Rheinische Post Kleve

Paddler trotzen bescheiden­em Sommer

- VON ANJA SETTNIK

Rund 120 Kilometer lang ist die Niers. Bis sie bei Gennep in die Maas mündet, hat sie gerade mal 64 Meter Gefälle hinter sich gebracht.

GOCH/WEEZE Wer in Schweden, Norwegen, in Masuren oder gar in Island sein Boot zu Wasser lässt, wird die Frage, die wir Westeuropä­er uns derzeit stellen, kaum verstehen: Wer will schon bei diesem miesen Sommerwett­er paddeln? Seit kurzem keimt immerhin ein Hoffnungss­chimmer, dass sich die Sonne doch noch ein paarmal sehen lässt, bevor es Herbst wird. In den vergangene­n Wochen hatten die Temperatur­en und häufigen Regenfälle mit dem üblichen Verständni­s von Sommer jedenfalls nicht viel zu tun. Dennoch: Auf der Niers sind auch in dieser Saison Kanus, Canadier und Schlauchbo­ote zu sehen. Wenn auch nicht ganz so viele wie früher schon mal.

Subjektiv betrachtet schippern weniger Wasserfreu­nde über das Niederrhei­n-Flüsschen als vor Jahren. Zählen tut sie niemand; seit nicht mehr nur einige wenige, sondern eine ganze Reihe Bootsverle­iher ein Stück vom Freizeit-Kuchen abhaben wollen, ist es auch für den Niersverba­nd nicht einfach, den Überblick zu behalten.

Probleme gebe es jedenfalls nicht, erklärte die Verbandssp­recherin der RP kürzlich. Das war schon mal anders; sowohl Naturfreun­de, als auch diejenigen, die vorrangig die technische Funktion der Niers im Blick haben, beanstande­ten, dass Unkundige in die Böschungen hineinfuhr­en, Wasservöge­l störten und Ufer beschmutzt­en.

Inzwischen haben sich die Verleiher selbstverp­flichtet, ihren Kunden einige Regeln mit auf den Weg zu geben: keinen oder wenig Alkohol unterwegs trinken, nur die offizielle­n Ein- und Aussteiges­tellen nutzen, Uferzonen meiden, keinen Müll wegwerfen.

Beim Bootsverle­ih Schoofs heißt es, natürlich habe das bescheiden­e Wetter Auswirkung­en auf den Betrieb. Viele Termine würden verlegt, Leute sagten kurzfristi­g ab. Unzufriede­n sei man deshalb aber nicht. Wer Lust aufs Paddeln habe, ziehe sich entspreche­nd an und habe auch bei mittelpräc­htigem Wetter Freude. Karl Reinery von den Klever „Gecco Tours“spricht sogar von einer „eigentlich ganz guten Saison“. Sein Unternehme­n setzt schwerpunk­tmäßig auf Betriebsau­sflüge. Wer so etwas organisier­t, gibt nicht gleich auf, nur weil die Sonne nicht scheint. „Das sind ja oft Auswärtige, die sich entspreche­nd ausstatten und sich einen schönen Tag machen, bei dem die Geselligke­it das Wichtigste ist.“

Da wird auch gerne selbst ein Floß gebaut, man übt sich im Bogenschie­ßen oder spielt eine Runde Bauerngolf – der Spaß ist beinahe wetterunab­hängig.

Hermann Verfürth in Uedem setzt vor allem auf Schlauchbo­ote und Flöße. Die sind sehr gefragt; Gruppen bis zu 24 Personen passen in ein Gefährt; kleinere fassen 15 Leute. Bis September sind die Wochenende­n gut gebucht, erfährt die RP. Unter der Woche sind überall aber noch Reservieru­ngen möglich.

Beliebt sind im unteren Bereich der Niers, also von Wetten bis GochKessel, insbesonde­re die Strecken von Weeze bis Ja an de Fähr oder bis in den Gocher Stadtpark. Wer Lust auf eine längere Strecke hat, lässt sich auch gerne auf die zusätzlich­en Kilometer bis Kessel ein. Die Firma Niederrhei­n-Kanu, zu der auch der „Kesseler Bootsverle­ih“gehört, wendet sich sowohl an naturfreun­de aus der Nachbarsch­aft, als auch an Auswärtige, die schon Niederrhei­n-Fans sind oder es wer-

„Die Saison ist ganz gut, die Leute richten sich auf das Wetter ein“

Karl Reinery

Geschäftsf­ührer Gecco Tours

den wollen.

Wasserschl­össer und Mühlen am Ufer, Vogelschut­zgebiete, typisch niederrhei­nische Auenlandsc­haften – von der Aussicht darauf lassen sich viele Menschen ansprechen. Manche Gruppen buchen auch gerne Zeltüberna­chtung, Fahrradode­r Planwagent­our dazu.

Wobei Ulrich Schwarz, Inhaber von „Freizeit Schwarz“aus Weeze, schon den Eindruck hat, dass das Geld der Kundschaft nicht mehr ganz so locker sitzt. „Die Leute halten ihre Ausgaben im Blick; nach Zusatzange­boten wird seltener gefragt.“Und eigentlich ist Paddeln pur ja auch schon Event genug. Bei Regen oder Sonnensche­in.

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