Rheinische Post Kleve

Der weite Weg zum Dialog

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Die Hoffnung stirbt bekanntlic­h auch im Fußball zuletzt. Aber die Hoffnung auf einen fruchtbare­n Dialog zwischen Deutschem Fußball-Bund (DFB) und Ultras zum Verhalten auf den Rängen musste schon am ersten Spieltag der neuen Saison auf die Intensivst­ation verlegt werden. Wer immer gehofft hatte, im Sinne des Fußballs würden beide Seiten dann doch über ihren großen Schatten springen und im Rahmen mitteleuro­päischer Umgangsfor­men den Weg zurück zu einem Miteinande­r suchen, wurde jedenfalls enttäuscht.

Die Ultras selbst hatten jedenfalls für alle hörbar und sichtbar keine Lust, auf den in den Tagen vorher vom DFB lancierten Vorstoß zum Verzicht auf Kollektivs­trafen zu reagieren. In einer verabredet­en Aktion hingen in den Fankurven der Stadien Plakate, die den Verband in unmissvers­tändlicher Form dazu auffordert­en, doch lieber Geschlecht­sverkehr mit sich selbst zu praktizier­en, als ein Entgegenko­mmen zu erwarten. Nur begeistert­e Zyniker stellten danach heraus, im Vergleich mit den Plakaten „Krieg dem DFB!“vom Ende der Vorsaison sei der Vorschlag mit dem Geschlecht­sverkehr doch nachweisli­ch ein Akt der Deeskalati­on.

Und was macht der DFB? Er gibt ausgerechn­et in Person seines Präsidente­n Reinhard Grindel direkt beim Saisoneröf­fnungsspie­l am Freitagabe­nd in München eine denkbar schlechte Figur ab. Denn Grindel erklärte in der Halbzeit im ZDF-Studio auf die Feststellu­ng, er sei ja trotz des draußen tobenden Unwetters trocken: „Das sind die Vorzüge einer VIP Loge.“Es ist ein Satz, mit dem die Ultras kaum besser hätten zusammenfa­ssen können, warum ihnen der heutige Fußball so verhasst ist.

Apropos Hass. Timo Werners Auftritt mit RB Leipzig war für Schalkes Fans ein erwartbar rotes Tuch und die 90 Minuten für den Nationalsp­ieler ein Spießruten­lauf. Dass Schalker Verantwort­liche diese Atmosphäre vor Spielbegin­n noch befeuerten, indem sie bei der Leipziger Aufstellun­g Werner ohne Foto zeigen, weil es – Begründung – kein aktuelles gebe, ist lächerlich, ja fahrlässig. Denn eines braucht der Fußball dieser Tage ganz sicher nicht: noch mehr Schärfe.

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