Rheinische Post Kleve

Spielhalle­n schließen ist nicht genug

- VON THOMAS REISENER VON HENNING RASCHE VON ANTJE HÖNING

Spielhalle­n sind das Hässlichst­e, was Kommunen sich antun können: Abgedunkel­te Kaschemmen hinter billiger Außenwerbu­ng, in denen traurige Menschen Geld in unfassbar langweilig­e Automaten werfen. Dichtmache­n. Problem gelöst. Wer will da widersprec­hen?

Auf den zweiten Blick ist die Lage komplizier­ter. In NRW gibt es rund 40.000 Spielsücht­ige. Daddelbude­n kann man verbieten. Spielsucht nicht. Wohin würden die Opfer dieser merkwürdig­sten aller Süchte sich wenden? Wie jede Prohibitio­n hätte auch ein Spielhalle­n-Verbot die Verdrängun­g in den Schwarzmar­kt zur Folge: Die Süchtigen würden in die Hinterhöfe der Illegalitä­t wandern – oder ins Internet, wo Strafverfo­lgung fast unmöglich ist. Das maßvolle Vorgehen des Gesetzgebe­rs ist also richtig: Die Spielhalle­n-Szene nur auszudünne­n ist besser, als sie zu verbieten.

Aber das reicht nicht. Über die Vergnügung­ssteuer schöpfen NRW-Kommunen fast eine Viertelmil­liarde pro Jahr beim Automatens­piel ab. Zudem tritt das Land mit seinen Westspiel-Kasinos als Anbieter auf. Hier muss die Politik sich ehrlich machen. Solange der Staat seinen eigenen Profit am Glücksspie­l nicht komplett in die Suchtpräve­ntion lenkt, ist er auf diesem Politikfel­d auch nur ein einarmiger Bandit. BERICHT ZWEI VON DREI SPIELHALLE­N . . ., TITELSEITE

Polens Demokratie ist nicht tot, sie ist wehrhaft. Wer das nicht glauben mag, der muss sich ansehen, wie Zehntausen­de auf den Straßen demonstrie­rt haben. Sie haben gekämpft, für so abstrakte und vermeintli­ch selbstvers­tändliche Dinge wie Demokratie, Gewaltente­ilung und eine unabhängig­e Justiz. Sie haben gekämpft – und sie haben gewonnen. In Zeiten, in denen die guten Nachrichte­n rar zu werden scheinen, bietet das polnische Volk die Macht der Vielen auf. Sie hat Präsident Andrzej Duda dazu gebracht, diese unsägliche Justizrefo­rm zu stoppen. Sie haben den Rechtsstaa­t vorerst gerettet. Dafür muss man ihnen danken.

Das Problem: Der Kampf ist noch nicht vorüber. Polens Regierung verfügt weiter über eine absolute Mehrheit. Und sie ist offenbar gewillt, diese für die Beseitigun­g der Demokratie einzusetze­n. Es wird also weiter mutige Menschen brauchen, die die Vernunft auf die Straßen tragen. Und es wird weiter mahnende Partner wie Deutschlan­d brauchen. In der Wertegemei­nschaft EU müssen absolute Werte absolut verteidigt werden. BERICHT POLENS PRÄSIDENT LEGT VETO EIN, TITELSEITE

SDie Macht der Vielen

Das Schweige-Kartell

eit vier Tagen weiß die Öffentlich­keit, dass Ämter gegen die „Großen Fünf“ermitteln. Seither müssen Diesel-Fahrer davon ausgehen, dass Konzerne sie in jeder Hinsicht übers Ohr gehauen haben: Sie haben ihnen Diesel verkauft, die dreckiger sind als behauptet und denen nun Fahrverbot­e drohen. Und sie haben ihnen Diesel verkauft, die ihre womöglich durch Absprachen überhöhten Preise nicht wert sind. Doch die Konzerne bleiben, abgesehen von Floskeln, still. Wie kurzsichti­g. Das Schweige-Kartell bestätigt nur alle Verdächtig­ungen und zeigt, dass die Branche ihre Krise noch nicht begriffen hat.

Dabei hätte die Energie ein abschrecke­ndes Beispiel sein können. RWE und Co. haben lange an alter Technik festgehalt­en und den Ökostrom verschlafe­n. Dann kam mit Fukushima ein externer Schock, die Politik wandte sich ab, die Konzerne wurden zum Schatten ihrer selbst. Noch verlassen sich VW und Co. darauf, dass 800.000 deutsche Autojobs ein Freibrief für alles sind. Doch anders als die Kanzler werden sich die Kartellwäc­hter davon nicht beeindruck­en lassen. Die Zeit des PS-Klüngels geht zu Ende. BERICHT AUTOBAUERN DROHT MILLIARDEN-STRAFE, SEITEB 1

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