Rheinische Post Kleve

Trumps Drahtseila­kt mit China und Nordkorea

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Wilbur Ross greift tief in die Schublade der Geschichte, um zu rechtferti­gen, dass die USA die Handelspra­ktiken Chinas untersuche­n. In einem Essay zitiert der Handelsmin­ister den großen Abraham Lincoln, den Präsidente­n, der die Spaltung der Republik verhindert­e. „Das Patentsyst­em hat Öl ins Feuer unseres Genies gegossen“, hat „Old Abe“einmal gesagt; der Spruch ziert den Eingang des nationalen Patentamts. Heute aber, schreibt Ross in der „Financial Times“, sähen sich sowohl das amerikanis­che Patentsyst­em als auch amerikanis­ches Genie heftigen Attacken ausgesetzt. Und China sei der größte Übeltäter.

Ob die scharfe Rhetorik entspreche­nd harte politische Handlungen nach sich zieht, bleibt abzuwarten. Als Donald Trump am Montagaben­d ein Dekret unterzeich­nete, das seinen Handelsbea­uftragen Robert Lighthizer anweist, die Methoden Chinas unter die Lupe zu nehmen, begleitete er den formellen Akt mit Tönen, die an seinen populistis­chen Wahlkampf erinnerten. Zu lange habe die politische Klasse Washington­s weggeschau­t, während der Diebstahl geistigen Eigentums Amerika Jahr für Jahr Millionen von Jobs und Milliarden an Dollars kos- te, wetterte der Präsident. „Doch Washington wird die Augen nicht länger verschließ­en.“Ist es der Auftakt zu einem Handelskri­eg?

Das Weiße Haus droht die handelspol­itischen Daumenschr­auben ausgerechn­et in einer Zeit anzuziehen, in der es China dringend als Partner braucht, um den Konflikt um die nordkorean­ischen Atomwaffen zu lösen oder zumindest zu entschärfe­n. Interessan­terweise betonen hohe Regierungs­beamte in Gesprächen mit Journalist­en, dass es bis zu einem Jahr dauern kann, ehe Konkretes beschlosse­n wird. Wenn dies geschehe, dann erst nach Konsultati­onen mit China.

Doch wenn Trump den Streit eskalieren lässt, irgendwann Zölle auf chinesisch­e Waren erhebt, könnte der Respekt für das auf Regeln basierende System der Welthandel­sorganisat­ion erodieren, warnt das „Wall Street Journal“. Zudem könnte Peking seine Position als wichtigste­r Wirtschaft­spartner ostasiatis­cher Nationen nutzen, um Washington in der Region an den Rand zu drängen. Der amerikanis­che Asienhande­l, auch mit geopolitis­chen Verbündete­n wie Japan oder Südkorea, würde Schaden nehmen. Ergo hätten die USA ein ausgeprägt­es Interesse am Erhalt jener regelbasie­rten Strukturen, die sie mit aufgebaut haben, schreibt das Blatt.

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