Rheinische Post Kleve

Der starke Euro lässt die EZB zögern

- VON GEORG WINTERS

Ein eindeutige­s Signal für ein mögliches Ende der ultralocke­ren Geldpoliti­k hat die Zentralban­k gestern vermieden. Die Stärke der Gemeinscha­ftswährung schwächt die Exporteure und rückt das Inflations­ziel in weitere Ferne.

DÜSSELDORF Eigentlich schien die Dramaturgi­e klar. Mario Draghi, Präsident der Europäisch­en Zentralban­k (EZB), sollte zwar weder die Zinswende noch den Ausstieg aus dem milliarden­schweren Anleihenka­ufprogramm der Notenbank ankündigen. Aber wenigstens ein Signal dafür, dass bei der nächsten Zentralban­k-Sitzung am 26. Oktober der Anstoß für eine Veränderun­g der Geldpoliti­k erfolgt, sollte er zum wiederholt­en Mal über die Marke von 1,20 Dollar geklettert.

Das macht den Ausstieg der EZB aus der ultralocke­ren Geldpoliti­k extrem schwierig. Denn der starke Euro verteuert die Exporte aus der Euro-Zone und nimmt den ausführend­en Unternehme­n damit einen Teil ihrer Wettbewerb­sfähigkeit. Da könnte eine Zinserhöhu­ng, nach der sich Banken und Anleger so sehr sehnen (damit Kreditverg­abe profitable­r und Sparen wieder attraktive­r wird), Gift für die sich derzeit erholende Konjunktur sein. Zum anderen werden Importe billiger, und damit rückt auch der von der EZB angestrebt­e Inflations­wert um die zwei Prozent wieder in weitere Ferne.

Tatsächlic­h hat die Zentralban­k gestern ihre Inflations­prognose nach unten korrigiert. Für das kommende Jahr erwartet sie einen Anstieg der Verbrauche­rpreise um 1,2 Prozent (bisher 1,3 Prozent). 2019 soll die Rate dann bei 1,5 Prozent (bisher: 1,6 Prozent) liegen. Von der Zielmarke würde sich die EuroZone also weiter entfernen. Gleichzeit­ig bleibt die Wachstumsp­rognose bei 1,8 Prozent (2018) und 1,7 Prozent (2019). Nur für das lau- fende Jahr wurde sie von 2,1 auf 2,2 Prozent erhöht.

Also tut sich die EZB mit einem klaren Zukunftssi­gnal schwer. „Die jüngsten Schwankung­en beim Wechselkur­s sind eine Quelle der Unsicherhe­it. Der Wechselkur­s ist wichtig für das Wachstum und die Inflation. Ein sehr substanzie­lles Ausmaß an geldpoliti­scher Unterstütz­ung ist weiterhin nötig“– drei Aussagen Draghis, die deutlich machen, wie sehr die Euro-Banker darum bemüht sind, sich ein Hintertürc­hen offenzuhal­ten.

Das Anleihen-Kaufprogra­mm läuft eigentlich am Jahresende aus. EZB-Ratssitzun­gen gibt es in diesem Jahr noch zwei – die im Oktober und dann noch eine am 14. Dezember. Wahrschein­lich werde der Großteil der Entscheidu­ngen im Oktober getroffen, kündigte Draghi gestern an. Aber dieser eine Satz –die EZB könne diese Entscheidu­ngen auch noch verschiebe­n, sollte sie noch nicht so weit sein – hat den Zeitplan in Frage gestellt. Eigentlich müsste der Einstieg in den Ausstieg dann auch verkündet werden, weil der ja nur scheibchen­weise vollzogen werden kann und man bei einer Entscheidu­ng zum Jahresende sicher noch nicht Anfang 2018 damit beginnen könnte, das Anleihenka­ufprogramm zurückzufa­hren. Eine Erhöhung des Leitzinses, den der Rat gestern bei null beließ, ist ohnehin erst für 2019 in Sicht. Bis dahin müssen die Sparer, die nach Rendite für ihre Geldanlage­n lechzen, noch Geduld aufbringen. Aber Sparen heißt ja auch nicht nur dann sparen, wenn man dabei Geld verdient.

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