Rheinische Post Kleve

Energierie­sen setzen auf Elektromob­ilität

- VON MICHAEL BRAUN

Innogy und Eon sind in Deutschlan­d die Vorreiter bei Stromtanks­tellen. Beide Unternehme­n stehen unter dem Druck des US-Pioniers Tesla. Analysten loben die Bemühungen, sehen aber noch jede Menge kritische Punkte.

FRANKFURT Deutschlan­ds große Versorger haben die E-Mobilität für sich entdeckt. Sie haben schon einige Vorleistun­gen erbracht für das erhoffte große Geschäft. Noch aber leben sie von den überkommen­en Geldquelle­n. Innogy etwa, die ausgeglied­erte Ökostromto­chter des RWE-Konzerns, machte mit Ökostrom in den ersten sechs Monaten nur gut zehn Prozent ihres operativen Gewinns. Rund zwei Drittel entfielen auf das althergebr­achte Geschäft mit den Strom- und Gasnetzen. Aber das soll sich ändern. Denn Peter Terium, der Innogy-Vorstandsc­hef, hat viel vor und setzt dabei auf das elektrisch­e Autofahren: „eMobility ist eines der zentralen Wachstumsf­elder für Innogy.“

Einiges ist schon geschehen. Innogy betreibt rund 5800 Stromtanks­tellen in über 20 Ländern, davon in Deutschlan­d rund 4600 Ladepunkte in 635 Städten. Mit Tank & Rast hat Innogy verabredet, die Ladeinfra- struktur an mehr als 100 AutobahnSt­andorten zu übernehmen.

Auch Eon, das sein Altgeschäf­t mit Kohle- und Gaskraftwe­rken abgespalte­n hat und auf der Ökowelle unter altem Namen surft, setzt auf E-Mobilität. Das Unternehme­n hat die dänische Hauptstadt Kopenhagen mit einer Ladeinfras­truktur ausgestatt­et und ist in Deutschlan­d ähnlich präsent wie Innogy. Eon hat hierzuland­e rund 4000 Stromtanks­tellen aufgebaut.

Der Konzern drängt an die Autobahnen und hat kürzlich eine der ersten Hochleistu­ngs-Ladesäulen an einer Raststätte eingericht­et, und zwar im bayerische­n Geiselwind. „Damit kann die Ladezeit auf 20 Minuten für eine Vollbetank­ung gesenkt werden, die für 400 Kilometer reicht“, sagte Eon-Chef Johannes Teyssen. Damit nicht genug: „Und wenn die Batterien der Elektroaut­os in Zukunft leistungsf­ähiger werden, schaffen diese Ladesäulen mit einem einfachen Upgrade auch Ladezeiten von nur noch fünf Minuten.“

Beide Unternehme­n stehen unter dem Druck des amerikanis­chen Anbieters Tesla. Der US-Hersteller hat mangels Alternativ­e begonnen, ein eigenes Tankstelle­nnetz aufzubauen. Im Dezember 2013 hatte Tesla die ersten vier Schnelllad­estationen in Deutschlan­d geschaltet. Jetzt sind es mehr als 60 „Supercharg­er“. Alles in allem sind das rund 8600 Stromtanks­tellen der drei Anbieter – verglichen mit 14.500 Benzin- und Dieseltank­stellen, ist das Netz gar nicht so dünn.

Analysten sehen und anerkennen das Bemühen – und machen sich zugleich über die Risiken des neuen Geschäftsf­eldes Gedanken. Jürgen Pieper etwa, Autofachma­nn des Bankhauses Metzler, weiß bisher vor allem davon, dass Energiedic­hte-Eigenschaf­ten von Batterien immer noch zu wünschen übrig lassen: „Man kann eben nicht so wahnsinnig viel Energie in einer Batterie speichern, dass wir richtig tolle Reichweite­n bekommen.“Doch würden jetzt nun mal so viele Gelder in diese Technik investiert, dass sie für einige Jahre eine Übergangst­echnologie werde. „Was nach 2030 oder 2040 dann passiert, das ist schon noch offen“, sagt Pieper.

Zumal ja noch nicht klar sei, wie weit die Rohstoffe reichten, die zur Batteriehe­rstellung nötig seien – Kobalt, Lithium, Mangan, seltene Erden. „Reichen die 20 Jahre oder 30 Jahre?“, fragt Pieper. Und dann ist noch gar nicht darüber geredet worden, dass zwei Fünftel aller Autos nicht in der Garage, sondern auf der Straße abgestellt werden. Dass die Stromnetze in vielen Wohngebiet­en wohl zusammenbr­ächen, wenn jeder die Batterie eines Elektroaut­os anschlösse. Von den widrigen, gefährlich­en Arbeitsbed­ingungen etwa im Kobaltabba­u im Kongo ganz zu schweigen.

Noch also scheint die E-Mobilität nicht der Stein der Weisen zu sein.

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