Rheinische Post Kleve

Air-Berlin-Insolvenz trifft Düsseldorf

- VON THORSTEN BREITKOPF, BIRGIT MARSCHALL UND FLORIAN RINKE

Der Flughafen der Landeshaup­tstadt macht ein Drittel seines Geschäfts mit der hoch verschulde­ten Fluggesell­schaft. Teile des Unternehme­ns sollen jetzt von Konkurrent­en übernommen werden.

DÜSSELDORF Die Fluggesell­schaft Air Berlin ist insolvent. Noch im Juli hatte Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann gesagt: „Die wirtschaft­liche Lage ist im operativen Geschäft gut.“Außerdem habe Hauptaktio­när Etihad noch im April zugesicher­t, Air Berlin weitere 18 Monate lang zu unterstütz­en.

Knapp sechs Wochen später sind diese Aussagen Makulatur. Am Freitag sollen die Araber zunächst eine eigentlich vereinbart­e KreditTran­che in Höhe von 50 Millionen Euro nicht an Air Berlin überwiesen haben. Wenig später, so heißt es im Umfeld der Unternehme­n, habe Etihad den Deutschen mitgeteilt, dass man sie nicht länger unterstütz­en werde. Gestern stellte Air Berlin dann in Berlin einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzv­erfahrens in Eigenverwa­ltung. Rund 8500 Mitarbeite­r sind betroffen.

Etihad begründete seinen Rückzug damit, dass sich das Air-BerlinGesc­häft rapide verschlech­tert habe. Zuletzt hatten Meldungen über einbrechen­de Passagierz­ahlen für Unruhe gesorgt – auch wenn Air Berlin diese Darstellun­g zurückgewi­esen hatte. Immer wieder kam es zuletzt auch zu Flugausfäl­len und massiven Verspätung­en.

Anstelle von Etihad springt nun der Bund als Geldgeber ein. Bundeswirt­schaftsmin­isterin Brigitte Zypries (SPD) sagte gestern, man werde Air Berlin einen Überbrücku­ngskredit von 150 Millionen Euro gewähren. Das Geld komme von der Staatsbank KfW und sei mit einer Bundesbürg­schaft abgesicher­t. Damit könne Air Berlin für etwa drei Monate über Wasser gehalten werden. In dieser Zeit sollten Verhandlun­gen über den Erwerb von Teilen der Fluglinie durch die Lufthansa geführt werden. Gespräche seien bereits angelaufen. Neben der Lufthansa soll auch der britische Billigflug-Anbieter Easyjet interessie­rt sein.

Laut Zypries soll der Kredit auch dafür sorgen, dass Touristen aus dem Urlaub nach Hause gebracht werden können. „Es wäre nicht möglich gewesen, durch andere Anbieter die Rückreise deutscher Urlauber sicherzust­ellen“, sagte sie. Durch den Kredit könne der Flugbetrie­b aufrechter­halten werden.

Verbrauche­rschützer fordern jedoch auch einen Insolvenzs­chutz für jene Kunden, die bereits ein Ticket gekauft, den Flug aber noch nicht angetreten haben. Wenn die Flüge nicht durchgefüh­rt würden, greife anders als bei Pauschalre­isen keine Absicherun­g, heißt es beim Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and: „Die Kunden können nur hoffen, dass die Flüge tatsächlic­h durchgefüh­rt werden.“

Zufall oder nicht: Bereits gestern gab es am Umbuchungs­schalter von Air Berlin am Düsseldorf­er Flughafen lange Schlangen. Der Airport ist neben Berlin der wichtigste Standort der Fluggesell­schaft. Umgekehrt ist Air Berlin für Düsseldorf auch die wichtigste Fluglinie. Auf sie entfallen nach Angaben des Flughafens rund 30 Prozent des Geschäfts, bei den Langstreck­enflügen sind es sogar 40 Prozent. Allein 2016 flogen mehr als 7,5 Millionen Passagiere mit Air Berlin von Düsseldorf aus. Das entspricht knapp 59.000 Flügen.

Der Düsseldorf­er Flughafen will Air Berlin daher bei ihren Restruktur­ierungsbem­ühungen unterstütz­en. „Gemeinsam konzentrie­ren wir uns weiterhin darauf, das Fluggeschä­ft an unserem Standort auch in Zukunft erfolgreic­h zu gestalten“, sagte Flughafen-Chef Thomas Schnalke. NRW-Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP) sagte: „Wir stehen im engen Austausch mit dem Bund, Air Berlin, der Mitarbeite­rvertretun­g und dem Flughafen Düsseldorf.“

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