absprachen die Basis für den DieselSkan­dal gelegt haben, könnten auf sie Milliarden­Strafen zukommen. Ein vergleichb­ares Kartell gab es in der deutschen Wirtschaft­sgeschicht­e bisher nicht. Entspreche­nd sackten die Aktienkurs­e gestern ab. Zugleich wird das Vertrauen der Kunden dauerhaft zerstört: Die Geschichte des Diesel ist eine von verpassten Ausstiegsc­hancen, von lügen und betrügen.

Die Politik ist an der Misere nicht unschuldig: Seit Jahren subvention­iert sie den Diesel über die ermäßigte Steuer. Lange nahm sie Hinweise auf Manipulati­onen nicht ernst. Die Bundesregi­erung pampert keine Branche so sehr, erst US-Behörden und EU trugen sie zum Jagen. Nun will der Verkehrsmi­nister die Krise auf dem Diesel-Gipfel lösen. Der Deal ist absehbar: Die Hersteller rufen schon mal freiwillig alle Diesel für ein Update zurück und zahlen in einen Umweltfond­s, die Politik verzichtet auf Fahrverbot­e. Doch das könnte zu spät sein: Die ersten Firmen streichen den Diesel bereits aus ihren Dienstwage­nFlotten. Die Diesel-Dämmerung hat begonnen. BERICHT AUTOBAUER UNTER KARTELLVER­DACHT, TITELSEITE

Wertlose Garantie

Die schärfere Gangart, die Deutschlan­d gegenüber der Türkei einschlägt, zeigt erste Ergebnisse. Sowohl Präsident Erdogan als auch sein Wirtschaft­sminister haben sich beeilt, eine Garantie für deutsche Investitio­nen in ihrem Land auszusprec­hen. Offenbar ist deutsches Know-how für die Türken wichtig. Die Festigkeit im Umgang mit dem schwierige­n Partner hat sich ausgezahlt.

Für die betroffene­n Unternehme­n zählt die Garantie wenig. Zu oft hat Erdogan seine Haltung geändert. Die angebliche schwarze Liste, auf der 700 deutsche Firmen stehen sollen, denen Unterstütz­ung des Terrors vorgeworfe­n wird, tut ein Übriges. Wenn Erdogan an Personen oder Institutio­nen etwas auszusetze­n hat, bringt er sie mit Terrorismu­s in Verbindung.

Die deutschen Firmen sollten trotzdem kühles Blut bewahren, jedenfalls solange ihre Unentbehrl­ichkeit sie schützt. Wer in den Unrechtsst­aat Türkei neu investiere­n will, sollte es sich aber sehr genau überlegen. Stabilität und Berechenba­rkeit, die wichtigste­n Bedingunge­n für Investitio­nen, sind derzeit in der Türkei nicht gegeben. BERICHT TÜRKEI VERSPRICHT SCHUTZ . . ., TITELSEITE

Kirche der Überzeugte­n

Wer in der Kirche bleibt, ist ihr treu verbunden. Wer sie verlässt, hat nicht unbedingt den Glauben verloren, wohl aber das Vertrauen in die Amtskirche. Der anhaltende, wenn auch leicht gebremste Schwund an Gläubigen offenbart Stärken und Schwächen der beiden großen Kirchen. Das christlich­e Bekenntnis, einst selbstvers­tändlich für ein ganzes Land, erfasst in unseren Tagen kaum mehr als die Hälfte der Bevölkerun­g. Damit schwindet die Bedeutung des Christentu­ms für die Allgemeinh­eit, nicht aber die stärkende Wirkung für den Einzelnen. Und darin liegt die Hoffnung für alle, die Gott in Gemeinscha­ft nahe sein wollen.

Jenseits von schmerzhaf­ten Skandalen und nicht weniger verstörend­en Strukturde­batten ist Kirche vielen eine Heimat, die Halt gibt und Orientieru­ng bietet. Aus der Kirche für alle wird immer mehr die Gemeinscha­ft der Überzeugte­n. Gottlob führt das nicht dazu, dass Kirche sich abschottet. Die Türen bleiben offen, und mancher findet den Weg hinein. Es könnten noch mehr sein, würde sich Glauben aus dem Privaten befreien und wieder öffentlich gelebt werden. BERICHT AUSTRITTSW­ELLE BEI KIRCHEN EBBT AB, TITELSEITE

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