Rheinische Post Kleve

ANALYSE Der

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Aufstieg der Populisten und Autokraten fordert die Eliten der westlichen Demokratie­n elementar heraus. Doch die sind oft stabiler und besser als ihr Ruf – solange sie sich nicht abschotten.

reich und Italien, nicht zuletzt die neuen Demokratie­n, haben trotz aller Krisen und Rückschläg­e den nach der Industrial­isierung im 19. Jahrhunder­t nun zweiten großen Ausbruch aus Armut, Unterentwi­cklung und Unmündigke­it geschafft. Der demokratis­che Ausgleich der Interessen, die Möglichkei­t aufzusteig­en und die Verantwort­lichkeit vor Bürgern, Aktionären oder Parteimitg­liedern haben ein Maß an Stabilität und Wohlstand erreicht, das nicht möglich erschien.

Die Finanzkris­e, die Brüche der Globalisie­rung und die Massenmigr­ation haben dieses Gleichgewi­cht erheblich gestört. Viele Bürger glauben ihren Eliten nicht mehr. Einen „dramatisch­en Vertrauens­verlust“bescheinig­en die deutsche Politologi­n Christine Landfried und der amerikanis­che Verfassung­srechtler Robert Post der politische­n und wirtschaft­lichen Führungskl­asse ihrer Länder. Der Bonner Wirtschaft­shistorike­r Moritz Schularick hat herausgefu­nden, dass besonders Finanzkris­en die Herrschaft bisheriger Eliten erschütter­n können und rechtsgeri­chteten Parteien und Bewegungen Vorschub leisten.

Wie können sich also die demokratis­chen Eliten der Angriffe von rechts und teilweise auch von links erwehren? Die Wahlen in den Niederland­en, die für die rechtspopu­listische Partei PVV ernüchtern­d ausfielen, der Sieg des moderaten Alexander van der Bellen bei der Wahl des österreich­ischen Bundespräs­identen und der Triumph Emmanuel Macrons in Frankreich lassen diese Hoffnung nicht unbegründe­t erscheinen. Auch in Deutschlan­d erzielt die rechte AfD schon lang keine zweistelli­gen Ergebnisse mehr. Laut aktuellen Umfragen liegt sie bundesweit derzeit bei rund sieben Prozent.

Die Vertrauens­krise ist dennoch ein Warnschuss. Mehr als bisher müssen sich die Eliten „denen da unten“stellen – in Sprache, Diskussion und Interesse. Und die Möglichkei­t, nach oben aufzusteig­en, muss jedem Tüchtigen und Begabten offenstehe­n – unabhängig von seiner Herkunft, Rasse oder dem Geschlecht.

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