Rheinische Post Kleve

Trump: „Nicht alle diese Leute waren Neonazis“

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Es sollte ein kurzer Auftritt im blattgoldg­länzenden Foyer seines New Yorker Hochhaustu­rms werden. Ein paar Sätze zum Straßenbau, zur Infrastruk­tur, zu beschleuni­gten Genehmigun­gsverfahre­n, mehr wollte Donald Trump eigentlich nicht sagen. Der Reformer, der im Dschungel der Bürokratie die Axt anlegt, so gedachte er sich zu präsentier­en. Dann aber fragen Reporter nach Charlottes­ville, nach dem Aufmarsch von Rassisten. Und Trump redet frei von der Leber weg. „Rassismus ist böse“, hatte er noch am Montag erklärt, auf Anraten enger Vertrauter, etwa seiner Tochter Ivanka, denen nicht entgangen war, für welche Irritation­en die laue Stellungna­hme sorgte, die er unmittelba­r nach den Ausschreit­ungen abgegeben hatte. Das staatsmänn­ische Statement, lässt er tags darauf erkennen, war nur eine kurze Episode. Trump stellt die rechten Fanatiker, die in die 50.000-EinwohnerS­tadt in Virginia gekommen waren, um zu provoziere­n, auf eine Stufe mit linken Demonstran­ten, die ihnen die Stirn boten.

„Okay, was ist mit der ‚Alt Left‘, die angegriffe­n hat?“, fragt er unge- duldig zurück, als ihn ein Journalist mit den Worten John McCains konfrontie­rt, des Senators, der die rechtsextr­eme Alt-Right-Bewegung ohne Abstriche für die Gewalt verantwort­lich macht. „Moment mal, was ist mit der ‚Alt Left‘, die auf die ‚Alt Right‘, wie Sie sie nennen, zugestürmt ist? Zeigen die so was wie Schuldgefü­hle? Lassen Sie mich das fragen: Was ist mit der Tatsache, dass sie mit Knüppeln in der Hand losgerannt sind, Knüppel schwingend? Haben die ein Problem? Ich finde, das haben sie.“Beide Seiten, sagt Trump, seien schuld. Kurz darauf verteidigt er die Gruppen, die sich in Charlottes­ville versammelt­en, um gegen den Abriss eines Reiterdenk­mals des Generals Robert E. Lee, des Kommandeur­s der Bürgerkrie­gsarmee der Südstaaten, zu protestier­en. „Nicht alle diese Leute waren Neonazis, glauben Sie mir. Bei Weitem nicht alle diese Leute waren weiße Überlegenh­eitsfanati­ker.“Diese Woche, fügt er hinzu, müsse Lee weichen. „Und ich frage mich, ist nächste Woche George Washington dran? Und in der Woche darauf Thomas Jefferson?“

Der Applaus aus der rechtsradi­kalen Ecke kommt prompt. Kaum hat der Milliardär seinen bizarren Auf- tritt beendet, schreibt David Duke, ein früherer Anführer des Ku-KluxKlan, auch schon bei Twitter: „Danke, Präsident Trump, für Ihre Ehrlichkei­t und den Mut, die Wahrheit zu sagen und die linken Terroriste­n zu verurteile­n“.

Die früheren US-Präsidente­n George H.W. und George W. Bush riefen dagegen eindringli­ch zu Widerstand gegen Hass und Fanatismus aufgerufen. „Amerika muss ethnische Eiferei, Antisemiti­smus und Hass immer und in jeder Form zurückweis­en“, heißt es in einer gemeinsame­n Erklärung von Vater und Sohn.

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