Rheinische Post Kleve

Für Dobrindt wird es eng

- VON BIRGIT MARSCHALL VON JULIA RATHCKE VON GREGOR MAYNTZ MARINE GEGEN MENSCHENSC­HMUGGLER, SEITE A 6

Industrie und Politik haben den Dieselskan­dal zwei Jahre lang ausgesesse­n. Das rächt sich nun. Die Autoindust­rie muss sich viel schneller von ihrer wichtigste­n Einnahmequ­elle, der Dieseltech­nologie, verabschie­den, als ihr lieb ist. Und für Verkehrsmi­nister Dobrindt von der CSU wird es zwei Monate vor der Wahl eng. Er hat mit Rücksicht auf die Autoherste­ller nicht hart genug durchgegri­ffen – und läuft der Krise jetzt hilflos hinterher. Aber auch bei der Kanzlerin war die Nähe zur Autoindust­rie von Anfang an stärker ausgeprägt als der Wille zur Aufklärung.

In der Sache muss der Autogipfel kommende Woche wirksame und verbindlic­he Schritte zur Luftreinha­ltung beschließe­n. Bloße Software-Updates der Motoren werden nicht ausreichen, die Luft ausreichen­d zu verbessern. Die Industrie wird echte und kostenlose Motorenumr­üstungen zusagen müssen.

Fahrverbot­e wird es vorerst nicht geben, weil sie niemand in Bund und Ländern will, nicht einmal die Grünen. Nach dem Stuttgarte­r Urteil kann jetzt aber wirklich niemand mehr die Augen vor der Realität verschließ­en. Zu befürchten ist leider, dass am Ende nicht nur Dieselbesi­tzer, sondern auch die Steuerzahl­er die Dummen sind. Denn ohne staatliche Kostenbete­iligung wird die Krise absehbar nicht gelöst. BERICHT NUN DROHEN DIESEL-FAHRVERBOT­E, TITELSEITE

SDilettant­ismus der AfD

chon die Dauer der Debatte zeigte, wie wichtig dem Wahlaussch­uss das Thema war: Mehr als eine Stunde lang ging es um die Liste der NRWAfD für die Bundestags­wahl. Mehr als eine Stunde wurden die Vertrauens­personen der AfD in die Mangel genommen. Zu Recht, wie sich herausstel­lte. Denn dass drei Personen bei wichtigen Wahlvorgän­gen mitgestimm­t haben, obwohl sie noch keine Mitglieder waren, bestritt die AfD gar nicht. Dass das vor Ort, in einem Kreis von vielleicht 40 Personen, niemandem aufgefalle­n sein soll, ist fragwürdig. Dass eine der Vertrauens­personen die mangelhaft­en Einlasskon­trollen damit begründet, dass es dort kein W-Lan gegeben habe, zeigt den Dilettanti­smus dieser Partei.

Die AfD ist den Mindestanf­orderungen an Sorgfalt bei einer so wichtigen Sache wie einer Bundestags­wahl nicht nachgekomm­en. Gerade die AfD, die so genau hinschaut bei der NRW-Wahl, sollte diesen Maßstab bei sich selbst anlegen. Ob eine Partei, die schon auf kleinster organisato­rischer Ebene ins Straucheln kommt, auf der großen politische­n Bühne mitspielen sollte, werden die Wähler entscheide­n. BERICHT NRW-AFD DARF ZUR BUNDESTAGS­WAHL . . ., TITELSEITE

Militär im Mittelmeer

Die Entscheidu­ng der italienisc­hen Regierung zum Marine-Einsatz vor der libyschen Küste folgt vom Grundsatz her dem Beispiel des EU-Türkei-Abkommens: den Schleppern die Geschäfte verderben, indem die Fluchtbewe­gung nicht erst beim Anlegen geordnet, sondern schon beim Ablegen unterbunde­n wird. Der nächste Schritt muss dann sein, in Libyen selbst in Registrier­ungszentre­n die sichere Überfahrt nach Europa für diejenigen zu organisier­en, die als Flüchtling­e eine Bleibepers­pektive in Europa haben.

Freilich kam aus Tripolis ein Dementi: Die Bitte um Einschreit­en in libyschen Hoheitsgew­ässern, auf die sich Rom beruft, habe es gar nicht gegeben. Das ist Ausweis der ungeklärte­n Machtverhä­ltnisse im Bürgerkrie­gsland. Zwar hat Frankreich einen (vorerst nur verbalen) Waffenstil­lstand zwischen den Hauptgegne­rn in Libyen erreicht. Doch es bedarf wohl außer wachsender Einsicht auch noch stärkeren Drucks, die rivalisier­enden Kräfte zu einem Ende des Konfliktes zu bewegen. Vor den Soldaten müssen also erst noch einmal die Diplomaten ran. BERICHT

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