Rheinische Post Kleve

Zerrissen zwischen den Systemen

- VON MARCO KREFTING FOTO: BELLA HALBEN/ZDF

Der Film „Verräter – Tod am Meer“erzählt von fiktiven Verflechtu­ngen zwischen RAF, Stasi und dem Westen.

BERLIN (dpa) „Wenn das wirklich wahr ist, was du sagst, dann stimmt ja nichts mehr.“Fassungslo­s reagiert Volkspoliz­ist Martin Franzen, als Nina ihm von den Verknüpfun­gen zwischen der Roten Armee Fraktion (RAF) und der Staatssich­erheit (Stasi) erzählt. Mitten in der Nacht in einem Auto. In der DDR im Jahr 1988.

Auch für manche Zuschauer mag es eher wie eine Verschwöru­ngstheorie anmuten, was das ZDF heute Abend als „Fernsehfil­m der Woche“präsentier­t. Doch „Verräter – Tod am Meer“ist nicht nur reine Fiktion. „Der Film ist ein Gedankenex­periment, das historisch­e Fakten mit Spekulatio­nen mischt“, sagt Produzenti­n Rima Schmidt. Er basiert auf dem Roman „Innere Sicherheit“von Christa Bernuth, der laut Piper-Verlag rund 25.000 Mal verkauft wurde.

Erzählt wird die Geschichte von Grenzschüt­zer Franzen, der eine Frauenleic­he aus der Ostsee zieht. Die These einer missglückt­en Republikfl­ucht ist nicht stimmig. Und als dann ein mysteriöse­r Brief der Toten auftaucht, fährt Franzen nach Berlin, wo er Nina trifft, eine im Osten untergetau­chte RAF-Terroristi­n. Die Hintergrün­de kommen nur nach und nach raus, und unter den Bedingunge­n des DDR-Regimes schwankt das Verhältnis der beiden zwischen Anziehung und Distanz. Einig sind sie sich, Richtung Polen abhauen zu wollen. In den Hauptrolle­n überzeugen Albrecht Schuch und Hannah Herzsprung.

Dass die Stasi RAF-Aussteiger­n ein neues Leben in der DDR ermöglicht hat, ist bekannt. Doch die Romanvorla­ge und damit auch der Film gehen weiter: Die Stasi könnte Einfluss auf die Ziele der RAF genommen und der Bundesnach­richtendie­nst im Westen davon gewusst haben. Beweisen lasse sich das nicht, macht Produzenti­n Schmidt deutlich. Und erklärt, dass der Film nicht als Zeitdokume­nt zu verstehen sei.

Nina beschreibe­n die Autoren Stefanie Veith und Nils Willbrandt als geheimnisv­olle, aber vor allem kompromiss­lose Idealistin, auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Besonders deutlich wird das, als sie auf ihrer Flucht eine mögliche Verräterin erschießt – zum Entsetzen von Franzen. Dessen Mutter hat sich in den Westen abgesetzt. Im Wider- spruch dazu ist er Volkspoliz­ist, zerrissen im System.

Für die anderthalb Stunden ist die Handlung ziemlich komprimier­t und teils vereinfach­t worden, was vom Publikum volle Konzentrat­ion fordert. So hätte auch Schriftste­llerin Christa Bernuth nach eigenen Worten „angesichts der sehr komplexen Story einen Mehrteiler vorgezogen“.

Regisseuri­n Franziska Meletzky und Kamerafrau Bella Halben zei- gen das Verhältnis der beiden Hauptfigur­en intensiv. Wie sie sich näher kommen und doch auf der Hut sind. Eine Geschichte von Beobachten und Beobachtet werden, von Vertrauen und Misstrauen, von richtig und falsch. Zwischendu­rch gleichen die Szenen einem Roadmovie durch weite Felder, Wälder, Dünen bis ans Meer.

Das Ganze gipfelt auf einer mit Stacheldra­ht und Gittern gesicherte­n Brücke an der Grenze zu Polen gipfelt – in einem Einsatz mit vielen Schüssen. Kurz davor hat Franzen Nina gefragt: „Warum sind wir uns begegnet?“Ihre knappe Antwort: „Weil es nicht anders ging.“

 ??  ?? Martin (Albrecht Schuch) will mehr über die Tote am Meer erfahren. Seine Recherchen führen ihn schließlic­h zu Nina (Hannah Herzsprung). Den Film „Verräter – Tod am Meer“zeigt das ZDF heute Abend.
Martin (Albrecht Schuch) will mehr über die Tote am Meer erfahren. Seine Recherchen führen ihn schließlic­h zu Nina (Hannah Herzsprung). Den Film „Verräter – Tod am Meer“zeigt das ZDF heute Abend.

Newspapers in German

Newspapers from Germany