Für Dobrindt wird es eng
Industrie und Politik haben den Dieselskandal zwei Jahre lang ausgesessen. Das rächt sich nun. Die Autoindustrie muss sich viel schneller von ihrer wichtigsten Einnahmequelle, der Dieseltechnologie, verabschieden, als ihr lieb ist. Und für Verkehrsminister Dobrindt von der CSU wird es zwei Monate vor der Wahl eng. Er hat mit Rücksicht auf die Autohersteller nicht hart genug durchgegriffen – und läuft der Krise jetzt hilflos hinterher. Aber auch bei der Kanzlerin war die Nähe zur Autoindustrie von Anfang an stärker ausgeprägt als der Wille zur Aufklärung.
In der Sache muss der Autogipfel kommende Woche wirksame und verbindliche Schritte zur Luftreinhaltung beschließen. Bloße Software-Updates der Motoren werden nicht ausreichen, die Luft ausreichend zu verbessern. Die Industrie wird echte und kostenlose Motorenumrüstungen zusagen müssen.
Fahrverbote wird es vorerst nicht geben, weil sie niemand in Bund und Ländern will, nicht einmal die Grünen. Nach dem Stuttgarter Urteil kann jetzt aber wirklich niemand mehr die Augen vor der Realität verschließen. Zu befürchten ist leider, dass am Ende nicht nur Dieselbesitzer, sondern auch die Steuerzahler die Dummen sind. Denn ohne staatliche Kostenbeteiligung wird die Krise absehbar nicht gelöst. BERICHT NUN DROHEN DIESEL-FAHRVERBOTE, TITELSEITE
SDilettantismus der AfD
chon die Dauer der Debatte zeigte, wie wichtig dem Wahlausschuss das Thema war: Mehr als eine Stunde lang ging es um die Liste der NRWAfD für die Bundestagswahl. Mehr als eine Stunde wurden die Vertrauenspersonen der AfD in die Mangel genommen. Zu Recht, wie sich herausstellte. Denn dass drei Personen bei wichtigen Wahlvorgängen mitgestimmt haben, obwohl sie noch keine Mitglieder waren, bestritt die AfD gar nicht. Dass das vor Ort, in einem Kreis von vielleicht 40 Personen, niemandem aufgefallen sein soll, ist fragwürdig. Dass eine der Vertrauenspersonen die mangelhaften Einlasskontrollen damit begründet, dass es dort kein W-Lan gegeben habe, zeigt den Dilettantismus dieser Partei.
Die AfD ist den Mindestanforderungen an Sorgfalt bei einer so wichtigen Sache wie einer Bundestagswahl nicht nachgekommen. Gerade die AfD, die so genau hinschaut bei der NRW-Wahl, sollte diesen Maßstab bei sich selbst anlegen. Ob eine Partei, die schon auf kleinster organisatorischer Ebene ins Straucheln kommt, auf der großen politischen Bühne mitspielen sollte, werden die Wähler entscheiden. BERICHT NRW-AFD DARF ZUR BUNDESTAGSWAHL . . ., TITELSEITE
Militär im Mittelmeer
Die Entscheidung der italienischen Regierung zum Marine-Einsatz vor der libyschen Küste folgt vom Grundsatz her dem Beispiel des EU-Türkei-Abkommens: den Schleppern die Geschäfte verderben, indem die Fluchtbewegung nicht erst beim Anlegen geordnet, sondern schon beim Ablegen unterbunden wird. Der nächste Schritt muss dann sein, in Libyen selbst in Registrierungszentren die sichere Überfahrt nach Europa für diejenigen zu organisieren, die als Flüchtlinge eine Bleibeperspektive in Europa haben.
Freilich kam aus Tripolis ein Dementi: Die Bitte um Einschreiten in libyschen Hoheitsgewässern, auf die sich Rom beruft, habe es gar nicht gegeben. Das ist Ausweis der ungeklärten Machtverhältnisse im Bürgerkriegsland. Zwar hat Frankreich einen (vorerst nur verbalen) Waffenstillstand zwischen den Hauptgegnern in Libyen erreicht. Doch es bedarf wohl außer wachsender Einsicht auch noch stärkeren Drucks, die rivalisierenden Kräfte zu einem Ende des Konfliktes zu bewegen. Vor den Soldaten müssen also erst noch einmal die Diplomaten ran. BERICHT