Rheinische Post Kleve

Männerkris­en für den Buchpreis

- VON SANDRA TRAUNER

20 Romane sind für den Deutschen Buchpreis nominiert.

FRANKFURT (dpa) Es ist nicht gerade schöngeist­ige Heile-Welt-Literatur, die in diesem Jahr die Longlist für den Deutschen Buchpreis prägt. „Sehr viele Texte gehen mit der Welt äußerst kritisch ins Gericht“, sagt Jury-Sprecherin Katja Gasser. „Das heißt aber nicht, dass alles todtraurig ist. Vieles ist sehr humoristis­ch und gleichzeit­ig tragisch.“

Die Liste der 20 Romane, die in der Auswahl für den mit 25.000 Euro dotierten Deutschen Buchpreis sind, sei „das Resultat von wirklich heftigen Debatten darüber, was gute Literatur ist“, erzählt Gasser. Aus 200 Titeln hatte die siebenköpf­ige Jury ausgewählt. Am 12. September werden die sechs Titel der Shortlist veröffentl­icht, vergeben wird der Buchpreis am 9. Oktober.

Neben vielen bekannten Autoren ist unter den Nominierte­n auch eine Debütantin: Sasha Marianna Salzmann hat für „Außer sich“gerade den Literaturp­reis der Jürgen Ponto-Stiftung bekommen. 1985 in Russland geboren, emigrierte sie 1995 nach Deutschlan­d. Ihr Roman über ein Zwillingsp­aar sei „ein fa- cettenreic­hes Generation­spanorama von der Sowjetunio­n im 20. Jahrhunder­t bis ins Europa der Gegenwart“, schrieb die Jury für den Ponto-Preis. Chancen auf eine große Karriere hat auch der 1983 geborene Robert Prosser, einer von fünf Österreich­ern auf der Liste. Sein Roman „Phantome“spielt im Jugoslawie­nkrieg. Jakob Nolte – mit 28 Jahren der jüngste Kandidat – entwirft in „Schrecklic­he Gewalten“ein überdrehte­s Horrorszen­ario, das an Tarantino-Filme erinnert.

Zu den alten Bekannten auf der Longlist gehört hingegen Feridun Zaimoglu, der schon zum fünften Mal für den Buchpreis nominiert ist. Dieses Mal mit dem Luther-Roman „Evangelio“. Autor Ingo Schulze dürfte mit der Kapitalism­us-Komödie „Peter Holtz“zu den Favoriten zählen, Robert Menasse blickt in „Die Hauptstadt“hinter die Kulissen der EU-Bürokratie in Brüssel.

Auffällig häufig, sagt Jury-Sprecherin Gasser, seien die Hauptperso­nen „männliche Figuren mittleren Alters, die in der Krise stecken“. Eine davon ist Walter Nowak, den sich Julia Wolf, Jahrgang 1980, ausgedacht hat, ein Egomane, der schwer angeschlag­en ist. In Marion Poschmanns „Kiefernins­eln“wird ein gedemütigt­er Privatdoze­nt gezwungen, sich der Bartforsch­ung zu widmen. Die Hauptfigur in Christoph Höhtkers „Das Jahr der Frauen“will sich gar das Leben neben. Davor geht er eine Wette mit seinem Therapeute­n ein: Erst nachdem er in zwölf Monaten zwölf Frauen verführt hat, darf er sich umbringen. Eine weitere Komödie über eine Krise („Romeo oder Julia“) stammt von Gerhard Falkner.

Der Österreich­er Franzobel („Das Floß der Medusa“) erzählt von einem realen Schiffsung­lück, nur 15 Menschen überleben auf einem Floß. Anders als in früheren seiner Werke gibt es keine Sprachspie­le. Stilistisc­h anspruchsv­oll ist Thomas Lehrs „Schlafende Sonne“. Sven Regener sieht sich bis heute als „Rockmusike­r, der Bücher schreibt“. Man kann sich streiten, ob seine Band Element of Crime oder Bücher wie „Herr Lehmann“erfolgreic­her waren. In „Wiener Straße“lebt Frank Lehmann jetzt für die Fans weiter. Viel Berlin steckt auch in Michael Wildenhain, der aus der Hausbesetz­er-Szene kommt.

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FOTO: ULLSTEIN BILD Elvis Presley auf einer undatierte­n Aufnahme aus den 50er Jahren.

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