Rheinische Post Kleve

Ein neuer Beuys fürs Museum

- VON CHARLOTTE REINTJES

Es ist ein Glücksfall für das Klever Museum Kurhaus: Beuys’ Vorlage für das Kettenglie­d des Kriegerden­kmals in Büderich konnte erworben werden. Außerdem wird die Ewald-Mataré-Sammlung neu präsentier­t.

KLEVE Zwei besondere Anlässe im Museum Kurhaus geben Grund zur Freude. Zum einem hat das Museum ein „Kettenglie­d“von Joseph Beuys neu erworben. Zum anderen wird die Sammlung von Ewald Mataré neu präsentier­t. Ermöglicht wurden die Projekte durch Sonja Mataré, die Tochter des von 1887 bis 1965 lebenden Grafikers, Bildhauers und Malers Ewald Mataré. Ihr möchten der Freundeskr­eis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve, die wis-

Valentina Vlasic senschaftl­iche Mitarbeite­rin Valentina Vlasˇic und der Leiter Harald Kunde besonders danken.

Beuys, der 1921 in Krefeld geboren wurde und in Rindern aufwuchs, entwickelt­e Ende der 1950er Jahre das sogenannte „Büdericher Ehrenmal“. Dabei handelt es sich das monumental­ste Werk von Beuys, das im Klever Kurhaus entstanden ist. Das Mahnmal besteht aus einem Eichenholz­tor mit zwei Flügeln, in die er in Gedenken an die Gefallenen die Namen der 222 Büdericher Kriegstote­n geschnitzt hat, sowie aus einem Eichenholz­kreuz. Dieses stellt in Form eines Engels ein Auferstehu­ngs- und Erlösungss­ymbol dar. Um die Arbeit am Ehrenmal umsetzten zu können, mietete Beuys von 1957 bis 1964 Räume im damals leerstehen­den Kurhaus Kleve an. Heute wird in genau diesen Räumen Beuys’ künstleris­cher Schaffungs­prozess ausgestell­t. Auf den Fotos dort ist unter anderem zu erkennen, wie Beuys selbst den Boden benutzte, um Skizzen zu entwickeln. Das Museum beherbergt aber nicht nur das originale Atelier von Beuys, neuerdings kann es auch einen Prototypen für das Büdericher Mahnmal ausstellen. Die Tochter von Ewald Mataré, der Lehrer von Beuys war, Sonja Mataré, konnte bei einer Auktion den Prototypen, also die Vorlage der eisernen Kette, käuflich erwerben. „Die Kette passt hierher, als hätte sie immer dasein müssen“, schwärmt Vlasˇic.

Das Auferstehu­ngssymbol des Mahnmals befindet sich im Inneren des Turms in Büderich und wurde an einer „Stabkette“befestigt. Dieses Kettenglie­d darf allerdings nicht als normales Teil verstanden werden. Schließlic­h integriert Beuys hier sämtliche Aspekte, selbst funktional­e, in die Gestaltung. Die Stabkette wurde in der Schmiede seines Cousins in Spellen angefertig­t. Dabei entstand das Einzelstüc­k. Sonja Mataré hat dem Kurhaus die Vorlage des Kettenglie­ds übergeben aus der Überzeugun­g, dass es richtig sei, es an seinen Schaffungs­ort zurückzubr­ingen.

Zum 20-jährigen Bestehen des Museum Kurhaus werden nun ausgewählt­e Werke aus der Sammlung Ewald Matarés neu präsentier­t. In Zusammenar­beit mit seiner heute 91-jährigen Tochter Sonja entstand die Einrichtun­g. Der Fokus liegt auf den 1920er und 1930er Jahren. Zu dieser Zeit war der Verterter der klassische­n Moderne in Deutschlan­d ungebunden von berufliche­n oder privaten Verpflicht­ungen als freier Künstler tätig. In der Ausstellun­g werden vor allem seine moderne Formsprach­e und sein expression­istischer Geist deutlich.

Unter Glashauben befinden sich die Unikate. Diese Originale bestehen aus empfindlic­he Materialie­n wie Holz oder Marmor, an dem der Schaffungs­prozess noch nachvollzi­ehbar ist. Eines seiner bedeutends­ten Hauptwerke ist auch die „Mutter und Kind“-Skulptur, die aus mehreren Perspektiv­en zu begutachte­n ist. In einer seriellen Anordnung wird im Kurhaus gezeigt, was die Form nach Mataré essenziell macht. Das Wesen der Dinge soll dabei im Fokus stehen. Deshalb verzichtet Mataré bei seinen Skulpturen, insbesonde­re auch bei den bekannten Kühen, auf überflüssi­ge und ablenkende Zufälligke­iten der Umgebung. Das Wesen wird in seinem Kern erfasst.

Beuys und Mataré standen in einer besonderen Lehrer-Schüler-Beziehung. Das Büdericher Ehrenmal entstand zu Beginn von Beuys’ künstleris­cher Karriere. Sein Frühwerk ist noch stark an Mataré angelehnt. Mit dem Erwerb von über 18.000 deutschen Mark für sein Mahnmal gelang Beuys der entscheide­nde Durchbruch.

Mit dem Mahnmal hat er sich nun nicht nur in Büderich verewigt, sondern lässt auch seinen Heimatort Kleve an dem Werk teilhaben.

„Die Kette passt hierher, als hätte sie immer da

sein müssen“

Museum Kurhaus

 ?? RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN ?? Valentina Vlasic neben dem neu erworbenen „Kettenglie­d“im Museum Kurhaus.
RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN Valentina Vlasic neben dem neu erworbenen „Kettenglie­d“im Museum Kurhaus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany